Wesenberg. Auto & Freizeit Nord an der A1 in finanzieller Schieflage. Was der Insolvenzverwalter sagt und was die Verbraucherzentrale rät.

Anfang November musste Auto & Freizeit Nord, einer der größten Händler für Wohnmobile und Wohnwagen im Norden, mit Sitz an der A1-Anschlussstelle Reinfeld überraschend Insolvenz anmelden. Nicht nur die rund 60 Mitarbeiter blicken seitdem in eine ungewisse Zukunft. Auch Kunden, die noch auf die Auslieferung ihres Wohnmobils warten, stehen bange Wochen bevor. Sie müssen ihre geleisteten Anzahlungen sehr wahrscheinlich zum größten Teil abschreiben.

„Die Betriebe werden derzeit vollumfänglich fortgeführt“, sagt Christoph Morgen, Rechtsanwalt und Steuerberater aus Hamburg, der durch das Amtsgericht Lübeck zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt wurde. Auch der Werkstattbetrieb laufe uneingeschränkt weiter.

Wohnmobilhändler Auto & Freizeit Nord insolvent: Die Folgen für Kunden

„Kunden, die jetzt ein Fahrzeug bestellen, können sich sicher sein, dieses auch zu erhalten“, sagt Morgen. Etwaige Anzahlungen würden auf einem Treuhandkonto verwahrt. „Herstellergarantie wird in vollen Umfang gegeben.“ Schlecht sieht es hingegen für Kunden aus, die bereits vor dem Insolvenzantrag einen Kaufvertrag mit der Auto & Freizeit Nord GmbH oder den ebenfalls von der Pleite betroffenen Schwestergesellschaften Caravan & Reisemobil Center Reinfeld GmbH und Caravan & Reisemobile Asia Export GmbH geschlossen haben.

Insbesondere, wer bereits Anzahlungen geleistet, aber das Fahrzeug noch nicht erhalten hat, schaut wohl in die Röhre. Betroffene Kunden hätten kaum Möglichkeiten, noch an das bestellte und zu Teilen bereits bezahlte Wohnmobil oder den Wohnwagen zu kommen, erklärt Katrin Reinhardt, Juristin im Rechtsreferat der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Alle Vermögenswerte, die sich an einem Stichtag im Eigentum des insolventen Unternehmens befinden, darunter auch Fahrzeuge, gingen in der Regel in die Insolvenzmasse über.

Verbraucherzentrale: Insolvenzverwalter ist für Kunden erster Ansprechpartner

„Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ist der Insolvenzverwalter für betroffene Kunden der erste Ansprechpartner“, erklärt die Expertin. Er entscheide, ob bestehende Verträge noch erfüllt werden, also in diesem Fall, ob die Fahrzeuge noch ausgeliefert werden. „Betroffene sollten das Gespräch suchen. Teilweise gibt es noch Möglichkeiten“, empfiehlt Reinhardt. „Ein Insolvenzverfahren bedeutet oft nicht gleich eine komplette Geschäftsaufgabe.“

Sei noch keine Anzahlung erfolgt und könne oder wolle das insolvente Unternehmen nicht liefern, sei es für Kunden möglich, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Seien hingegen bereits Teile der Summe oder gar der vollständige Kaufpreis überwiesen, bleibe Betroffenen nur, ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden.

Betroffene erhalten wohl auch im günstigsten Fall nur kleinen Teil ihres Geldes zurück

„Alle bekannten Gläubiger werden durch den Insolvenzverwalter benachrichtigt, sobald es möglich ist, Forderungen anzumelden“, so Reinhardt. Wer sichergehen wolle, erkundige sich selbst. „Es schadet nicht, das weitere Verfahren im Auge zu behalten, um keine Fristen zu verpassen.“

Selbst im günstigsten Fall erhielten Kunden meist aber nur einen kleinen Teil ihrer Forderungen erstattet. „Der Erlös aus den verbliebenen Vermögenswerten des insolventen Unternehmens wird prozentual entsprechend der ihnen zustehenden Beträge unter den Gläubigern aufgeteilt“, erklärt die Juristin. Heißt: Diejenigen Gläubiger mit den größten Forderungen erhalten das größte Stück vom Kuchen.

In der Branche sind Anzahlungen in Höhe von bis zu 40 Prozent des Kaufpreises üblich

„Angesichts der Höhe der Beträge, um die es in der Branche geht, kann das sehr schmerzhaft sein“, sagt Reinhardt. Bei Neukaufpreisen für ein Wohnmobil zwischen 40.000 und 100.000 Euro sind laut der Fachzeitschrift „promobil“ teilweise Anzahlungen von bis zu 40 Prozent üblich.

Reinhardt bestätigt die Aussage von Insolvenzverwalter Morgen, wonach künftige Fahrzeugkäufe erst einmal nicht von der Insolvenz betroffen sind. Verträge und Geschäfte, die nach Beginn des Insolvenzverfahrens geschlossen wurden, seien nicht Teil der Insolvenzmasse.

Verbraucherzentrale rät grundsätzlich zur Vorsicht bei Anzahlungen

Die Expertin rät dennoch zur Vorsicht. „Auch, wenn der Insolvenzverwalter sagt, dass bestellte Fahrzeuge geliefert werden, ist von Vereinbarungen, die Anzahlungen im Voraus beinhalten, abzuraten“, sagt Reinhardt. Die Juristin empfiehlt grundsätzlich, bei hohen Anzahlungen kritisch zu sein und die Händler vorher genau zu überprüfen, etwa anhand von Bewertungen und Erfahrungsberichten.

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Wie viele Kunden von Auto & Freizeit Nord derzeit noch auf die Auslieferung ihres bereits in Teilen bezahlten Wohnmobils warten, will Christoph Morgen auf Anfrage nicht genau beantworten. Der Insolvenzverwalter spricht von „einer niedrigen, zweistelligen Zahl“.

Insolvenzverwalter will für die betroffenen Kunden eine Lösung finden

Gemeinsam mit der Geschäftsführung bemühe er sich aktuell darum, für diese Kunden eine Lösung zu finden. „Im Falle nur geringfügiger Anzahlungen stehen wir im Austausch mit den Herstellern, ob diese das Fahrzeug mit entsprechendem Rabatt liefern, sodass noch eine Auslieferung erfolgen kann“, sagt Morgen.

Für Betroffene sei eine solche Einigung durchaus ein Ausweg, sagt Katrin Reinhardt. Doch auch hier sei Vorsicht geboten. „In jedem Fall sollten Kunden keine weiteren Anzahlungen leisten, sondern darauf bestehen, den Restkaufpreis erst bei der Übergabe des Fahrzeugs zu bezahlen“, rät die Juristin.

Auto & Freizeit Nord expandierte 2022 für 8,5 Millionen Euro an der A1

Auto & Freizeit Nord, 1998 von Geschäftsführer Horst Spietz in Eutin (Kreis Ostholstein) gegründet, war erst Ende 2022 in das neue, 40.000 Quadratmeter große Stammhaus direkt an der A1 bei Reinfeld umgezogen. Rund 8,5 Millionen Euro hat das Unternehmen in den Standort am Stubbendorfer Ring investiert.

Seit 2018 betrieb das Unternehmen im Gewerbegebiet Reinfeld/Stubbendorf als zweiten Standort bereits das „Caravan & Reisemobil Centrum“. Die Kunden kamen laut Spiertz nicht nur aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg, sondern auch aus Hannover und Berlin. Aufgrund der verkehrsgünstigen Lage zog Ende 2022 schließlich auch der Hauptstandort an die A1 um, in direkte Nachbarschaft der bisherigen Zweigstelle.

Der Camping- und Caravaning-Boom der Corona-Jahre ist inzwischen vorbei

Die Camping- und Caravaningbranche erlebte damals als Folge der Corona-Pandemie, während der Flugreisen kaum möglich waren, einen regelrechten Boom. Mit der 2019 gegründeten Caravan & Reisemobile Asia Export GmbH wollte das Unternehmen auch auf dem asiatischen Campingmarkt Fuß fassen, insbesondere in Südkorea.

Doch der Boom ist inzwischen vorbei. Nach dem Ende der Pandemie scheinen sich die Kunden wieder zunehmend anderen Reiseformen zuzuwenden. Fachmagazine berichten seit dem Jahresanfang über erhebliche Absatzrückgänge bei großen Herstellern.

Eine dauerhafte Betriebsfortführung ist nur mit Investoren möglich

Die beiden größten Hersteller, die Knaus Tabbert AG aus dem bayrischen Jandelsbrunn und die französische Trigano-Gruppe, gaben zuletzt Gewinnwarnungen heraus. Knaus Tabbert hat darüber hinaus Mitte November die Produktion an zwei Standorten bis zum Jahresende pausiert.

Wie die Chancen einer Sanierung für Auto & Freizeit Nord und die beiden Schwestergesellschaften stehen, ist unklar. Laut Insolvenzverwalter Christoph Morgen soll das Insolvenzverfahren voraussichtlich am 1. Januar förmlich eröffnet werden. Die Gehälter der rund 60 Mitarbeiter seien über das Insolvenzausfallgeld bis mindestens Ende des Jahres gesichert.

Eine dauerhafte Betriebsfortführung werde aber nur möglich sein, wenn Investoren gefunden werden könnten, so Morgen, der sich in diesem Punkt optimistisch gibt. „Wir sind bereits mit ersten Interessenten im Austausch.“