Hamburg. CDU-Spitzenkandidat Thering stellt Konzept für die Bürgerschaftswahl vor. Seine Kritik: Die Active City sei nur „eine Worthülse“.

Dass ein Spitzenkandidat einer politischen Partei mit Sport Wahlkampf macht, ist wohl eher die Ausnahme. Dennis Thering (40) versucht es jetzt. Der Hamburger CDU-Chef hat mit Ralf Niedmers (56), dem sportpolitischen Sprecher der Bürgerschaftsfraktion, über ein Jahr lang ein Programm erarbeitet, wie Hamburg ihrer Meinung nach „wieder eine Sportstadt werden kann“. Was die Opposition nach der Bürgerschaftswahl am 2. März 2025 vorhat, falls sie Regierungsverantwortung mit übernehmen darf, erklärten Thering und Niedmers am Montagmorgen im Rathaus.

Thering spielte in seiner Jugend Fußball beim HSV

Sport, das sei vorausgeschickt, ist für Thering eine Herzensangelegenheit. Beim HSV spielte er in jungen Jahren als Torhüter in Leistungsnachwuchsmannschaften Fußball, zur Profikarriere reichte es nicht, seine Verbindung zum Sport riss aber nie ab. In Farmsen kämpfe er jahrelang für eine neue Eishalle – bisher allerdings vergeblich. Was er jetzt mit der CDU für Hamburgs Sport plant, klingt mindestens ebenso ambitioniert.

„Bewegung und Sport sind nicht nur wichtige Bestandteile eines erfüllten Lebens, sondern auch entscheidend für Gesundheit und Wohlbefinden. Leider blicken wir aber mit Sorge auf den Sportstandort Hamburg“, sagte Thering schon ganz im Wahlkampfmodus. Immer mehr Menschen stünden auf den Wartelisten der Vereine statt auf den Sportplätzen. „Massive Kapazitätsprobleme bei Sporthallen und -plätzen sind trauriger Alltag in Hamburg. Von der von Rot-Grün propagierten ,Active City‘ ist in vielen Stadtteilen nur noch eine Worthülse übrig.“ Der Senat stecke Millionen in die Werbung, aber viel zu wenig in den Sport. „Die Active City ist mittlerweile eine Senatsdauerwerbesendung“, sagte Niedmers.

Neues CDU-Sportprogramm: „Fit für die Zukunft“

Dabei klagten viele Sportvereine über mangelhafte finanzielle Förderungen und ewig lange Verfahren. Thering: „Mit dem Sportkonzept der CDU-Fraktion wollen wir genau an diesen Punkten ansetzen und die Sportförderung in unserer Stadt wieder mit Leben füllen und neue Sportanlagen schaffen.“ Die plakative Formel dafür liefert er gleich mit: „Fit für die Zukunft: Sportstadt Hamburg neu gestalten!“

Doch die CDU geht auch ins Detail: Auf 22 dicht beschriebenen DIN-A4-Seiten werden Forderungen, Notwendigkeiten und Versionen formuliert, Zustände beschrieben und beklagt, Sport immer wieder in den gesellschaftlichen Kontext gestellt. Wer Marathon mag, der kann sich durch die vielen Unterpunkte durchkämpfen, für Sprinter hat die Partei den Komplex auf zehn Forderungen komprimiert.

CDU: Zehn Forderungen für besseren Sport in Hamburg

„Wir werden“, heißt es da in aller Kürze: „1. Mehr Geld in den bezirklichen Sportstättenbau investieren. 2. Die bestehende Sportinfrastruktur gemeinsam mit unseren Vereinen ertüchtigen und neue schaffen. 3. Die Weichen für ein mittelgroßes Stadion stellen. 4. Den Sportfördervertrag und somit den organisierten Sport in Hamburg finanziell besser ausstatten. 5. Entbürokratisierung vorantreiben und administrative Hilfestellung für unsere Vereine bereitstellen: Mehr Mitarbeiterstellen fördern. 6. Eine Qualifizierungsoffensive für Trainer, Übungsleiter und Schiedsrichter starten. 7. Mehr Wasserzeiten vor allem für Kinder und Jugendliche schaffen. 8. Mehr Eislaufflächen zur Verfügung stellen. 9. Hamburg als möglichen und gut geeigneten Austragungsort der Olympischen sowie der Paralympischen Spiele aufstellen. 10. Kinder und Jugendliche im Sportbereich stärker in den  Vordergrund rücken.“

CDU-Programm: Geld, Flächen, Trainerinnen und Trainer fehlen

„Die Nutzung der Sportinfrastruktur ist für die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs nur dann attraktiv, wenn sie kostengünstig nutzbar und wohnortnah gelegen ist“, steht ebenfalls in dem Programm. Wie gesagt: alles sehr ambitioniert. Dass an vielen Stellen Geld, Flächen, Trainerinnen und Trainer, auch politischer Wille fehlen, ist Thering bekannt. Er will das ändern. Das ist löblich.

CDU: Sportflächen sollen künftig vielfach genutzt werden

Sport müsste dafür jedoch im politischen Ranking im städtischen Haushalt vom Abstiegskandidaten zum Champions-League-Anwärter mutieren. Das hat bisher niemand geschafft. Das Programm verläuft dennoch nicht abseits der Realitäten. Investitionen in den Sport könnten Geld in vielen anderen Bereichen sparen helfen. Weniger Ausfälle durch Krankheiten, größere Motivation, mehr Leistungsfähigkeit hätten nachgewiesenermaßen Effekte von zig Milliarden Euro für die Volkswirtschaft.

Andy Grote (Senator für Inneres und Sport Hamburg/SPD), Ingrid Unkelbach (Leiterin Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein) und Dr. Steffen Ruelke (Abteilungsleiter Sport  im Bundesministerium des Inneren und Heimat) vor zwei Jahren beim Spatenstich für den Bundesstützpunkt Hockey am Hemmingstedter Weg.
Andy Grote (Senator für Inneres und Sport Hamburg/SPD), Ingrid Unkelbach (Leiterin Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein) und Dr. Steffen Ruelke (Abteilungsleiter Sport im Bundesministerium des Inneren und Heimat) vor zwei Jahren beim Spatenstich für den Bundesstützpunkt Hockey am Hemmingstedter Weg. © WITTERS | TimGroothuis

Gegenwärtig, klagt die CDU, weise Hamburgs Sportlandschaft erhebliche Defizite im Bereich der Infrastruktur auf. Häufig fehlten geeignete Sportstätten oder seien dringend sanierungsbedürftig. Zudem mangele es regelmäßig an qualifiziertem Verwaltungspersonal und dem geeigneten Material. Das könnte Hamburgs – auch von der CDU unterstützte –Olympiabewerbung für die Sommerspiele 2040 (zusammen mit Berlin) schwächen.

Eine eventuelle Olympiabewerbung sei natürlich von der Zustimmung der Bevölkerung abhängig, so Thering, der allerdings offenließ, ob man sich diese durch eine Befragung wie bei der letzten Olympiabewerbung einholen wolle. Zudem müsse sich auch der IOC ändern und für eine gemeinsame Bewerbung mit mehreren Städten öffnen.

CDU: Hamburg braucht ein Drittligastadion

Doch auch unabhängig von Olympia soll Hamburg nach den Willen der CDU endlich zur Sportstadt werden. Doch ohne innovative Maßnahmen wie etwa der kreativen Bebauung bisher ungenutzter Flächen, der nutzungsgruppen- sowie sportartübergreifenden Mehrfachnutzung (Multicodierung) von Sportstätten oder umfangreiche sowie bedarfsangepasste Neubaumaßnahmen könne sich die gar nicht so aktive „Active City“ nicht nachhaltig zur Sportstadt entwickeln. Außerdem fehle ein mittelgroßes Stadion, zum Beispiel für Football, Frauenfußball und ein mögliches Drittliga-Team.

Als möglichen Standort für so ein Stadion hat die CDU Bergedorf auserkoren. „Bergedorf wäre auf jeden Fall eine Option“, sagte Niedmers, der sich für ein multifunktionales Stadion für mehr als 10.000 Zuschauer aussprach. „Die Bergedorfer würden sich freuen“, so der sportpolitische Sprecher der CDU.

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Ein Großteil der CDU-Ideen klingen weitgehend plausibel. „Sport soll ein Schwerpunktthema für uns werden“, sagte Thering, der auf die Fragen nach der Finanzierung antworte: „Hamburg hat kein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem. Es ist alles eine Frage der Priorisierung.“ Die CDU würde im Grundsatzwahlprogramm, das an diesem Dienstag veröffentlicht wird, neben der inneren Sicherheit, Wirtschaft, Verkehr und Familie eben auch auf den Sport verstärkt setzen.

Thering will Sport in Hamburg zum Schwerpunktthema machen

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass die Stadt in den vergangenen zehn Jahren bereits rund eine Milliarde Euro in die Verbesserung der sportlichen Infrastruktur investiert hat, weitere Hunderte von Millionen in den nächsten Jahren für mehr Turnhallen und Kunstrasenplätze ausgeben will. Unter anderem, auch das ist eine Forderung der CDU, soll der Olympiastützpunkt ausgebaut und modernisiert werden.

Egal, ob nun Regierung oder Opposition, die CDU hat mit diesem Programm Bewegung in die sportpolitische Diskussion in der Stadt gebracht. „Der Sport ist uns eine Herzensangelegenheit“, wiederholte Thering am Montagmorgen noch einmal. „Und so wollen wir den Sport ab dem 3. März in unserer Stadt behandeln.“