Der Weltmeister aus Heppenheim fuhr beim ersten Grand Prix von Indien in Noida vor Button und Alonso ins Ziel. Schumi-Rekord in Reichweite.
Neu-Delhi/Noida. Doppel-Weltmeister Sebastian Vettel war auch bei der Formel-1-Premiere in Indien nicht zu schlagen. Auf den 60 Runden der neuen Strecke vor den Toren von Neu Delhi setzte sich der Red-Bull-Pilot vor McLaren-Pilot Jenson Button durch und feierte im 17. Rennen des Jahres seinen 11. Sieg. Dritter wurde Ferrari-Fahrer Fernando Alonso aus Spanien.
Zweitbester Deutscher auf dem staubigen Kurs vor den Toren der Hauptstadt Neu Delhi war Mercedes-Pilot Schumacher. Der 42-Jährige stürmte von Startplatz elf noch auf Rang fünf und lag direkt vor seinem Teamkollegen Nico Rosberg. Adrian Sutil rettete beim Heimrennen seines Sahara-Force-India-Teams als Neunter zwei WM-Punkte. Timo Glock schied schon nach der ersten Runde aus.
"Ja, ja, ja“, rief Vettel nach der Zieleinfahrt über den Boxenfunk: "Ich bin stolz auf Euch, Jungs. Neue Strecke, neue Herausforderung - und wir haben es wieder geschafft.“ Die Einstellung des Fabel-Rekords von Michael Schumacher mit 13 Saisonsiegen aus dem Jahr 2004 ist für Vettel in den ausstehenden Rennen in Abu Dhabi und Sao Paulo damit weiterhin möglich.
+++ Vettel-Interview nach dem Sieg von Indien +++
Den WM-Titel hat Vettel bereits seit drei Wochen sicher. Sein Red-Bull-Team steht auch als Konstrukteurs-Champion fest. Abgeschlossen wird die Saison mit den Rennen in Abu Dhabi am 13. November und in Brasilien zwei Wochen später.
"Das war ein sehr gutes Rennen für uns. Es hat mir gut gefallen, immer in Führung zu liegen. Ich freue mich sehr über diesen Sieg“, sagte Vettel, der den zweitplatzierten Briten Jenson Button im McLaren-Mercedes aber immer im Auge behalten hatte. Nach dem Rennen erinnerte der Weltmeister aber auch an die tödlichen Unfälle des zweimaligen Indy-500-Champions Dan Wheldon und von Motorrad-Pilot Marco Simoncelli in den letzten zwei Wochen. "Ich habe sehr gemischte Gefühle“, sagte er.
Die theoretische Frage nach einer Teamorder bei Red Bull hatte sich vor 100.000 Zuschauern schnell erledigt. Teamkollege Mark Webber verlor seinen zweiten Platz schon beim Start und damit am Ende im Kampf um die Vize-Weltmeisterschaft erneut an Boden. Beste Karten hat weiterhin Button (240 Punkte) vor dem auch im Rennen drittplatzierten Fernando Alonso im Ferrari (227). Webber (221) und vor allem Buttons McLaren-Kollege Lewis Hamilton (202) haben nur noch geringe Chancen.
"Schumi" setzt Ausrufezeichen
Ein Ausrufezeichen setzte Rekordweltmeister Michael Schumacher, der als Fünfter im Mercedes sein zweitbestes Saisonergebnis erzielte. Teamkollege Nico Rosberg belegte einen guten sechsten Rang, erst zweimal in diesem Jahr war er erfolgreicher. Adrian Sutil holte beim Heimspiel seines Teams Force India als Neunter zwei Punkte. Timo Glock blieb dagegen Kurzarbeiter und durfte wie im Qualifying bis zum Ausscheiden nur drei Runden fahren.
Schon wenige Meter nach dem Start kam es zum ersten Massencrash. Dabei schieden der Japaner Kamui Kobayashi und nach kurzer Wiederaufnahme auch Glock aus. Der Virgin-Pilot berichtete, er habe einem zerstörten Sauber nicht mehr ausweichen können. "Dabei ist der Flügel kaputtegangen. Ich bin wieder in die Box, aber er hat keinen Sinn gemacht.“ Auch Sergio Perez, Rubens Barrichello und Jarno Trulli waren beteiligt und fuhren sofort in die Box, um ihre beschädigten Autos reparieren zu lassen. Perez berichtete anschließend von einer Menge Öl auf der Strecke.
Vettel verteidigte seine Führung derweil problemlos, Webber verlor jedoch den zweiten Platz an Button und lag nach zehn Runden schon fast fünf Sekunden hinter dem Briten zurück. Einen guten Start hatte wieder einmal Schumacher erwischt, der von Platz elf aus drei Ränge gut machte. „Ich hatte mir in den ersten beiden Kurven meine KERS-Energie für die lange Gerade aufgespart. Das hat sich ausgezahlt“, sagte er.
Während Vettel einsam seine Kreise zog, fand die unendliche Geschichte der Kollisionen Hamilton und Massa ihre Fortsetzung - aber mit umgekehrten Vorzeichen. Diesmal wurde der Brasilianer mit einer Durchfahrtstrafe belegt, die zahlreichen vorherighen Unfälle hatte stets der Brite verursacht.
Für Aufsehen sorgte nach diesem Crash auch die Reaktion von McLaren-VIP-Gast Rowan Atkinson. Der Komiker unterstützte seinen Landsmann Hamilton und fieberte bei dem Crash für mehrere Hundert Millionen TV-Zuschauer weltweit mit Grimassen wie in besten „Mr.Bean“-Zeiten mit.
Ihre Chance nutzten die Silberpfeile. Nach 37 von 60 Runden lagen Rosberg und Schumacher auf Rang fünf und sechs - direkt hinter Webber, der nach den zweiten Boxenstopps einen weiteren Platz an Alonso verlor. "Ihr dürft gegeneinander fahren, aber seid vorsichtig“, wurde den Mercedes-Fahrern über den Boxenfunk mitgeteilt.
Vor dem Start hatte es bewegende Szenen gegeben. Zunächst gedachten Fahrer, Teammitglieder und Funktionäre in einer Gedenkminute Wheldon und Simoncelli. Vor allem Hamilton senkte mit geschlossenen Augen seinen Kopf, um der Nahaufnahme der durch die Reihen schwenkenden Kamera zu entgehen. Auch Weltmeister Vettel war in sich gekehrt und tief bewegt.
Vettel hat auch Pole-Rekord im Visier
Mit dem 11. Saisonsieg kann Vettel bei zwei noch ausstehenden Rennen weiterhin immer noch den Rekord von Michael Schumacher einstellen, der im Jahr 2004 einmal 13 Siege in einer Saison geholt hatte. Mit nun 702 Führungsrunden in 2011 hat sich der jüngste zweifache Weltmeister der Formel-1-Geschichte auch noch eine weitere Bestmarke gesichert. Diese hatte der Brite Nigel Mansell (694 in 1992) gehalten. Seine absolute Überlegenheit in Indien demonstrierte Vettel damit, dass er sich erstmals in diesem Jahr bei einem Rennen Pole Position, Sieg, schnellste Runde und alle Führungskilometer sicherte.
Auch ein weiterer Rekord liegt für Vettel in Reichweite: In Indien startete der der 24-jährige Heppenheimer zum 13. Mal in dieser Saison von der Pole. Damit ist Vettel auf dem besten Weg zum Pole-Position-Rekord in der Formel 1. Bislang hält der Brite Nigel Mansell die Bestmarke. Er holte sich auf dem Weg zum Titel in der Saison 1992 insgesamt 14 Pole Positions. Vettel bleiben in diesem Jahr noch die Rennen in Abu Dhabi und Brasilien, um den Rekord zu brechen. Schon jetzt ist er in dieser Statistik mit den Formel-1-Legenden Ayrton Senna (Brasilien) und Alain Prost (Frankreich) gleichgezogen.
Ecclestone zieht positives Indien-Fazit
Schon vor der eigentlichen Formel-1-Premiere in Indien zog Bernie Ecclestone ein positives Fazit. "Sie haben das wirklich gut gemacht. Im September 2009 war hier noch gar nichts. Sie haben gute Arbeit geleistet“, sagte der Formel-1-Promoter.
Zwar herrschte abseits der Strecke, die erst kurz vor der Eröffnung fertig geworden war, teilweise Chaos. Doch Ecclestone, der auf dem indischen Subkontinent am Freitag seinen 81. Geburtstag feierte, sieht keine Veranlassung zu großen Veränderungen: "Das ist so etwas wie ein Prototyp, und natürlich können hier und da Kleinigkeiten verbessert werden, aber nichts von großer Bedeutung.“
Die Premiere in Indien ist zumindest aus sportlicher Sicht gelungen. Seit einigen Wochen kursieren deshalb Gerüchte, die Formel 1 könne in den nächsten Jahren auch Afrika erobern. Für Ecclestone ist das keine Utopie. "Darüber reden wir schon sehr lange. Und früher oder später werden wir nach Afrika gehen“, sagte der Brite.
Der Große Preis in Neu Dheli ist das erste Formel-1-Rennen in Indien. Das erste Kuriosum bei der Indien-Premiere hatte es schon kurz nach Beginn des ersten freien Trainings gegeben. Da sich ein Hund auf die Fahrbahn verirrt hatte, musste bereits nach fünf Minuten der ersten Einheit auf dem neuen Kurs die Rote Flagge geschwenkt werden. Der Hund wurde eingefangen, das Training danach fortgesetzt.
Ungewöhnlich waren auch die Sichtverhältnisse. Rund um die Strecke lag dichter Smog, manche Piloten fuhren sogar mit blinkendem Warnlicht. Dies wird auf der Strecke normalerweise nur bei Nebel und starkem Regen eingesetzt. Auch eine Menge Staub auf der Strecke sorgte für Probleme.
Endergebnis Grand Prix von Indien in Neu Delhi:
1. Sebastian Vettel (Red Bull)
2. Jenson Button (McLaren Mercedes)
3. Fernando Alonso (Ferrari)
4. Mark Webber (Red Bull)
5. Michael Schumacher (Mercedes)
6. Nico Rosberg (Mercedes)
7. Lewis Hamilton (McLaren Mercedes)
8. Jaime Alguersuari (Toro Rosso)
9. Adrian Sutil (Force India)
10. Sergio Perez (Sauber)
11. Witali Petrow (Lotus Renault)
12. Bruno Senna (Lotus Renault)
13. Paul di Resta (Force India)
14. Heikki Kovalainen (Lotus)
15. Rubens Barrichello (Williams)
16. Jérôme d'Ambrosio (Virgin)
17. Narain Karthikeyan (Hispania)
18. Daniel Ricciardo (Hispania)
19. Jarno Trulli (Lotus)
Mit Material von sid, dpa und dapd