Hamburg. Der Sportdirektor hatte sich zuletzt mit Sportvorstand Jonas Boldt entzweit. Der hat nun Konsequenzen gezogen.
Immerhin zwei Zugänge für die neue Saison konnte der HSV seinen Fans am Freitag noch präsentieren, bevor sich die negative Nachricht des Tages verbreitete: Sportdirektor Michael Mutzel wird mit sofortiger Wirkung kaltgestellt. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs, das der 42-Jährige am Vormittag mit Sportvorstand Jonas Boldt geführt hat.
“Michael ist seinem Führungsauftrag aus meiner Sicht nicht nachgekommen“, sagte Boldt in einer Medienrunde am Nachmittag. Mutzel dürfe zwar seinen Titel behalten und sich weiterhin um Transfers kümmern. Allerdings müsse er sich fortan von der Mannschaft fernhalten. Auch zum Trainerteam um Tim Walter soll er künftig keinen Kontakt mehr haben.
HSV-Sportdirektor Michael Mutzel wird kaltgestellt
Damit hat der seit Wochen tobende Machtkampf beim HSV ein erstes Opfer gefunden. Boldt und Mutzel sollen sich in den vergangenen Wochen an der Personalie Tim Walter entzweit haben. Während Boldt am Trainer festhielt, ging der Sportdirektor immer unverhohlener auf Distanz zu dessen Taktik.
Zudem wurden Mutzel atmosphärische Störungen im Umgang mit der Mannschaft nachgesagt. Sie sollen nach der 0:1-Niederlage in Kiel eskaliert sein, als schon alle Aufstiegshoffnungen zerstört zu sein schienen und die Kritik an Walter immer lauter wurde. Mutzel sei, so erklärte es Boldt, in der Kabine gleichsam zur Persona non grata geworden.
Umso erstaunlicher ist, dass der Sportdirektor nun zwar entmachtet, aber nicht entlassen wird. Eine mögliche Erklärung: Der frühere Profi von Eintracht Frankfurt, dem VfB Stuttgart und dem Karlsruher SC genoss den Rückhalt von Boldts Vorstandskollege Thomas Wüstefeld, der zudem gut fünf Prozent der Anteile an der HSV Fußball AG hält. Auch Aufsichtsratschef Marcell Jansen soll hinter Mutzel gestanden haben.
Wer plant beim HSV künftig den Kader?
Die HSV-Zukunft von Boldt (40) scheint dagegen gesichert. Sein Vertrag ist zwar noch ein Jahr gültig, intern soll er aber auf eine vorzeitige Verlängerung gedrängt haben. Die deutete Jansen zuletzt vorsichtig an.
Boldt erklärte nun, weiterhin auf Mutzels Qualitäten bei der Kaderplanung setzen zu wollen. Doch dass der Sportdirektor trotz seiner Degradierung diese Hauptrolle weiterhin ausfüllt, ist schwer vorstellbar. Möglich ist, dass Boldt künftig Mutzels Aufgabenbereich stärker an sich zieht. Allerdings soll der Sportvorstand seit den Verpflichtungen von Sonny Kittel und Tim Leibold 2019 nicht mehr entscheidend an Transfers mitgewirkt haben. Ein anderes Modell wäre, das Chefscout Claus Costa (37) mehr Kompetenzen übertragen bekommt.
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Bei den Bekanntgaben der ersten beiden Transfers zur neuen Saison wurde Mutzel vom HSV schon nicht mehr zitiert. Aus Kaiserslautern kommt Torwart Matheo Raab (23), aus Ingolstadt Linksaußen Filip Bilbija (22). Vor allem die Flügel brauchen aber weitere Verstärkung, soll es mit dem Aufstieg im fünften Anlauf endlich klappen.
Mutzel war im April 2019 aus Hoffenheim gekommen, wo er drei Jahre lang die Scouting-Abteilung geleitet hatte. Bei der TSG hatte er auch nach seiner aktiven Laufbahn als Jugendtrainer begonnen, später war er zum Chef der Nachwuchsabteilung aufgestiegen. Von Dezember 2014 bis Dezember 2015 war Mutzel bereits als Sportdirektor für den Zweitligaclub Greuther Fürth tätig. Sein HSV-Vertrag galt noch bis Juni 2023.