Marek Saganowski? Da war doch was? 1996, im Alter von 17 Jahren, galt er als eines der größten Stürmertalente Polens. Der HSV lieh ihn damals für die stolze Leihgebühr von 700 000 Euro aus, doch während der Saison kam er nur auf drei Einsätze, in denen er insgesamt 73 Minuten auf dem Platz stand. Durchgefallen.

Er wechselte zurück nach Lodz, und über Olen Plock, Odra Wodzislaw, Legia Warschau, Vitoria Guimaraes, ES Troyes AC landete der Angreifer beim FC Southampton in der Premier League. Mit 29 Jahren darf er sich nun also doch mit den Besten in Europa messen - und nun mit der Nationalmannschaft bei der EURO.

Die meisten seiner Kollegen besitzen ebenfalls keinen großen Namen, spielen nicht bei Top-Vereinen. Kein Wunder also, dass Helden rar gesät sind: Artur Boruc, der in Schottland für Celtic Glasgow spielt - dort wird er Astronaut (Spaceman) genannt -, ist so ein seltenes Exemplar. Der 28-Jährige genießt in seiner Heimat eine ähnliche Popularität als Torwart wie in Deutschland Oliver Kahn, zumal er um einen lockeren Spruch nie verlegen ist. Wie der frühere Bayern-Keeper mit Jens Lehmann lieferte sich auch Boruc vor der WM 2006 ein heißes Duell mit Jerzy Dudek.

Zweiter Eckpfeiler des Teams ist Euzebiusz "Ebi" Smolarek, der in Polen dreimal in Folge zum Fußballer des Jahres gewählt wurde. Dass der als sensibel geltende Stürmer ausgerechnet unter dem Niederländer Leo Beenhakker so eine starke Qualifikation spielte und neun Tore erzielte, ist alles andere als ein Zufall. Schließlich spielte Smolareks Vater Wlodzimierz einige Jahre in den Niederlanden, weshalb Ebi dort aufwuchs und die Sprache exzellent spricht.

Bei Racing Santander allerdings - die Spanier zahlten im vergangenen Sommer fünf Millionen Euro an Dortmund - ließ der Stürmer seine bereits in Westfalen bekannte Ladehemmung erkennen: In 34 Einsätzen konnte er gerade einmal vier Tore erzielen.

Auch bei der WM 2006, als er in allen drei Spielen auflaufen durfte, blieb er ohne Torerfolg.

Die Vorbereitung auf das Turnier absolvierte der Weltranglisten-27. in Donaueschingen, wo Leo Beenhakker die DFB-Mannschaft fast überschwänglich lobte: "Sie sind für mich eine der Top-Fünf-Mannschaften im Weltfußball." Dennoch rechnet sich der Niederländer, der die Nationalelf 2006 nach der WM übernahm, gute Chancen fürs Weiterkommen aus: "Das Niveau in unserer Gruppe bei der EM bewerte ich als nahezu gleich." Seit 1978 konnte Polen keinen Punkt gegen die Deutschen holen, doch das schreckt Beenhakker überhaupt nicht: "Auf dem Papier mag Deutschland der Favorit sein, aber wir spielen ja Gott sei Dank nicht auf Papier, sondern auf Gras."

In Polen ist man nach der gelungenen Qualifikation überzeugt von den Führungsqualitäten Beenhakkers - Staatspräsident Lech Kaczynski verlieh ihm letztes Jahr das Verdienstkreuz "Orden für die Wiedergeburt Polens". Wenn nicht er die schwarze Serie gegen die Deutschen beenden kann - unvergessen sind die Wasserschlacht von 1974 in Frankfurt (0:1) sowie das Last-Minute-Ausscheiden vor zwei Jahren bei der WM - wer dann?

Dass Beenhakker seinen eigenen Weg geht, bewies er auch bei der Bekanntgabe seines Kaders am 28. Mai: Grzergorz Bronowicki (Roter Stern Belgrad), der auf der linken Verteidiger-Position erwartet worden war, wurde mangels Fitness ebenso gestrichen wie Stürmer Radoslaw Matusiak (Wisla Krakau).

Prognose: Polen scheidet nach einer unglücklichen Niederlage im letzten Gruppenspiel gegen Kroatien aus.