Politik und Fans hatten Druck gemacht: Zur neuen Saison werden die Einwegbecher abgeschafft. Wie das neue System funktioniert.
Es war eine der vielen Forderungen der aktiven Fanszene: Der HSV möge für den Ausschank im Volksparkstadion endlich Mehrwegbecher einführen. Dass Getränke aus 0,5-Liter-PET-Flaschen in Einwegbecher umgefüllt würden, verursache doppelten Plastikmüll, beklagte etwa der Verein Förderkreis Nordtribüne in einer Stellungnahme „Nachhaltiges Wirtschaften beim HSV“ im vergangenen November.
Jetzt wurde der Wunsch erhört: Zur neuen Saison führt der HSV ein Mehrwegbechersystem ein, wie der Club bekannt gab. Die neuen Becher seien aus BPA-freiem Polypropylen, würden in Deutschland hergestellt und seien recycelbar.
„Wir als Club sind uns unserer ökologischen Verantwortung bewusst“, sagte HSV-Vorstand Frank Wettstein. „Wir freuen uns, mit der Einführung des Mehrwegbechersystems und der Errichtung einer Spülstraße in direkter Nachbarschaft einen wichtigen Beitrag für die Vermeidung von Plastikmüll und zur Ressourcenschonung zu leisten.“
HSV führt Mehrwegbecher ein – Politik hatte Druck gemacht
Pro Becher muss ein Pfand von einem Euro hinterlegt werden. Wer möchte, kann das Pfand auch spenden. Es geht dann jeweils zur Hälfte an die HSV-Stiftung Der Hamburger Weg und die Pflanzaktion „Mein Baum – Meine Stadt“. Langjährige Fans werden sich erinnern: Pfandbecher hatte es im Volksparkstadion schon in den 90er-Jahren gegeben, sie wurden dann aber wieder abgeschafft.
Ihre Premiere haben die Mehrwegbecher beim Testspiel gegen den FC Basel am 17. Juli. In den VIP-Bereichen werde die Einführung aber „noch etwas Zeit in Anspruch nehmen“, wie es hieß.
Ganz ohne politischen Druck kam die Öko-Wende wohl nicht zustande. Die rot-grünen Regierungsfraktionen hatten den HSV bereits 2019 zum Umdenken aufgefordert. „Während am Millerntor Mehrwegbecher zur Müllvermeidung beitragen, sind im Volksparkstadion nach jedem Spiel große Mengen Einwegbecher zu entsorgen“, hieß es in einem Bürgerschaftsantrag.
HSV-Mehrwegbecher werden nur ausnahmsweise bedruckt
Zuvor hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dem HSV ein miserables Zeugnis ausgestellt. Nur drei Vereine der 1. und 2. Bundesliga in Deutschland häuften demnach mehr Plastikmüll an als der HSV. In der ersten Zweitligasaison 2018/19 seien am Volkspark allein fast eine Million Einwegplastikbecher verbraucht worden. Dass die aus dem Biokunststoff Polymilchsäure hergestellt seien, kennzeichnete die DUH als Greenwashing: als PR-Methode, um umweltfreundliches Verhalten vorzutäuschen.
Der HSV verwies bisher darauf, keine Möglichkeit zum Spülen großer Bechermengen zu haben. Das Problem ist jetzt gelöst: Catering-Partner Aramark betreibt an der nahen Schnackenburgallee eine Spülstraße. Jeder Becher könne so künftig mehr als 150-mal verwendet werden.
- HSV kassiert zehn Millionen Euro Corona-Staatshilfe
- HSV: Wie es zum großen Knall um Jansen, Bester und den Beirat kam
- Enthüllt: 23,5 Millionen der Stadt an HSV nicht zweckgebunden
- Aerosol-Test mit Puppe beim HSV – Ergebnis überrascht
- Jatta und kein Ende: Erstmals Widerstand aus der Politik
Auf eine Bedruckung der Becher, wie sie Lokalrivale FC St. Pauli vornimmt, verzichtet der HSV – „um das Recycling nicht zu beeinträchtigen“. Nur zu besonderen Anlässen werde es „ausgewählte Aktionsbecher zum Sammeln“ mit HSV-Motiven geben.
Bei den Fans kommt die Innovation gut an, wenn man den Reaktionen in den sozialen Netzwerken glauben darf. Nur dass die schwereren und stabileren Mehrwegbecher zu gefährlichen Wurfgeschosssen werden könnten, scheint einigen Sorge zu bereiten.