Hamburg. Offensiv-Verstärkung ist bereits da, Rechtsverteidiger soll kommen – Personalplanung auch abseits des Platzes.

Am Dienstagnachmittag war es endlich so weit. Jean-Luc Dompé, der gefühlt seit Bestehen der Bundesliga beim HSV gehandelt wird und sich in Wahrheit immerhin seit Wochen mit dem HSV einig ist, war plötzlich da. 27 Jahre alt, 1,70 Meter groß, 65 Kilo schwer. Der Franzose, der zuletzt für den belgischen Club SV Zulte Waregem auf Torejagd ging, ließ sich zum Medizincheck ins Athleticum des UKE vorfahren. Noch einmal den Körper auf Herz und Nieren prüfen – nachdem am vergangenen Freitag bereits die Zahlen rund um den HSV-Wunschspieler auf Herz und Nieren geprüft worden waren.

HSV News: Freude bei Boldt über freigegebenes Budget ist überschaubar

Denn erst als es in der Aufsichtsratssitzung am vergangenen Freitag grünes Licht gab, konnte Sportvorstand Jonas Boldt endlich mit den Verantwortlichen von Zulte Waregem konkrete Verhandlungen aufnehmen. Zuvor hatte Chefkontrolleur Marcell Jansen, der sich im Aufsichtsrat für den Bereich Sport zuständig fühlt, nicht ohne Stolz verkündet, dass „der Vorstand uns schlüssige Zahlen und Planungen vorgestellt hat. Unser Gremium hat der Budgetplanung einstimmig zugestimmt.“ Sein Fazit am Abend: „Es gibt Raum für Transfermöglichkeiten.“

Nach Abendblatt-Informationen wurde dieser Raum am Freitagabend auch bis auf das Komma eingegrenzt: Drei Millionen Euro wurde Sportvorstand Boldt als zusätzliches Budget gewährt. Und obwohl Boldt nun wieder neue Möglichkeiten auf dem Transfermarkt hat, der noch gute zwei Wochen geöffnet ist, soll sich die Freude bei Boldt in Grenzen gehalten haben. Denn vor der Freigabe der Gelder hat es lange und vor allem kontroverse Gespräche in der Sitzung über die weiteren Transferplanungen gegeben. So machte Boldt zunächst deutlich, dass er einen Großteil der drei Millionen Euro für Flügelflitzer Jean-Luc Dompé verwenden wollen würde. Die Ablöse soll bei rund 1,3 Millionen Euro liegen, dazu kommt noch Gehalt und die übliche Beraterprovision.

Boldt stellte Plan mit Mikelbrencis im Aufsichtsrat vor

Viel Geld bleibt da nicht übrig. Dabei gibt es noch ein weiteres Objekt der Boldt-Begierde. Den Kontrolleuren schwärmte der Sportvorstand am Freitag von einem weiteren Franzosen vor: William Mikelbrencis. Der 18 Jahre alte Rechtsverteidiger steht noch ein Jahr beim FC Metz unter Vertrag, gilt in Frankreich als Toptalent. Mikelbrencis wuchs im lothringischen Forbach an der deutschen Grenze auf, spielte für Frankreichs U 16 und U 18. In der Aufsichtsratssitzung berichtete Boldt von seinem Plan, den talentierten Youngster als Back-up für Moritz Heyer (27) verpflichten zu wollen. Konkrete Gespräche mit Metz, Mikelbrencis und dessen Berater Régis Dorn gibt es aber noch nicht.

Bevor diese nun aufgenommen werden, hatte Kontrollchef Jansen ohnehin Nachfragebedarf. Sein Einwand: Sollte die Verpflichtung eines Stürmers nicht größere Priorität genießen? Denn was würde passieren, wenn Robert Glatzel sich eine schwere Verletzung zuziehen würde? Doch Boldt blieb trotz des Einwands bei seiner Meinung. So könnte seiner Meinung nach Neuzugang Ransford Königsdörffer Glatzel auch mal im Sturm ersetzen. Und es brauchte nicht einmal 24 Stunden, um aus der Boldt-Theorie HSV-Praxis zu machen. In Bielefeld erzielte Königsdörffer nicht nur sein erstes Zweitligator für den HSV. Der variable Angreifer, der auf den Flügeln und im Zentrum spielen kann, hatte zudem die meisten HSV-Chancen, er schoss am häufigsten aufs Tor, war der gefährlichste Stürmer. Eine echte Sturmspitze wie Offensivkollege Glatzel ist der Neuzugang aber nicht.

Boldt will den HSV für die Zukunft aufstellen – mit neuem Direktor?

Deswegen hatte sich der HSV zum Anfang der Transferperiode auch mit zahlreichen potenziellen Glatzel-Vertretern beschäftigt. Lange Zeit galt Sampdoria Genuas Manuel de Luca (24) als Favorit, aber intern waren nach Abendblatt-Informationen auch Philip Tietz (25/Darmstadt 98), Luca Pfeiffer (25, gerade aus Midtjylland zum VfB Stuttgart gewechselt) und Tim Kleindienst (26/Heidenheim) ernsthafte Kandidaten. Ein weiterer Gedanke dahinter: Nachdem Bremen und Schalke in der vergangenen Saison mit jeweils zwei starken Stürmern aufgestiegen sind, wollte man auch beim HSV nichts dem Zufall überlassen. Da Trainer Tim Walter aber überwiegend auf ein System mit einer Spitze setzt, hat man sich im Laufe der Transferperiode umentschieden.

Boldt vertraut Walter. Das ist nicht neu. Und dieses Vertrauen würde Boldt auch gerne durch eine Vertragsverlängerung dokumentieren. Auch das ist nicht neu. Doch obwohl er dies für Saisonanfang avisiert hatte, liegt Walters Vertragsverlängerung aktuell genauso auf Eis wie die von Boldt selbst. Aufsichtsratschef Jansen, der vor Wochen eine zeitnahe Lösung angekündigt hatte, ruderte am Montag zurück. „Wir haben uns darauf verständigt, in der längeren Pause ab November in die Gespräche zu gehen“, sagte Jansen nun.

Sascha Lense (r.), hier im Gespräch mit Ex-Schalke-Trainer David Wagner, könnte neuer Technischer Direktor beim HSV werden.
Sascha Lense (r.), hier im Gespräch mit Ex-Schalke-Trainer David Wagner, könnte neuer Technischer Direktor beim HSV werden. © Imago Images

Trotz unklarer eigener Zukunft will Boldt den HSV aber weiterhin zukunfts­fähig machen. Dabei ist nach der Bewilligung des Drei-Millionen-Euro-Budgets auch seine Idee wieder aktuell, Sascha Lense als Technischen Direktor zu holen. In der vorvergangenen Aufsichtsratssitzung hatte Boldt für diese Idee keine Gelder bewilligt bekommen – nun darf er bis zu einer Grenzen von drei Millionen Euro selbst entscheiden, wie er das Geld noch ausgibt. Zur Erinnerung: Eine Beschlussvorlage über Lense, der 15.000 Euro im Monat verdienen soll, lag bereits vor.

Mit großem Interesse verfolgen die Räte allerdings auch, ob es noch eine Lösung beim entlassenen Sportdirektor Michael Mutzel gibt. In der kommenden Woche steht die nächste Runde vor dem Arbeitsgericht Barmbek an. Zuletzt hatte das Gericht festgestellt, dass die Freistellung nicht rechtens war. Am Donnerstag (25. August) geht es im ersten Gütetermin um eine Entfristung von Mutzels Vertrag. Noch ist unklar, wie der Prozess ausgehen wird, klar ist nur, dass es für den HSV teuer werden dürfte.

Ambrosius verlässt den HSV in Richtung Karlsruhe

Die gute Nachricht: Am Dienstag zeigte der HSV, dass er nicht nur ausgeben, sondern auch einsparen kann. So einigten sich der HSV und der KSC, dass Stephan Ambrosius (23), der unter Walter zuletzt keine Chance mehr erhielt, für ein Jahr – ohne Kaufoption – ausgeliehen wird. In Karlsruhe will Ambrosius für seinen Traum kämpfen, bei der WM für Ghana dabei zu sein. Für den HSV ist es ein lohnendes Geschäft, da der Bankdrücker mit rund 600.000 Euro zu den Topverdienern gehörte. Der HSV und der KSC wollen sich das Gehalt teilen. Einziger Haken: Sollte der HSV aufsteigen und Ambrosius nicht beim KSC einschlagen, würden sich in der Bundesliga seine HSV-Bezüge auf mehr als eine Million Euro verdoppeln.

Doch zunächst muss der HSV ja überhaupt erst einmal aufsteigen. Dabei tatkräftig helfen will ab sofort Neuzugang Jean-Luc Dompé. Sollten letzte Kleinigkeiten rund um seinen bereits ausgehandelten Dreijahresvertrag rechtzeitig geregelt werden, könnte Frankreichs früherer Jugendnationalspieler bereits an diesem Mittwoch um 10.30 Uhr mittrainieren.

Allez les Schwarz-Weiß-Bleus!