Ahrensburg. Wegbrechende Märkte in Osteuropa bedrohen international tätiges Recyclingunternehmen. Aber es gibt einen Plan – und Hoffnung.
Den 460 Beschäftigten der Soex-Gruppe in Deutschland stehen auf der Zielgeraden des zu Ende gehenden Jahres unruhige Wochen bevor. Anfang Oktober hat die Recyclingfirma mit Hauptsitz in Ahrensburg beim zuständigen Amtsgericht in Reinbek Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Die Turbulenzen waren auch an vielen Standorten der firmeneigenen Container zu spüren, in denen vor allem Altkleider und Schuhe gesammelt werden: Weil es zu Problemen mit der Abfuhr gekommen ist, quollen diese teilweise über, und die Alttextilien verteilten sich im Umfeld.
„Nach zahlreichen Gesprächen mit Dienstleistern und Lieferanten werden die Container inzwischen wieder regelmäßig entleert“, so ein Soex-Sprecher. Allerdings müsse „die übliche Grippe- und Krankenquote zu dieser Jahreszeit“ berücksichtigt werden. Die Container würden üblicherweise wöchentlich oder zweiwöchentlich geleert, bei Informationen über volle Container wo immer möglich auch unmittelbar.
Soex hat 675 Altkleidercontainer in Schleswig-Holstein aufgestellt
Insgesamt 675 Altkleidersammelbehälter hat das Unternehmen im Süden Schleswig-Holsteins aufgestellt, davon allerdings nur 44 in Stormarn. Das Gros findet sich hingegen in der Hansestadt Lübeck (250) und in Ostholstein (220). Der Rest verteilt sich auf die Kreise Segeberg (75) und das Herzogtum Lauenburg (68).
Soex ist indes auch Kooperationspartner für andere Organisationen wie das DRK, den ASB und den Zweckverband Ostholstein. Die Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH), die die Abfallentsorgung für die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg organisiert, gehört jedoch nicht dazu. Die AWSH hat dort 232 eigene Container aufgestellt.
Recyclingfirma droht die Insolvenz – 130 Mitarbeiten in Ahrensburg betroffen
Soex, 1977 als Handelsunternehmen für Autos und Textilien in Nordrhein-Westfalen gegründet, war 1982 erst nach Bad Oldesloe gezogen und siedelte sich 2015 in Ahrensburg an. In der Schlossstadt sind 130 Mitarbeiter bei der Soex Textilverwertungsgesellschaft beschäftigt und weitere 17 bei der I:Collect GmbH.
Ins Insolvenzverfahren eingeschlossen sind ebenso mehr als 300 Beschäftigte zweier weiterer Subunternehmen in Sachsen-Anhalt, die Soex Processing Germany GmbH und die die Soex Recycling Germany GmbH, die beide in Bitterfeld-Wolfen ansässig sind. Nicht betroffen ist hingegen die Tochterfirma Soex Processing Middle East in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo weitere 500 Mitarbeiter pro Tag bis zu 140 Tonnen neue und gebrauchte Textilien und Schuhe sortieren und aufbereiten.
Soex aus Ahrensburg: Tochterfirma in den Emiraten hat 500 Mitarbeiter
Unterdessen wird der Geschäftsbetrieb auch in den deutschen Dependancen uneingeschränkt fortgeführt. „Löhne und Gehälter sind bis einschließlich November 2024 abgesichert. Die Belegschaft ist darüber informiert, dass wir das Zukunftskonzept von Soex mit einem neuen Investor forcieren wollen“, erläutert Oliver Dankert, einer von zwei Sanierungsexperten der renommierten Sozietät Görg, die die Geschäftsführung vorübergehend verstärken.
Der Insolvenzantrag ist notwendig geworden, nachdem traditionelle Märkte in Osteuropa weggebrochen sind, während Wettbewerber aus Asien die Märkte mit ihren Überkapazitäten massiv unter Druck setzen. Dies hatte bei Soex kurzfristig zu außergewöhnlichen Ertrags- und Liquiditätseinbußen geführt.
Soex: Intensive Verhandlungen mit halbem Dutzend Investoren
Das Unternehmen, das zuletzt einen Jahresumsatz von rund 60 Millionen Euro auswies, ist nun auf der Suche nach Investoren. Abendblatt-Informationen zufolge führt die Geschäftsführung derzeit Verhandlungen mit „mehr als einem halben Dutzend“ Interessenten, die bei Soex einsteigen wollen. Deshalb ist der Optimismus groß, die momentanen Probleme lösen zu können.
Auch interessant
- Reinbek: Kathy Kelly von der Kelly Family singt für Andreas Ellermann
- A1 wird 59 Stunden voll gesperrt: Das sind die Umleitungen
- Betrunkene Autofahrerin will sich von Polizei nach Hause kutschieren lassen
Soex setzt dabei auf seine mehr als 40-jährige Erfahrung im Recyclinggeschäft. Kernpunkt der Unternehmensphilosophie sei es, eine echte Kreislaufwirtschaft zu schaffen, bei der Textilien und Schuhe möglichst vollständig wiederverwertet werden, anstatt auf Deponien zu landen oder verbrannt zu werden. Mit diesen Dienstleistungen trage Soex dazu bei, Textilabfälle zu reduzieren und nachhaltige Recyclingmethoden zu fördern.
„Auf anstehende gesetzliche Entwicklungen wie die geplante erweiterte Herstellerverantwortung in der EU oder die Einführung getrennter Textilsammlungen ab 2025 sind wir mit unserem Zukunftskonzept gut vorbereitet“, sagt Geschäftsführer Fred Ponath. Er sehe durch die fortschrittlichen Sortier- und Recyclingtechnologien von Soex „eine Chance für weiteres Wachstum im Bereich des nachhaltigen Textilrecyclings“ sowie den Ausbau der Marktstellung des Unternehmens.