Grönwohld. „Da war keine Initiative mehr spürbar“: Warum im Büttenwarder-Dorf Grönwohld nicht funktioniert, was anderenorts sehr gut läuft.
Fast drei Jahre haben die Bürger der Gemeinde Grönwohld sehnsüchtig auf die Eröffnung des ersten Tante-Enso-Ladens in Stormarn gewartet. Inzwischen steht fest: Das Projekt ist gescheitert. „Wir haben lange gekämpft, gehofft und uns redlich bemüht, aber es soll offenbar nicht sein“, bestätigt Thorsten Peter Bausch, Co-Geschäftsführer des Unternehmens, dieser Redaktion. Noch sei die Tür zwar nicht gänzlich zugeschlagen. Aber die Chancen stünden ohne neues Raumangebot aus der Gemeinde de facto bei null. Zumal die Kette derzeit neue Standorte in Linau und Koberg im Herzogtum Lauenburg prüfe.
„Für uns fühlt sich das wie eine Niederlage an, die es so bei uns bislang noch nie gegeben hat“, gesteht Bausch. Dabei sei das Projekt verheißungsvoll gestartet. Die Standortanalyse habe ein solides Potenzial für das Engagement ergeben, und das Interesse seitens der Grönwohlder sei ebenfalls da gewesen. „Doch dann lief plötzlich alles gegen uns“, so Bausch. Was offenbar einfach nicht passe, müsse nicht zwingend passend gemacht werden. Zuweilen stecke der Teufel eben im Detail.
Büttenwarder: Tante Enso legt 24-Stunden-Supermarkt in Grönwohld auf Eis
Als gravierendstes „Detail“ erwies sich letztlich die Frage der Betriebsstätte. Im Frühjahr 2022 war die Hoffnung groß, in die ehemalige Edeka-Filiale an der Poststraße ziehen zu können, die einige Wochen zuvor ihren Betrieb eingestellt hatte. Doch mit Beginn des Kriegs in der Ukraine war auch die Baubranche in Turbulenzen geraten. Extrem verteuerte Material-, Energie- und damit Baukosten brachten auch jenen Projektentwickler und Investor aus Siek in Bedrängnis, der das Edeka-Areal erworben hatte. Geplant war dort ein neuer Wohn-Gewerbe-Komplex mit 26 Wohnungen, vier Reihenhäusern und einer 300 Quadratmeter umfassenden Gewerbefläche.
Der für Ende 2022 vorgesehene Abriss verschob sich indes auf unbestimmte Zeit, die betreffenden Gebäude stehen heute noch. Also sah sich das Bremer Unternehmen MyEnso nach einem alternativen Standort für seinen 24-Stunden-Shop um. Die Wahl fiel schließlich auf den Hof von Gastronom Enno Oetjen. Der hatte angeboten, die Party-Diele seiner Gastwirtschaft mit angrenzender Scheune, bekannt geworden durch die NDR-Kultserie „Neues aus Büttenwarder“, für den Tante-Enso-Laden ertüchtigen zu wollen.
Büttenwarder-Gastronom wollte Risiken allein nicht tragen
Die Verhandlungen gestalteten sich indes zäh und scheiterten. Nicht zuletzt an hohen Auflagen des Kreisbauamts. „Ich hätte eine sechsstellige Summe investieren müssen. Das erschien mir ein zu hohes finanzielles Risiko angesichts der Tatsache, dass ich diese Summe allein aufbringen sollte“, sagt Oetjen.
MyEnsos Konzept basiert auf „einzugsbereiten“ Verkaufsräumen, in denen nur noch die notwendige Verkabelung für die Kühlregale, den Kassen- sowie den elektronisch gesicherten Eingangsbereich vorgenommen werden muss. Oetjen hatte zwar später noch erwogen, auf der gegenüberliegenden Seite der Gastwirtschaft eine 30 mal neun Meter große Pultdachhalle zu errichten. Doch auch dieses Vorhaben wurde verworfen.
Tante Enso wollte auf einen Neubau nicht warten
„Was, wenn sich das Unternehmen vorzeitig für eine Aufgabe des Ladens entscheidet, weil es vielleicht nicht zu den erhofften Umsätzen kommt? Die Kosten für die erforderlichen MyEnso-Umbauten würden potenzielle Nachmieter wohl kaum übernehmen“, ließ Oetjen später in einem Lagebericht für den Gemeinderat wissen.
MyEnso hatte da längst abgewunken. „So ein Neubau dauert doch gut und gern zwei Jahre. Darauf wollten wir nicht warten“, erklärt Bausch. Trotzdem sei man weiter im Gespräch mit der Gemeinde geblieben, um doch noch zu einer Lösung zu kommen. So war unter anderem über einen Containerbau auf einer gemeindeeigenen Bedarfsfläche diskutiert worden.
Edeka-Fläche in Grönwohld war plötzlich an orientalischen Shop vermietet
Neue Hoffnung keimte, als MyEnso zwischenzeitlich erneut die ehemalige Evers-Filiale angeboten wurde. „Wir hätten uns sogar an der Objektertüchtigung beteiligt, wenn uns der Eigentümer mit der Miete entgegengekommen wäre“, berichtet Bausch. Doch dann sei ein weiteres halbes Jahr ohne substanzielle Einigung vergangen. Bis Mitte 2023 plötzlich die Kunde nach Bremen drang, dass ein Teil der Edeka-Fläche an einen orientalischen Shop vermietet wurde.
„Wir haben uns trotzdem weiter bemüht, haben Mitte Juli dieses Jahres noch einmal bei einem Treffen vor Ort intensiv für den Shop geworben“, sagt Bausch. Anschließend seien aus Grönwohld aber keine Vorschläge, keine Impulse mehr gekommen: „Da war keine Initiative mehr spürbar, das war kein Ruhmesblatt für die Gemeinde.“
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Ohne eine intensive Kooperation, die getragen werde durch gemeinsame Interessen, die gemeinsame Zuarbeit, das gemeinsame Ziehen an einem Strang, könne an einem Ort wie Grönwohld, in den andere Supermärkte nicht mehr gehen wollten, keine neue Einkaufsmöglichkeit entstehen. So habe man sich entschieden, das Projekt (vorerst) auf Eis zu legen.
Tante Enso: Unternehmen will Genossenschaftsanteile zurückzahlen
„Wir sind von dem Standort nach wie vor überzeugt“, versichert Thorsten Bausch. Andererseits konzentriere sich MyEnso nunmehr auf Kommunen, wo die Idee eines 24-Stunden-Shops auf mehr Interesse und mehr Engagement stoße. Dazu gehörten neben Linau und Koberg im benachbarten Herzogtum Lauenburg auch Seth im Kreis Segeberg, wo die Vorplanungen für einen neuen Laden bereits abgeschlossen seien.
Unterdessen sind bereits alle Bürger, die schon Genossenschaftsanteile für den Tante-Enso-Shop in Grönwohld gezeichnet hatten, darüber informiert worden, dass ihre Einlage bei fristgemäßer Kündigung nach der für Ende Juni 2025 anberaumten Generalversammlung zurückgezahlt wird. Allerdings unter dem Vorbehalt, dass durch die Kündigungen ein Mindestkapital von 90 Prozent des Vorjahres nicht unterschritten wird.