Bundesligaclub legt Jahresabschluss vor. Dilemma mit Jatta. Walace schiebt Überstunden. Neuer Innenverteidiger im Visier.
Personalkosten auf historischem Höchststand
Der HSV hat das abgelaufene Geschäftsjahr mit einem Minus von 13,4 Millionen Euro abgeschlossen. Dies geht aus dem Jahresabschlussbericht für 2016/17 hervor, den der Bundesligist am Dienstagnachmittag veröffentlicht hat. Im Lagebericht war noch ein Jahresfehlbetrag von elf Millionen Euro prognostiziert worden. Dieses Ziel sei "aufgrund der sportlichen Entwicklung und damit verbundener personeller Veränderungen im Lizenzkader, im Trainerstab sowie des Vorstandes nicht erreicht" worden. 52,6 Millionen Euro investierte der Club allein für Verstärkungen des Spielerkaders.
Die Personalaufwendungen sind laut Gewinn-und-Verlust-Rechnung von 65,9 Millionen auf 74,4 Millionen Euro angestiegen und haben damit einen historischen Höchststand erreicht. Die Verbindlichkeiten betragen 105,5 Millionen Euro. Von denen sind allerdings 19,2 Millionen Euro Anleihen an Darlehensgeber Klaus-Michael Kühne nur im Erfolgsfall zurückzuzahlen: dann, wenn sich der HSV dreimal innerhalb von sechs Jahren für das internationale Geschäft qualifiziert. "Die verbleibende Zahl ist immer noch zu hoch, aber beherrschbar", sagte Finanzvorstand Frank Wettstein, "perspektivisch werden wir an der Reduzierung arbeiten müssen."
Die erzielten Umsatzerlöse liegen mit 122,1 Millionen Euro über den Erwartungen und deutlich über dem Vorjahresniveau (82,1 Millionen Euro). Der HSV landete zum siebten Mal hintereinander in den roten Zahlen, der Verlust fällt deutlich höher aus als in der vorvergangenen Saison (0,2 Millionen Euro). Das Rekordminus von 16,9 Millionen Euro aus dem Geschäftsjahr 2014/15 wurde allerdings nicht erreicht. Es war die schlechteste Bilanz der Vereinsgeschichte.
Dank einer Kapitalerhöhung – Investor Kühne stockte seine Anteile an der HSV Fußball AG auf 20,5 Prozent auf – betrage das Eigenkapital zum Stichtag Ende Juni 42,4 Millionen Euro. Das entspreche bei einer Bilanzsumme von 186,8 Millionen Euro einer Quote von 23,4 Prozent. Insbesondere auch im Bereich der Organisation und der Prozesse habe der Club laut Wettstein "große Schritte" erreicht, sei aber "mit Blick auf den Jahresabschluss sicher nicht am Ziel angekommen". Dennoch bleibe der Verein eine „Sanierungsaufgabe“. Zur Zusammenarbeit mit Kühne sagte der Finanzvorstand: „Ich glaube, dass es viele Clubs gibt, die uns um einen Gönner wie Herrn Kühne beneiden.“
Für die Saison 2017/18 peilt der HSV ein ausgeglichenes Ergebnis nach Steuern an. Die Hamburger kalkulieren dafür mit Rang zwölf am Ende der Saison und einem ausgeglichenen Ergebnis. Aktuell steht das Bundesligateam auf Platz 15. Im September 2019 steht als große Aufgabe die Rückzahlung der Fan-Anleihe an. „Darauf sind wir vorbereitet“, sagte Wettstein, ohne weiter ins Detail zu gehen.
Walace schiebt Überstunden
Der heutige Dienstag ist für die HSV-Profis frei – eigentlich. Walace machte trotzdem einen Arbeitstag daraus: Der Brasilianer schob auf dem Trainingsplatz am Volkspark Überstunden mit Fitnesstrainer Sebastian Capel.
Aus gutem Grund, schließlich gilt es für Walace, einen Rückstand wettzumachen. Er hatte das Spiel auf Schalke am Sonntag (0:2) aufgrund einer Knieprellung verpasst und war auch in den vorangegangenen drei Bundesligaspielen nicht zum Einsatz gekommen.
Am Mittwoch (10 und 15 Uhr) beginnt dann auch für die anderen Spieler die Vorbereitung auf das richtungweisende Bundesligaspiel gegen 1899 Hoffenheim am Sonntag (15.30 Uhr, Volksparkstadion/Sky, Liveticker auf Abendblatt.de).
Das Dilemma mit Jatta
Bakery Jattas Saisonbilanz in der Regionalliga Nord spricht für sich: Sechsmal lief hat der 19-Jährige für die U-21-Mannschaft des HSV auf, erzielte dabei fünf Tore, bereitete ein weiteres vor und ging stets als Sieger vom Platz. „Bakery ist sehr schnell, spielt sehr körperbewusst. Er macht den Unterschied“, sagt Christian Titz, der Trainer des Tabellenführers. In den vergangenen beiden Spielen konnte er seinen Matchwinner allerdings nicht einsetzen. Ergebnis: Der HSV II kassierte in Braunschweig die erste Saisonniederlage (1:4) und wendete die zweite beim 1:1 gegen Verfolger Weiche Flensburg am vergangenen Sonnabend erst in der Nachspielzeit ab.
Jatta, 2015 aus Gambia nach Deutschland geflüchtet, ist längst zu gut für die Regionalliga. Aber er ist derzeit eben auch nicht unbedingt gut genug für die Bundesliga, zumindest scheint es Markus Gisdol so zu sehen. Er hat Jatta letztmals am 24. September bei der 0:3-Niederlage in Leverkusen für eine Halbzeit eingesetzt und seitdem nicht mehr in seinen Profikader berufen. Aber weil sich Gisdol bis zuletzt die Option offenhalten wollte, kam Jatta auch bei der Reserve nicht zum Zug.
„Wenn die U21 vor uns spielt, ist es immer schwer“, sagte Gisdol der „Hamburger Morgenpost“. Seit dem 2:0-Sieg im Derby gegen Altona am 4. November hat Jatta kein Spiel mehr gemacht. Dabei schien er sich Ende vergangener Saison bereits in der ersten Mannschaft festgespielt zu haben. Jetzt ist er einer der Leidtragenden der neuen personellen Möglichkeiten, die Gisdol in der Offensive für sich entdeckt hat. Die bis dahin märchenhafte Karriere des jungen Mannes, der binnen zwei Jahren vom Flüchtlingsjungen zum Bundesligastar aufstieg, erfährt den ersten Knick.
Für den HSV ist es ein Dilemma. Jahrelang musste sich der HSV vorhalten lassen, keine Talente hervorzubringen. Und nun, da gleich mehrere bei den Profis anklopfen, kann sie der Club nicht immer alle so ins Spiel bringen, wie es für ihre Entwicklung förderlich wäre. Erst recht für einen wie Jatta, der in seiner Heimat keine fußballerische Ausbildung erhielt.
Immerhin: Am kommenden Wochenende darf Jatta wohl wieder auflaufen. Der HSV II tritt erst am Sonntag (14 Uhr) beim 1. FC Germania Egestorf/Langreder in Barsinghausen an. Bis dahin dürfte Gisdol wissen, ob er Jatta am gleichen Tag im Bundesligaspiel gegen Hoffenheim brauchen kann.
Hoffenheim-Vorverkauf verläuft schleppend
Versagen die Fans dem HSV im Abstiegskampf die Gefolgschaft? Für das Hoffenheim-Spiel sind bislang erst knapp 44.000 Eintrittskarten verkauft. Und das obwohl der HSV allein 3400 vergünstigte Tickets in seinen Partnervereinen abgesetzt hat. Dabei sind die Eintrittspreise mit 26 bis 64 Euro ohnehin schon vergleichsweise niedrig. Beim Nordderby gegen Bremen (0:0) kosteten die Tickets 37 bis 85 Euro, für das Spiel gegen Meister Bayern München (0:1) sogar 41 bis 95 Euro.
Da der HSV diese Topspiele wie auch das gegen Pokalsieger Borussia Dortmund (0:3) und Vizemeister RB Leipzig (0:2) bereits absolviert hat, steht zu befürchten, dass die Zuschauerzahlen weiter fallen werden. Bislang liegt der Zuschauerschnitt (53.205) nach sechs Heimspielen noch leicht über dem Vorjahresniveau (52.320).
Vergangene Saison wollten 53.565 Zuschauer das Spiel gegen Hoffenheim sehen. Der 2:1-Sieg im April sollte für den Klassenerhalt von entscheidender Bedeutung werden. Den höchsten Saisonschnitt seiner Geschichte, 55.867, hatte der HSV vor elf Jahren erreicht.
Tah nach Barcelona? Herrlich relativiert
Trainer Heiko Herrlich vom Bundesligisten Bayer Leverkusen glaubt nicht, dass Wechselgerüchte um Nationalspieler Jonathan Tah die Leistungen des früheren HSV-Innenverteidigers beeinflussen könnten. „Seine Konzentration und Identifikation liegt voll bei Bayer 04. Er ist ein absolut sauberer Charakter, der sich voll reinhaut für die Mannschaft“, sagte der Coach in einem am Montag vom Werksclub verbreiteten Statement bei Twitter.
In einem Interview auf „T-online.de“ hatte sich Tah in vergangenen Woche zu einem möglichen Interesse des katalanischen Renommierclubs FC Barcelona geäußert: „Das ist natürlich schön zu hören und eine Ehre für mich. Barcelona ist meiner Meinung nach ein überragender Verein. Ich glaube, jeder junge Fußballer würde lügen, wenn er behaupten würde, dass Barça keine reizvolle Aufgabe wäre.“
Lukrativ wäre Tahs Wechsel nach Barcelona für den HSV. Die Hamburger haben den heute 21-Jährigen in der Jugend ausgebildet und hätten damit Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von etwa zehn Prozent der Transfersumme. Zudem wäre eine Gewinnbeteiligung fällig, die bei Tahs Wechsel nach Leverkusen 2015 vertraglich vereinbart wurde.
Hat HSV neuen Innenverteidiger im Visier?
Der HSV soll auf der Suche nach möglichen Verstärkungen in Polen fündig geworden sein. Nach einem Bericht der Tageszeitung „Echodnia“ sind die Hamburger am bosnischen Innenverteidiger Adnan Kovacevic von Korona Kielce interessiert. Der 24-Jährige kam erst im Sommer vom FK Sarajevo zum Tabellenfünften der polnischen Ekstraklasa und etablierte sich auf Anhieb als Leistungsträger.
Kovacevics Vertrag läuft 2019 aus, das Portal „Transfermarkt“ beziffert seinen Marktwert auf 500.000 Euro. Der könnte allerdings deutlich steigen, da dem Bericht zufolge auch Bundesliga-Konkurrent Werder Bremen Kovacevic ins Visier genommen hat.
Pollersbeck stellt sich den Fans
Es ist keine leichte Zeit für HSV-Torhüter Julian Pollersbeck. Am Wochenende flog der U-21-Europameister für das Spiel auf Schalke erstmals aus dem Profikader von Trainer Markus Gisdol. Und dann wurde er von seinem einstigen Kaiserslauterner Lehrmeister Gerald Ehrmann öffentlich als zu bequem und zu wenig selbstkritisch gebrandmarkt.
Zu Recht? Das können die Fans am morgigen Mittwoch Pollersbeck (23) selbst fragen. Er und Verteidiger Rick van Drongelen (18) stellen sich beim Fantalk im Restaurant „Die Raute“. Die Veranstaltung findet von 18 bis 19.30 Uhr statt und wird von der HSV-Fanbetreuung moderiert. Der Eintritt ist frei.