Gefallen hat es ihm nicht. Dass laut Umfrage des Fußball-Magazins "Voetbal international" gar 60 Prozent der Niederländer ein vorzeitiges Ausscheiden der Oranje-Elf befürchten, trotzte HSV-Mittelfeldspieler Rafael van der Vaart im Vorwege der Euro dennoch nur ein Lächeln ab. "Die Italiener hatten vor und sogar während der WM 2006 viel mehr Ärger als wir - und sie sind am Ende Weltmeister geworden. Insofern kann das sogar ein gutes Omen sein." Doch wirklich daran glauben mag auch van der Vaart, der nicht müde wird, seine Appelle zu formulieren, noch nicht: "Wir sollten alle ein wenig zurückstecken, damit wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können."

Getan haben das bislang Clarence Seedorf, Mark van Bommel und sogar Hollands Fußball-Idol Johan Cruyff. Während die ersten beiden ihren Verzicht auf die EM nach Streitigkeiten mit Bondscoach Marco van Basten umsetzten, hat sich van Bastens bislang größter Befürworter inzwischen klar von seinem Schützling distanziert und sogar eine Zusammenarbeit bei van Bastens nächstem Trainerjob bei Ajax Amsterdam wegen "unüberbrückbarer Differenzen" abgelehnt. "Die Leute müssen mich akzeptieren, wie ich bin", sagt der gescholtene Coach unbelehrbar und schraubt die Erwartungen an sein Team drastisch herunter: "Wir haben viele junge, sehr talentierte Leute, die noch Erfahrungen sammeln und lernen müssen. Und dann haben wir auch wieder Chancen, ein großes Turnier zu gewinnen." Worte, die in den Niederlanden für Verdruss sorgen.

Schließlich hatte van Basten bei seinem Amtsantritt 2004 genau das Gegenteil proklamiert. Man wolle wie das Vizeweltmeisterteam von 1974 das Publikum mit Angriffsfußball begeistern. Nach einem dürftigen Achtelfinal-Aus bei der WM 2006 (0:1 gegen Portugal) und der EM-Qualifikation als lediglich Zweiter hinter Rumänien bekam van Basten die Quittung und griff einer Entlassung durch seine Rücktrittsankündigung nur vor.

"Trotzdem haben wir eine Mannschaft, die Großes schaffen kann", versucht sich van der Vaart in Durchhalteparolen. Der HSV-Kapitän zählt neben Edwin van der Sar (Manchester United), Giovanni van Bronckhorst (Feyenoord Rotterdam) sowie Real Madrids Ruud van Nistelrooy zu den Säulen der Niederländer. "Wer sich unsere Mannschaft ansieht, der erkennt die Qualität", so van der Vaart, der seinen Traum entgegen der Überzeugung seines Trainers offen formuliert: "Der Titel wäre fantastisch."

Prognose: Mit geringen Erwartungen lässt sich oft Großes erreichen. Das Halbfinale ist allemal drin.