Glinde. Investor lässt vier Linden in Glinde abholzen. Bürger alarmieren Politiker, der die Polizei einschaltet. Was die Stadtverwaltung sagt.

Spaziergänger wunderten sich, als vor Kurzem vier Linden gefällt wurden am Glinder Mühlenteich. Auf dem Grundstück, wo gerade ein Komplex mit acht Luxuswohnungen entsteht. Künftige Mieter haben nun einen besseren Blick aufs Wasser. Die Aufregung war groß. „Mich haben Bürger angerufen und Baumfrevel vermutet“, sagt Peter Michael Geierhaas, umweltpolitischer Sprecher der SPD. Er selbst war im ersten Moment auch geschockt, informierte die Polizei und bat darum, der Sache nachzugehen. Der 75-Jährige ist Mitglied im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, zog einen Experten des Vereins hinzu, der sich vor Ort ein Bild machte. Nicht zu vergessen die Nachfrage bei der Stadtverwaltung. Der Senior wollte sichergehen, dass alles korrekt abgelaufen ist.

Inzwischen hat Geierhaas das Thema hinter sich gelassen. Befürchtungen einer gesetzeswidrigen Handlung haben sich nicht bestätigt. Die Bäume waren massiv vom Brandkrustenpilz befallen. Dieser zählt zu den gefährlichsten holzabbauenden Pilzarten, zerstört langsam und im Verborgenen Wurzeln und Stammgrund. Im Holz entwickelt sich eine Moderfäule, die es brüchig macht. Ein befallener Baum kann ohne Vorwarnung umstürzen und im schlimmsten Fall Menschen erschlagen.

Villa Bode Glinde: Bäume vor Luxuswohnungen am See gefällt

In Glinde sind die Stämme ausgehöhlt und morsch gewesen, davon kann sich jeder überzeugen. Die Stümpfe befinden sich vor dem Bauzaun direkt am öffentlichen Grund. Selbst ein Laie erkennt, dass die Zerstörung weit fortgeschritten war. „Die Stand- und Bruchsicherheit war gefährdet, das Fällen gerade wegen der Lage am Gehweg unumgänglich“, sagt Rathausmitarbeiterin Stina Harbeck. Sie ist im Amt für Bauen, Stadtentwicklung und Umwelt tätig, genehmigte den Antrag des Investors. „Ich habe die untere Naturschutzbehörde hinzugezogen, sie hat den Brandkrustenpilz bestätigt.“ Eine Ersatzpflanzung werde nach Ende des Bauvorhabens vorgenommen. Die Stadtverwaltung wird zu gegebener Zeit mit dem Eigner besprechen, an welcher Stelle des Grundstücks das ökologisch sinnvoll ist.

Glinde
Ein Blick auf den Stumpf einer gefällten Linde am Mühlenteich. Er ist ausgehöhlt. Der Baum war massiv vom Brandkrustenpilz befallen. © René Soukup | René Soukup

Dass die Sache ein Geschmäckle habe, sei auch sein erster Gedanke gewesen, sagt ein älterer Herr, mit dem diese Redaktion vor dem Gebäude ins Gespräch kommt. Er habe dann durch Umweltschützer von der Notwendigkeit der Fällungen erfahren. Seine beiden Begleitpersonen nicken mit dem Kopf. Auch sie hatten Bedenken. Letztlich wurde viel Wirbel um nichts gemacht. „Aber ich finde es positiv, dass Menschen aufmerksam durch die Gegend gehen“, betont SPD-Politiker Geierhaas.

Auf dem Grundstück war früher das Restaurant San Lorenzo

Das 1317 Quadratmeter große Grundstück in bester Lage am Mühlenteich gehört dem Aumühler Bauingenieur Holger Heidenreich, allerdings nur noch für kurze Zeit. Die 1887 errichtete Villa Bode, einst Dorfkrug und Bio-Lokal, hat er abgerissen. In der Immobilie war zuletzt das bekannte italienische Restaurant San Lorenzo beheimatet, der Betreiber Giuseppe Dellavecchia wohnte auch dort. Der Gastronom hatte das Objekt 2007 erworben, trat zehn Jahre später an die Stadt heran zwecks Vergrößerung. Einen ersten Entwurf lehnte die Politik ab. Daraufhin verkleinerte der Unternehmer die Grundfläche, der Bebauungsplan wurde im Januar 2021 verabschiedet. Man wollte Dellavecchia damit eine Perspektive bieten.

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Mit dem Wissen, dass die Villa an Heidenreich veräußert wird, hätten die Parteienvertreter den B-Plan nie aufgestellt. Ohne diesen wäre ein neues Haus ausgeschlossen gewesen. Die Wut war groß, als sieben Monate später bekannt wurde, dass der Geschäftsmann den Gourmet-Tempel für immer schließt und das Gebäude bereits verkauft ist. Als Grund nannte Dellavecchia den Verlust von Personal während der Corona-Pandemie und keinen passenden Ersatz zu finden.

Neubau ist voluminöser als abgerissene Villa Bode

Der jetzige Eigner investiert rund 5,5 Millionen Euro in sein Bauprojekt. In dem Dreigeschosser gibt es acht Luxuswohnungen zur Miete, die zwischen 81 und 175 Quadratmeter groß sind bei 2,65 Meter Raumhöhe. Das Objekt wird mit dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) zertifiziert und im KfW-40-Standard erstellt, verfügt über eine Tiefgarage. Außenstellplätze sind nicht vorhanden. 60 Solarmodule kommen auf das begrünte Dach, Energie liefert zudem eine Luftwärmepumpe. Das Gebäude ähnelt der Villa Bode, ist jedoch voluminöser.

Der Neubau ist inzwischen komplett mit einer 20-Zentimeter-Dämmschicht aus Schaumstoff versehen. Der Putz muss noch aufgetragen werden, danach erfolgt der Anstrich. „Drinnen sind jetzt Maler und Fliesenleger beschäftigt. Im Dezember ist das Projekt abgeschlossen“, sagt Heidenreich. Er hat die Immobilie weiterverkauft an einen Hamburger Investor mit der Vereinbarung, den Komplex zu errichten. Die Klausel zur Weitergabe greift mit der Fertigstellung. Ursprünglich wollte der Aumühler Eigentumswohnungen selbst an den Mann bringen. Das Angebot für die Planänderung ist offenbar sehr lukrativ gewesen.

Die Mietwohnungen werden noch nicht auf dem Markt angeboten. In Sachen Bestandshalter hüllt sich Heidenreich nach wie vor in Schweigen. Auch Makler und Personen mit profunden Kenntnissen in der Immobranche aus der Region wissen nicht, an wen der Ingenieur veräußert hat. Diese Redaktion fragte an mehreren Stellen nach. Laut Heidenreich sind 16 bis 20 Euro kalt für den Quadratmeter üblich in dieser Lage.