Grönwohld. Einstiger Hauptdrehort der NDR-Kultserie soll zum Zentrum der Nahversorgung in Grönwohld werden.

Die Nachricht, dass das Lebensmittel-Start-up MyEnso Finanzprobleme hat, sorgt auch in der kleinen Gemeinde Grönwohld im Amt Trittau für Beunruhigung. Hier plant das junge Unternehmen seine erste Tante-Enso-Filiale im Kreis Stormarn, sah sich bei der Suche nach einem geeigneten Objekt aber immer wieder mit neuen Schwierigkeiten konfrontiert. Inzwischen steht fest, dass alle zuvor erwogenen Pläne vom Tisch sind: Die Filiale soll nun endgültig auf dem Hof von „Büttenwarder“-Gastronom Enno Oetjen entstehen.

„Nachdem wir so lange um eine tragfähige Lösung gerungen haben, hat uns die Kunde von den finanziellen Schwierigkeiten des Unternehmens natürlich aufgeschreckt“, sagt Oetjen. In den vergangenen Wochen habe er zahlreiche Verhandlungen mit Firmen verschiedener Gewerke geführt, um den Umbau des Partyraums der Gastwirtschaft und der angrenzenden Scheune in ein Lebensmittelgeschäft auf den Weg bringen zu können. All diese Bemühungen schienen dann kurzzeitig infrage gestellt.

Tante Enso: Finanzieller Engpass führte zu Lieferproblemen

Die Unruhe war durch erhebliche Lücken im Sortiment bereits bestehender Filialen der Bremer Lebensmittel-Kette entstanden, darunter in Gülzow im Herzogtum Lauenburg. Dort gab es in den Regalen große Lücken, im Frischebereich waren ganze Kühlschränke vom Netz genommen worden.

Hinter diesem grünen Tor und der rechts angrenzenden Scheune soll die Grönwohlder Filiale des Bremer Lebensmittel-Start-ups Tante Enso entstehen.
Hinter diesem grünen Tor und der rechts angrenzenden Scheune soll die Grönwohlder Filiale des Bremer Lebensmittel-Start-ups Tante Enso entstehen. © HA | Lutz Kastendieck

MyEnso-Co-Geschäftsführer Thorsten Peter Bausch bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion die entstandenen Probleme. Unlängst seien Unternehmensanteile im Wert eines zweistelligen Millionenbetrags verkauft worden, um auf diese Weise Expansionskapital zu generieren. „Weil aber die letzte Tranche in Höhe von 2,5 Millionen Euro vom Käufer vier Wochen zu spät überwiesen worden ist, kam es zu einem kurzzeitigen finanziellen Engpass, der sich auch auf den Warennachschub ausgewirkt hat“, erklärte Bausch.

Tante Enso-Filiale in Grönwohld steht vor Hürden

Inzwischen seien alle Filialen mit neuer Ware beliefert worden und die Regale wieder voll, gibt er Entwarnung. Solche Phasen habe es in den vergangenen Jahren immer wieder mal gegeben, ein Grund für übertriebene Befürchtungen gebe es angeblich aber nicht. „Wir sind halt ein junges Start-up, da sind solche temporären Finanzierungslücken nichts Ungewöhnliches“, beruhigt Bausch, der MyEnso 2016 gemeinsam mit Norbert Hegmann aus der Taufe gehoben hat.

Unterdessen gestaltete sich die Etablierung eines Tante-Enso-Ladens in Grönwohld von Beginn an schwierig. Wie bereits berichtet, war er ursprünglich in einem Neubau auf dem Grundstück der ehemaligen Edeka-Evers-Filiale in der Poststraße geplant. Die sollte bereits Ende vergangenen Jahres abgerissen werden, um einem kombinierten Wohn-Gewerbe-Komplex mit 26 altersgerechten Wohnungen, vier Reihenhäusern und einer 300 Quadratmeter umfassenden Gewerbefläche Platz zu machen.

Als dann aber der Projektentwickler und Investor aus Siek in eine finanzielle Schieflage geriet, hatte das auch gravierende Auswirkungen auf die Planungen auf dem Evers-Grundstück. Der Abriss wurde auf unbestimmte Zeit verschoben und ist bis heute nicht vollzogen worden.

Nadja Oetjen hat 2021 in der ehemaligen Clubstube der legendären Büttenwarder-Kneipe ihren Friseursalon eingerichtet.
Nadja Oetjen hat 2021 in der ehemaligen Clubstube der legendären Büttenwarder-Kneipe ihren Friseursalon eingerichtet. © HA | Brinja Schmidt

Auf 200 Quadratmetern ist Platz für 2600 Produkte

„Das zwang uns mehrfach zu Umplanungen. Und letztlich zur Entscheidung, keine Interimslösung mehr vorzusehen, sondern uns auf einen Standort festzulegen“, erläutert Bausch. Zumal die Variante eines temporären Containerbaus auf der Gemeindebedarfsfläche unterhalb des neuen „Millerbek“-Wohnquartiers inzwischen ohnehin obsolet war.

„Durch den Ukraine-Krieg und den Flüchtlingsstrom sind Container kaum noch zu bekommen oder extrem teuer“, begründet Bausch. So wurden die Verhandlungen mit Enno Oetjen vertieft, der sich bereits frühzeitig eine Vermietung von Partyraum und Scheune auf seinem Hof vorstellen konnte.

„200 Quadratmeter Nutzfläche sind zwar mit Blick auf unsere anderen Filialen unter dem Schnitt. Durch eine Modifikation unseres Raumkonzepts lässt sich aber dennoch ein komfortabler Vollversorger mit Platz für rund 2600 unterschiedliche Produkte hinbekommen“, so Bausch.

Inzwischen sind alle Kostenposten für den Umbau ermittelt und erfasst. „Seit Kurzem liegt nun auch die Kostenschätzung für die Elektrikerleistung vor, die zuletzt noch gefehlt hat“, sagt Grundeigentümer Enno Oetjen, dem der Umbau als Bauherr obliegt.

Genehmigung der Nutzungsänderung lässt auf sich warten

Zur Vergabe der Handwerkeraufträge kann er allerdings erst schreiten, wenn das Kreisbauamt die beantragte Nutzungsänderung genehmigt hat. Das sollte eigentlich kein Problem sein, da in den Liegenschaften des Bauernhofs mit der Gastwirtschaft und dem Friseursalon seiner Tochter Nadja bereits nicht landwirtschaftliches Gewerbe angesiedelt ist. Bislang liegt die notwendige Genehmigung aber noch nicht vor.

Mit der Umwandlung in einen modernen Shop, in dem Kunden mithilfe eines elektronisch überwachten Kartensystems sieben Tage in der Woche täglich 24 Stunden ihre Einkäufe erledigen können, würde der alte Hof der Familie Oetjen ein völlig neues Kapitel in seiner Geschichte aufschlagen.

Bekannt geworden ist er durch die NDR-Kultserie „Neues aus Büttenwarder“ mit dem unvergesslichen Duett Jan Fedder alias Kurt Brakelmann und Peter Heinrich Brix alias Arthur „Adsche“ Tönnsen.

Tante Enso zieht in „Büttenwarder“-Gasthof

24 Jahre lang waren der Gasthof „Unter den Linden“ und die umliegenden Gebäude einer der Hauptschauplätze. Der Partyraum diente der Filmcrew immer wieder als Fundus, Garderobe und Aufenthaltsraum. Hier bewahrt Enno Oetjen auch die lebensgroßen Pappfiguren von Brakelmann und Tönnsen auf, die ihm der NDR als Dank für die jahrzehntelange freundliche Kooperation geschenkt hat.

Dass der Hof nach der Einstellung der „Büttenwarder“-Serie im Sommer 2021 und einer zunehmend problembeladenen Landwirtschaft nun eine neue Nutzung erfährt, findet der langjährige Land- und Gastwirt irgendwie folgerichtig. „Früher war vor allem unsere Dorfschenke Umschlagplatz für neueste Nachrichten und Gerüchte. Künftig wird das dann der Tante-Enso-Laden sein“, hofft Oetjen auf eine baldige Eröffnung.