Hamburg. Hamburger Senat erstellt auf eine Große Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion Bilanz seiner Sportpolitik seit 2020. Was passiert am Diebsteich?

Den Hamburger Sport zu stärken, dazu bekannten sich SPD und Grüne nach der Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020, konkretisierten diese Absicht auf den Seiten 190 bis 194 ihres Koalitionsvertrages. Die CDU hat jetzt in einer Großen Anfrage an den Senat die Vorhaben auf den Prüfstand gestellt. „Wir wollten sehen, was nach gut drei Jahren Regierungsarbeit geschehen ist“, sagt Ralf Niedmers (55), sportpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion

Die vielleicht wichtigste Zahl: Seit dem 1. Januar 2020 erfolgten bis heute öffentliche Investitionen und Finanzierungszusagen in Sportanlagen und Sanierungsmaßnahmen von rund 442,5 Millionen Euro. Von 133 von der Stadt aufgelisteten Projekten sind bislang 108 abgeschlossen.

Hamburg: Trotz Corona und Energiekrise ging kein Verein insolvent

Der Senat hat auf 47 Seiten auf die 62 Fragen der CDU-Abgeordneten geantwortet – mangels Daten nicht in allen Fällen konkret, manchmal ausweichend – und vorab betont, „zentrales Ziel sei es, möglichst viele Menschen in Hamburg in Bewegung zu bringen, sie zu einem aktiven Lebensstil zu motivieren“. Dazu sei im Juni 2022 eine neue Strategie zur „Active City Hamburg“ beschlossen worden, die weiter die Bereitstellung und kostenlose Nutzung der Sportinfrastruktur, insbesondere der Schulsporthallen festschreibt. Das ist bundesweit ein Alleinstellungsmerkmal.

Hamburg unterstütze darüber hinaus die Entwicklung der Vereine und Verbände über den Sportfördervertrag, dessen Volumen von 9,2 Millionen Euro (2017/ 18) auf 11,0 Millionen (2023/24) gestiegen ist. Zusätzlich erhielten die Vertragspartner Hamburger Sportbund (HSB) und Hamburger Fußball-Verband (HFV) seit 2019 zusammen 1,6 Millionen Euro für die Sportinfrastruktur ihrer Clubs.

Neun Millionen Euro Energiehilfen für die Clubs bis April 2024

Bei den Förderprogrammen während der Corona-Pandemie wurden 7,7 Millionen Euro an Vereine und Verbände ausgeschüttet. Um die im vergangenen Jahr dramatisch gestiegenen Energiekosten abzufedern, stellt die Stadt bis April 2024 neun Millionen Euro bereit. Über 80-Euro-Startergutscheine förderte Hamburg mit 1,7 Millionen Euro 21.415 neue Vereinsmitgliedschaften. Kein Club ging in den vergangenen drei Krisenjahren insolvent. Das Modell wurde 2023 mit 40-Euro-Gutscheinen bundesweit übernommen.

Auch die Sportinfrastruktur wird saniert und ausgebaut. Das neue Bundes- und Landesleistungszentrums Hockey in Groß Flottbek (Kosten: 13,4 Millionen) soll 2025 fertiggestellt sein, mit dem Ausbau des Bundes- und Landesstützpunktes Rudern in Allermöhe (7,7 Millionen) noch in diesem Jahr begonnen werden. Die Bedarfsplanung für den Olympiastützpunkt in Dulsberg ist abgeschlossen, bis Mitte 2024 soll ein Entwurf vorliegen. 2025 könnte der Um- und Neubau beginnen. Die Kosten sind nicht abzuschätzen, dürften um die 60 Millionen Euro liegen.

In Hamburg gibt es 670 Sporthallen, davon 585 an den Schulen

Von 2013 an wurden zudem 69 bezirkliche Sportanlagen mit Kunststoffrasen ausgestattet. Seit 2018 entstanden 30 neue Hallen, bis 2027 sollen weitere 125 Spielfelder in Ein-, Zwei- oder Dreifeldhallen folgen. Derzeit gibt es in Hamburg 670 Hallen, davon 585 Schulsporthallen, die außerhalb des Unterrichts von Vereinen/Verbänden kostenfrei genutzt werden dürfen. Hier setzt die erste Kritik der CDU an. „Wenn in den vergangenen fünf Jahren 30 Hallen gebaut wurden, wie sollen dann in den nächsten vier 125 neue Spielfelder entstehen. Das ist Ankündigungsoptimismus“, sagt Niedmers.

Weit problematischer sei jedoch die Situation im Schwimmsport. Bei Wassergewöhnungs- und Lernkursen für Kinder konnten in diesem Jahr rund 1500 Anmeldungen nicht berücksichtigt werden, weil die Lehrgänge laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) ausgebucht waren. „Eine alarmierende Zahl“, sagt Niedmers.

Lange Wartelisten für Kinder bei Schwimm- und Fußballvereinen

Dabei hatte die Stadt im vergangenen Jahr eine Million Euro für Anfängerkurse und Fortbildung zur Verfügung gestellt. 7887 Kinder im Alter von vier bis 13 Jahren, schreibt der Senat, seien mit der Schwimmlern-Offensive erreicht worden. Mit Inbetriebnahme der Alsterschwimmhalle in Borgfelde könnte sich die Lage entspannen, hofft Niedmers. Bei Fußballvereinen sah das Verhältnis von Angebot und Nachfrage dieses Jahr ähnlich aus. Hier liegen bei den Vereinen ebenfalls lange Wartelisten, mehr als 5000 Jugendlichen suchen derzeit einen Club.

Wie der Sport in dicht besiedelten Me­tropolen in Konkurrenz mit Wohnungsbau und Gewerbe seine Interessen durchsetzen kann, war auch Thema des Symposiums „Stadtentwicklung durch Sport“ der Topsportvereine in der Kühne Logistik University in der HafenCity. Am Beispiel seiner Heimatstadt stellte der Wiener Architekt Harald Fux Modelle vor, bei denen platzsparend neue Räume für verschiedene Sportarten geschaffen werden.

Hallenzeiten werden von Vereinen gebunkert, aber nicht immer genutzt

Im Erdgeschoss etwa könnte eine Halle für Basketball, Handball oder Volleyball entstehen, während im ersten Stock Platz für Fitnessgeräte und Saunen und auf dem Dach ein großer Schwimmpool geschaffen wird. Viele Sportmöglichkeiten auf einem Gelände seien nachhaltig, in wachsenden Städten mit wenigen frei­en Flächen alternativlos. Fux: „Im internationalen Vergleich steht die Sportstadt Hamburg mit ihren Lösungen aber gut da.“

Das Problem, konstatierten die Topsportvereine, liege jedoch nicht nur in der begrenzten Zahl der Flächen und Hallen, auch in der Planung ihrer Belegzeiten. Viele Vereine blockierten Hallenzeiten, um sie nicht zu verlieren, nutzten sie aber kaum oder gar nicht. Alle Belegpläne sollen künftig digitalisiert werden, eine bessere Kon­trolle wäre wohl gegeben.

Diebsteich: Wird das Regionalliga-Stadion für Altona 93 rechtzeitig fertig?

Die CDU will auf Grundlage der Senatsantworten in den kommenden Wochen weitere Nachfragen zum Sport stellen. Die nächste soll sich mit dem Regionalligastadion für Altona 93 am Diebsteich befassen. Aus dem Bezirk Altona hieß es zuletzt, der anvisierte Fertigstellungstermin Anfang 2027 könne kaum gehalten werden, der Fußball-Oberligaclub, der seine Adolf-Jäger-Kampfbahn an der Griegstraße Ende 2026 räumen muss, stünde dann ohne Heimat da. Möglicher Hintergund: Das komplexe Ausschreibungsverfahren sei noch nicht gestartet, ein externer Generalunternehmer bisher nicht gefunden.

Auf eine entsprechende Anfrage des Abendblatts an die Finanzbehörde hatte Senator Andreas Dressel (SPD) bereits Anfang Oktober eindeutig reagiert: „In enger Abstimmung mit den zahlreichen Beteiligten treffen wir jetzt alle notwendigen Vorbereitungen, um zügig die einzelnen Projekte am Diebsteich weiter voranzubringen. Wir liegen dabei absolut im geplanten Zeitrahmen. Mit dem großen Komplex aus Stadion, Konzerthalle und dem neuen Bahnhof schaffen wir ein neues Zentrum mit vielen Möglichkeiten für urbanes Leben und einer exzellenten Verkehrsanbindung.“

Personalamt: Streik der Platzwarte war rechtswidrig

Der Streik der Hamburger Platzwarte am vergangenen Wochenende für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen war nach Auffassung des Personalamtes der Stadt rechtswidrig. Das geht aus einem Schreiben der Behörde an die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hervor. Die Arbeitsniederlegung hatte zum Ausfall von 109 der mehr als 1000 angesetzten Fußballspielen geführt, weil städtische Anlagen nicht genutzt werden konnten.

Während eines ungekündigten Tarifvertrages bestehe Friedenspflicht, betonte das Personalamt. Der Tarifvertrag der Stadt mit den Platzwarten sei bisher nicht gekündigt worden. Das Personalamt forderte Ver.di daher auf, die Arbeitskampfmaßnahmen einzustellen und keine neuen Streikaufrufe zu starten. Ansonsten würden arbeitsrechtliche Schritte in Erwägung gezogen.

In Hamburg gibt es für 141 städtische Sportanlagen 79,5 Platzwartstellen. An dem Streik hatten sich rund 30 Platzwarte beteiligt.