Lütjensee. Mehr als 100 Jahre alter Familienbetrieb mit kleinem Hotel in besonderer Lage direkt am Wasser soll 3,4 Millionen Euro kosten.
„Boutique-Hotel mit Gastronomiebetrieb am Lütjensee“: Unter dieser Überschrift preist der Makler Engel & Voelkers eine einzigartige Immobilie an. 3,4 Millionen Euro soll sie kosten. Dabei handelt es sich um ein traditionsreiches Restaurant, das Zehntausende Menschen aus der Region schon mal besucht haben: die Fischerklause.
Das Areal ist seit mehr als 100 Jahren in Familienbesitz. Was genau zu der Entscheidung geführt hat, das teilweise reetgedeckte Ensemble aus Restaurant, Hotel und dem Bootshaus zu verkaufen, lässt sich nur erahnen. Offensichtlich ist der Entschluss mit vielen Emotionen verbunden und allen Beteiligten nicht leicht gefallen. So möchte sich Claudia Albrecht, Geschäftsführerin der „Hotel und Restaurant Zur Fischerklause am Lütjensee Albrecht GmbH & Co. KG“, auf Abendblatt-Anfrage momentan nicht zu dem überraschenden Vorgang äußern.
Restaurants Stormarn: Fischerklause am Lütjensee zu verkaufen – und der See auch
Fast 4200 Quadratmeter ist das malerisch am Seeufer gelegene Grundstück groß. Die Gebäude bieten mehr als 1200 Quadratmeter Gesamtfläche. Davon sind 162 Quadratmeter Wohnfläche. Das Hotel hat neun Doppel- und zwei Einzelzimmer sowie eine Suite mit Seeblick. Außerdem können Gäste zwei Ferienzimmer mit Gemeinschaftsküche im Nebengebäude buchen.
Während der Hotelbetrieb nach wie vor weiterläuft, war das mehrfach ausgezeichnete Restaurant (unter anderem vom Guide Michelin, Gault-Millau, „Falstaff“ und „Der Feinschmecker“) bereits im August 2023 geschlossen worden. Ein Grund war, dass für den Betrieb mit 90 Innenplätzen und weiteren 80 auf der Terrasse nicht mehr ausreichend Personal gefunden werden konnte. Seitdem werden die Räume nur noch für besondere Anlässe wie Firmenveranstaltungen oder große Familienfeiern geöffnet.
Fischerklause Lütjensee: Großes Restaurant wurde geschlossen, Gastronomie jetzt im Bootshaus
Die Gastronomie konzentrierte sich fortan auf das Bootshaus. Das Bistro bietet Snacks, Salate, ausgewählte warme Speisen, Getränke aller Art, Kuchen und hausgemachtes Eis. Der ehemalige Lagerschuppen war erst zum Kiosk umgebaut und dann im Jahr 2020 für einen Gastraum mit Sitzplätzen saniert und aufgestockt worden.
„Der anhaltende Fachkräftemangel, gestiegene Energie- und Lebensmittelkosten und ein deutlich verändertes Gästeverhalten fordern ihren Tribut“, sagte Claudia Albrecht damals über die Zeitenwende mit dem Wechsel vom Service am Tisch zur Selbstbedienung. Wie viele andere Restaurants bundesweit hatte sich auch die Fischerklause von den Lockdowns der im Frühjahr 2020 ausgebrochenen Corona-Pandemie nie wieder ganz erholt.
Fischerklaue am Lütjensee: Der Fabrikant und Angler Johannes Albrecht kaufte 1920 auch den Lütjensee
Angefangen hat die Familiengeschichte mit einer kleinen Hütte. In der verkaufte Johannes Albrecht, der Uropa von Claudia Albrecht, Aale, Brassen, Schleie und Hechte. Er war Fabrikant in Hamburg – im Stadtteil Rothenburgsort ließ er Elektromotoren herstellen – und passionierter Angler. Im Jahr 1920 kaufte Johannes Albrecht auch den Lütjensee von der Stadt Wandsbek, die damals noch Stormarns Kreisstadt war.
Auch interessant
- Den Weihnachtsbaum selbst schlagen: Die Adressen in Stormarn
- Ahrensburger Verein wählt Lachmöwe zum Seevogel des Jahres 2025
- A1 wird im Keuz Bargteheide zweieinhalb Tage komplett gesperrt
Sein Sohn Robert ließ sich am See ein Wochenendhäuschen bauen, in dem er 1949 ein Restaurant einrichtete. Anfangs hatte der Gastraum gerade mal 20 Plätze. Weil das Lokal sowohl bei Einheimischen als auch bei Ausflüglern sehr beliebt war, wurde es mehrfach erweitert. Innen gab es bald Platz für 120 Gäste, weitere 80 Besucher konnten im Sommer auf der Terrasse sitzen.
Fischerklause Lütjensee: 1980 zerstörte ein Großbrand das Gebäude weitgehend
Mit Klaus und Ingeborg Albrecht stieg 1973 die nächste Generation ins Geschäft ein. Sie meisterten auch einen schweren Rückschlag: Ein Großbrand vernichtete das Gebäude am 14. Oktober 1980 weitgehend. Die Eigentümer bauten die Fischerklause neu auf und konnten sie am 27. Mai 1981 wiedereröffnen. Bis 2009 führten Klaus und Ingeborg Albrecht den Betrieb, ehe sie in den Ruhestand gingen.
Tochter Claudia Albrecht, die zuvor bereits neun Jahre das Restaurant geleitet hatte, kehrte nach mehreren beruflichen Stationen in anderen Städten aus dem Berliner Steigenberger-Hotel in ihre Heimat zurück. Die Sommelière übernahm mit ihrem damaligen Mann Gerhard Retter, einem auch aus dem TV (Juror bei „Grill den Henssler“) bekannten Koch und Sommelier, die Fischerklause. Sie renovierten das Restaurant so, dass es sowohl den häufig über Jahrzehnte treuen Stammgästen als auch jungen Leuten unter 30 gefallen sollte. Zudem verfeinerten die beiden Fachleute die ohnehin schon erlesene Weinkarte.
Video vom Wolf auf dem zugefrorenen Lütjensee sorgte für Schlagzeilen
Weit über den Norden hinaus bekannt wurde das Gasthaus im Winter 2018: Claudia Albrecht sah an einem verschneiten Februartag, wie ein Wolf über den zugefrorenen Lütjensee lief. Reaktionsschnell drehte sie Videos mit ihrem Smartphone, die sich online schnell verbreiteten. Und das Restaurant erweiterte die Karte passend zum „Wolf-Watching“ um Wolfsbarsch.
Die Schwierigkeit, ausreichend Personal an dem mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwerlich zu erreichenden Lütjensee zu finden, hatte bereits ein anderes Traditionsrestaurant zur Aufgabe gebracht. Der seit 1946 von der Familie Stolze betriebene Seehof musste bereits 2017 die Öffnungszeiten deutlich kürzen und schloss später ganz. Mittlerweile ist dort ein Seminar- und Tagungszentrum zu finden.
Interessenten können auch den 33,5 Hektar großen Lütjensee kaufen
Welchen Weg die Fischerklause geht, ist ungewiss. „Das Ensemble wird frei von Pachtverträgen übergeben und bietet eine vielfältige Nutzungsmöglichkeit“, schreibt Engel & Voelkers. Den circa 33,5 Hektar großen See könnten Interessenten optional als eigenes Flurstück erwerben.
Unabhängig von einem möglichen Verkauf sind in diesem Monat noch zwei große Feiern geplant. Am Montag, 23. Dezember, steigt ab 18 Uhr die nächste After-Work-Party im Bootshaus. Und am Mittwoch, 25. Dezember, wird die Fischerklause ab 20 Uhr bei einer Ü30-Party zur Disco mit zwei Dancefloors und Tombola. Der Eintritt kostet 12 Euro im Vorverlauf und 15 Euro an der Abendkasse.