Bargteheide. Politik beschließt nach Gutachten Ersatzbauten am Nelkenweg in Bargteheide. Nun stehen Gespräche mit den Bewohnern an.

  • Die Seniorenwohnanlage am Nelkenweg in Bargteheide soll abgerissen werden
  • Politik spricht sich mehrheitlich für Neubauten als Ersatz aus
  • Für die Bewohner müssen jetzt Lösungen gefunden werden

Wie geht es weiter mit der Wohnanlage am Nelkenweg in der Blumensiedlung in Bargteheide? Diese Frage treibt seit Monaten viele alleinstehende Senioren und Geflüchtete um, die in den beiden zweistöckigen Blöcken unweit des Ostrings wohnen. Sanierung oder Abriss und Neubau, darüber wurde in der Kommunalpolitik bereits im Frühjahr 2022 mit Verve diskutiert. Ohne sich aber auf eine der beiden Optionen verständigen zu können. Entscheidungshilfe erhofften sich alle Beteiligten von einer Bauzustandsanalyse. Die ist jetzt im Bauausschuss vorgestellt worden. Mit einem eindeutigen Ergebnis.

„Nach meiner Einschätzung weist der 1965 entstandene Komplex einen massiven Instandsetzungs- und Modernisierungsstau auf“, sagt Gutachter Rüdiger F. Solvie. Erschwerend hinzu komme, dass die vorhandene Ausführung bei Weitem nicht mehr dem aktuellen Stand der Bautechnik entspreche. Weder im Hinblick auf den Wohnkomfort noch auf die Grundrisse sowie die heutzutage geforderte Barrierefreiheit.

Bargteheide: Seniorenwohnanlage soll abgerissen werden – was wird aus den Mietern?

Problematisch sei zudem, dass die gegenwärtige Bebauung das Potenzial des Grundstücks völlig unzureichend ausnutze. „Von Insgesamt 3700 Quadratmetern sind nur 835 bebaut, das ist nach heutigen Maßstäben viel zu wenig“, erklärt Solvie. Zumal allein die Laubengänge als Wohnungszuläufe rund ein Drittel der Fläche beanspruchten.

Wohnanlage Nelkenweg Bargteheide
Die beiden Blöcke in der Blumensiedlung aus der Vogelperspektive. © HA | Manfred Giese

Nach Solvies Berechnungen kostet eine reine Instandsetzung ohne Wohnflächengewinn 3,27 Millionen Euro, eine Instandsetzung mit Dachausbau in Wohnungen 5,39 Millionen und eine Instandsetzung mit Aufstockung 7,25 Millionen. Während er einen Abriss mit Neubau auf etwa 13,5 Millionen Euro bezifferte.

Nelkenweg Bargteheide: Wohnraumangebot kann mehr als verdoppelt werden

„Aus den genannten Gründen wäre ein vollständiger Abriss der Bestandsbauten und ein Neubau aber am wirtschaftlichsten“, so der Hamburger Architekt. Durch einen neuen Aufriss und eine Aufstockung um ein weiteres Voll-, sowie ein Staffelgeschoss könne das bisherige Wohnraumangebot mehr als verdoppelt werden, so die Schätzung des Bausachverständigen.

Für die CDU-Fraktion bestätigte die nun vorgelegte Bauzustandsanalyse im Grunde nur, was vielen schon seit Jahren bewusst gewesen sei. „Es macht wenig Sinn, noch mehr Geld in die marode Wohnanlage zu investieren. Durch das Drängen auf das Gutachten haben wir wertvolle Zeit verloren und könnten schon viel weiter sein“, sagt Matthias Schulze Isfort.

Seniorenwohnanlage Bargteheide: Grüne beharrten bis zuletzt auf einer Sanierung des Altbaus

Ein Seitenhieb in Richtung der Grünen, die sogar eine noch deutlich aufwendigere Lebenszyklusanalyse gefordert hatten. Mit Blick auf die beschlossenen Bauleitlinien der Stadt und die in den Gebäuden bereits gebundene graue Energie für die Materialherstellung, den Transport und den Bau beharrten sie bislang auf einer Sanierung.

Selbst dann noch, als Solvies Zahlen, Daten und Fakten längst auf dem Tisch lagen. Als durch die Debatte im Bauausschuss aber klar wurde, dass sich für ihre Position keine Mehrheit finden lassen würde, lenkten die Grünen dann doch ein. Allerdings erst nach einer fünfminütigen Sitzungsunterbrechung für eine interne Fraktionsberatung.

Nelkenweg Bargteheide: Stadtwerke sollen bei dem Projekt Regie übernehmen

Schlussendlich wurde ein Beschlussvorschlag der CDU einstimmig angenommen, wonach die Stadtwerke mit Abriss und Neubau unter Maßgabe einer „optimalen Ausnutzung des Grundstücks“ beauftragt werden sollen. Dass die Grünen dann noch mal Anstoß an dem Wörtchen optimal nahmen, wurde wahlweise mit Kopfschütteln oder Augenrollen quittiert.

SPD und der Wählergemeinschaft für Bargteheide (WfB) war unterdessen wichtig, dass die Bewohner rechtzeitig ins Boot geholt werden und ihnen preislich adäquate Alternativen angeboten werden. Nach Informationen des städtischen Bauamtschefs Sven Dutschmann soll es bereits Gespräche mit allen Mietern gegeben haben.

Bargteheide Nelkenweg: Aktuell sind nur noch 13 von 25 Wohnungen regulär vermietet

Nach Angaben der Verwaltung sind aktuell noch 13 Wohnungen regulär vermietet, insbesondere an alleinstehende Senioren mit geringem Einkommen. Weitere zwölf der insgesamt 25 Wohnungen werden aktuell von Geflüchteten bewohnt.

Laut Bürgermeisterin Gabriele Hettwer eröffnet sich schon in der ersten Hälfte des kommenden Jahres die Möglichkeit, den Senioren attraktiven Wohnraum im neuen Quartier Am Maisfeld anbieten zu können, das im ersten Quartal 2025 fertiggestellt werden soll. „Da die Wohnungen von der Stadt vergeben werden, gäbe es dort eine gute Alternative“, so Hettwer. Bekanntlich entstehen Am Maisfeld insgesamt 76 Wohneinheiten verschiedener Größe, von denen 58 als Sozialwohnungen geplant sind.

Seniorenwohanlage am Nelkenweg: Mietern werden neue Wohnungen am Maisfeld angeboten

„Neun Mietparteien aus dem Nelkenweg wären bereit, dorthin zu ziehen, vier haben sich noch nicht entschieden“, berichtet Sven Dutschmann. Hier werde es weitere Gespräche geben. Den umzugsbereiten Mietern würden jetzt zeitnah individuelle Wohnungsangebote unterbreitet. „Bei einer Übereinkunft werden dann bereits die neuen Mietverträge geschlossen“, so Dutschmann.

Anders sieht es im Fall der Geflüchteten aus. Sie sollen in anderen städtischen Unterkünften sowie in angemieteten Wohnungen und Häusern untergebracht werden. Dazu könnte im Frühjahr auch das von der Stadt im Mai dieses Jahres gekaufte ehemalige Hotel Papendoor gehören. „Hier bedarf es aber erst noch einer Genehmigung der Bauaufsicht des Kreises, so Dutschmann.

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Zwar scheuen viele der Senioren den nunmehr unvermeidlichen Auszug aus der Wohnanlage am Nelkenweg, wo etliche von ihnen zum Teil bereits seit Jahrzehnten zu Hause sind. Doch gibt es für sie auch eine positive Nachricht: Auf Anfrage dieser Redaktion bestätigte die Stadtverwaltung, dass sich die bislang gezahlte Gesamtmiete nach dem Umzug in die neuen, modernen Wohnungen am Maisfeld nicht erhöhen wird.

Überdies besteht die Option, dass die Senioren nach der Fertigstellung des Neubaus am Nelkenweg zurückziehen könnten. Bis feststeht, wie viele Wohnungen dort in welcher Ausführung und zu welchem Mietpreis entstehen, dürfte jedoch noch geraume Zeit vergehen.