Wesenberg. Auto & Freizeit Nord GmbH, Sitz in Wesenberg, und zwei zugehörige Gesellschaften in finanzieller Schieflage. 60 Mitarbeiter betroffen.

  • Die Auto & Freizeit Nord GmbH ist insolvent
  • Rund 8,5 Millionen Euro hatte Unternehmen in Standort am Stubbendorfer Ring investiert
  • Unternehmen galt als Experte in Sachen Camping

Einer der größten Händler von Wohnwagen und Wohnmobilen im Norden, die Auto & Freizeit Nord GmbH, ist insolvent. Für das Unternehmen mit Sitz in der Gemeinde Wesenberg bei Reinfeld sei ebenso wie für die Schwestergesellschaften Caravan & Reisemobil Center Reinfeld GmbH sowie Caravan & Reisemobile Export Asia GmbH ein Insolvenzantrag beim Amtsgericht Lübeck gestellt worden, bestätigt Christoph Morgen auf Anfrage unserer Redaktion.

Der Rechtsanwalt und Steuerberater von der Hamburger Kanzlei Brinkmann und Partner wurde durch das Gericht zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. „Die Geschäftsführung und ich streben an, den Geschäftsbetrieb im Antragsverfahren vollumfänglich aufrechtzuerhalten“, sagt Morgen. Die Gehälter der rund 60 Mitarbeiter seien über das Insolvenzausfallgeld bis mindestens Ende des Jahres gesichert.

Wohnmobile: Großer Händler Auto & Freizeit Nord an der A1 ist insolvent

Die Pleite kommt überraschend. Erst Ende 2022 war Auto & Freizeit Nord von Eutin (Kreis Ostholstein) in das 40.000 Quadratmeter große Stammhaus direkt an der A1-Anschlussstelle Reinfeld umgezogen. Rund 8,5 Millionen Euro hat das Unternehmen in den Standort am Stubbendorfer Ring investiert.

Firmengründer und Geschäftsführer Horst Spiertz schwärmte von einem „Paradies für mobile Urlaubsfreuden“, das im Gewerbegebiet Reinfeld/Stubbendorf entstanden sei. Spiertz hat Auto & Freizeit Nord zusammen mit seinem Geschäftspartner Reiner Lemke in Eutin gegründet. Mit sieben Wohnwagen und 20 Pkw starteten sie in die Selbstständigkeit.

Die Kunden kamen auch aus Niedersachsen und Berlin nach Wesenberg

Schnell machten sie sich einen Namen als Spezialisten im mobilen Freizeitsektor. Vor dem Umzug an die A1 präsentierte das Unternehmen in Ostholsteins Kreisstadt auf rund 16.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche mehr als 200 Wohnwagen und Reisemobile der Knaus-Tabbert-Gruppe sowie Gebrauchtwagen. 2018 expandierten die Unternehmer und eröffneten im Gewerbegebiet Reinfeld/Stubbendorf als zweiten Standort das „Caravan & Reisemobil Centrum“. Es bietet acht Marken der Trigano-Gruppe unter einem Dach an.

Der Unternehmer Horst Spiertz ist Geschäftsführer der Auto & Freizeit Nord GmbH.
Der Unternehmer Horst Spiertz ist Geschäftsführer der Auto & Freizeit Nord GmbH. © Auto & Freizeit Nord | Auto & Freizeit Nord

Auch wegen der verkehrsgünstigen Lage zwischen der Metropole Hamburg und der Urlaubsregion an der Ostseeküste habe sich die Niederlassung mit einer Ausstellungsfläche von 15.000 Quadratmetern ad hoc zu einer Top-Adresse für Camping-Begeisterte entwickelt, so Spiertz. „Die Kunden kommen nicht nur aus ganz Schleswig-Holstein und Hamburg, sondern auch aus Hannover und Berlin zu uns“, sagte der Geschäftsführer.

Infolge der Corona-Pandemie erlebte die Camping-Branche einen Boom

Im Sommer 2022 zog sich Lemke, der die Planungen für den neuen Firmensitz noch mit auf den Weg gebracht hatte, aus dem operativen Geschäft zurück. Im Herbst erfolgte dann der Umzug nach Stormarn, in direkte Nachbarschaft der bisherigen Zweigstelle.

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Der Neubau war für Geschäftsführer Spiertz ein „persönlicher Meilenstein“. Zweifel an den ehrgeizigen Plänen habe er nie gehabt. „Wenn ich mir in meinem Leben etwas vorgenommen habe, dann habe ich es auch stets durchgezogen“, sagte der Unternehmer kurz vor der Eröffnung im Gespräch mit unserer Redaktion. Zu dieser Zeit erlebte die Camping- und Caravaningbranche auch als Folge der Corona-Pandemie, während der Flugreisen kaum möglich waren, einen regelrechten Boom.

Große Hersteller geben nach Absatzrückgängen Gewinnwarnungen heraus

Mit der 2019 gegründeten Caravan & Reisemobile Asia Export GmbH wollte das Unternehmen auch auf dem asiatischen Campingmarkt Fuß fassen, insbesondere in Südkorea. Offenbar waren Spiertz‘ Pläne zu ambitioniert. Was genau die Gründe dafür sind, dass die drei Firmen in finanzielle Schieflage geraten sind, ist unklar. Spiertz war am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Der Boom in der Campingbranche scheint jedenfalls vorbei. Im Gegenteil, Fachmagazine berichten seit dem Jahresanfang über erhebliche Absatzrückgänge bei großen Herstellern. Die beiden größten Anbieter, die Knaus Tabbert AG aus dem bayrischen Jandelsbrunn und die französische Trigano-Gruppe, gaben zuletzt Gewinnwarnungen heraus. Nach dem Ende der Pandemie scheinen sich die Kunden wieder zunehmend anderen Reiseformen zuzuwenden.

Insolvenzverwalter kann noch keine Prognose zur Zukunft der Unternehmen abgeben

Wie es mit Auto & Freizeit Nord und den beiden Schwestergesellschaften weitergeht, ist unklar. Eine Prognose, wie die Chancen einer Sanierung der drei Unternehmen stehen, möchte Insolvenzverwalter Morgen noch nicht abgeben. „Da ich erst seit Montag bestellt bin, kann ich diese noch nicht beurteilen. Gemeinsam mit dem Geschäftsführer werde ich diese in enger Abstimmung mit den Lieferanten und den Finanzierern prüfen“, sagt der Rechtsanwalt.