Ahrensburg. Marode Wachen, fehlende Fahrzeuge und Geräte sorgen vor einem Jahr fast für Zerwürfnis zwischen Wehr und Rathaus. So ist die Lage jetzt.
Vor etwas mehr als einem Jahr standen die Führung der Feuerwehr und die Spitzen der Stadtverwaltung in Ahrensburg im Streit um Investitionen in die Infrastruktur der Brandbekämpfer kurz vor einem Zerwürfnis. Im letzten Moment verständigten sich beide Seiten damals auf einen Fahrplan, wie der aus Sicht der Feuerwehr erhebliche Investitionsstau abgebaut werden soll. Nun haben Wehrführung und Verwaltung im Hauptausschuss gemeinsam ein Zwischenfazit präsentiert – und das fällt überwiegend positiv aus.
„Wir haben in den vergangenen Monaten gemeinsam Vieles auf den Weg gebracht oder bereits umgesetzt“, sagte Gemeindewehrführer Florian Stephani. Bei wichtigen Beschaffungen sei man erheblich vorangekommen und habe die Zusammenarbeit mit der Verwaltung neu organisiert. Für die kommenden Jahre sind Millioneninvestitionen geplant.
Feuerwehr: Ahrensburg zieht nach Eklat um Investitionsstau Zwischenfazit
Die Leitung der Ahrensburger Wehr hatte beklagt, dass bereits beschlossene, dringende Anschaffungen im Rathaus nicht umgesetzt würden. Auch von persönlichen Differenzen mit den zuständigen Stellen in der Verwaltung und von mangelndem Vertrauen in die Expertise der Wehrführung war die Rede. Es ging um fehlende Fahrzeuge, marode Wachen und veraltete Schutzausrüstung. All das habe nicht länger hinnehmbare Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Wehr.
Über Monate gab es hinter verschlossenen Türen Gespräche, auch die Vorsitzenden der politischen Fraktionen nahmen teil. Im Sommer 2023 brach sich der jahrelange Frust Bahn. Im Vorfeld einer außerordentlichen Mitgliederversammlung Anfang Juli kam es beinahe zum Eklat. Hinter den Kulissen sollen zahlreiche Kameraden gedroht haben, den Dienst zu quittieren, falls Bürgermeister Eckart Boege nicht eingreife.
Bürgermeister Eckart Boege macht Feuerwehrangelegenheiten zur Chefsache
Stormarns Landrat Henning Görtz und Kreiswehrführer Olaf Klaus mussten nach Ahrensburg kommen, um zu vermitteln. Erst als Boege während der Versammlung gegenüber der Feuerwehr umfassende Zusagen machte, darunter eine inzwischen erfolgte personelle Neuorganisation der Zuständigkeiten im Rathaus, war der Streit entschärft.
Der Bürgermeister machte die Feuerwehr zur Chefsache, holte die Zuständigkeit in seine Stabstelle. Im November verabschiedeten die Stadtverordneten die seit Jahren überfällige Aktualisierung des Feuerwehrbedarfsplans, der Grundlage für künftige Anschaffungen ist. „Damit ist die formelle Voraussetzung für eine Förderung durch den Kreis wieder gegeben“, so Stephani.
Moderne Atemschutztechnik wurde geliefert, Schutzbekleidung ist ausgeschrieben
Zwei für die Feuerwehr zuständige Mitarbeiterinnen der Verwaltung haben ihre Büros dauerhaft in die Wache am Weinberg verlegt. „Der Vorteil sind kurze Wege und eine eng abgestimmte Zusammenarbeit“, sagte Fabian Dorow, der als Stabstellenleiter die fachliche Aufsicht übernommen hat.
Die Anschaffung von Ausrüstung und Fahrzeugen sei erheblich vorangekommen, so Stephani. Die neue Atemschutztechnik, die unter anderem leichter, handlicher und besser mit den Geräten anderer Wehren kombinierbar sei, sei gerade geliefert worden. „Der Auftrag für die neue Schutzbekleidung ist erteilt, die Ausrüstung soll im Dezember geliefert werden.“
Zustand der vier Wachen bereiten dem Gemeindewehrführer Sorge
Zwei neue Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeuge (HLF) für die Hauptwache und den Standort Wulfsdorf sollen im zweiten Quartal 2025 geliefert werden, ein neuer Kommandowagen für die Gemeindewehrführung im zweiten oder dritten Quartal. Ein Tanklöschfahrzeug für Wulfsdorf befinde sich in der Beschaffung, weitere Fahrzeuge sollten noch dieses Jahr ausgeschrieben werden.
Mehr Sorge bereitet Stephani der Blick auf die vier Wachen. „Am liebsten würde ich alle Standorte sofort sanieren“, so der Gemeindewehrführer. Er wisse aber, dass der Spielraum der Stadt begrenzt sei.
Hagen und Ahrensfelde sollen gemeinsame Wache Süd bekommen
Sowohl die Gebäude in der Siedlung Am Hagen als auch in Wulfsdorf dürften laut Stephani entsprechend den gültigen Unfallverhütungsvorschriften eigentlich gar nicht mehr genutzt werden. Am Hagen gebe es beispielsweise keine Schwarz-Weiß-Trennung zwischen kontaminierten und sauberen Bereichen, was einen gravierenden Mangel im Gesundheitsschutz darstelle. Die Unfallkasse mache nur deshalb eine Ausnahme, weil eine Lösung absehbar sei.
Ahrensburgs Politiker haben beschlossen, zeitnah eine neue Wache Süd an der Straße Brauner Hirsch zu errichten, mit der die beiden Standorte Am Hagen und Ahrensfelde zusammengelegt werden sollen. Ein Vorentwurf sei durch einen Architekten bereits erstellt worden, so Dorow.
Neue Wache im Westen der Stadt wird wohl erst in acht Jahren stehen
Bis zur Fertigstellung der neuen Wache wird es voraussichtlich dennoch zwei bis drei Jahre dauern. Denn zunächst muss ein Bebauungsplan aufgestellt und der Flächennutzungsplan geändert werden. Noch vor den Herbstferien sollen laut Dorow die entsprechenden Beschlüsse in den politischen Gremien gefasst werden. Übergangsweise sollen für die Feuerwehrleute zum Umziehen Container neben der Wache Am Hagen aufgestellt werden. „Die Kollegen im Süden sind glücklicherweise sehr leidensfähig“, sagte Stephani.
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In Wulfsdorf gebe es nur zwei Garagenplätze für drei Fahrzeuge, so Stephani. „Ein Fahrzeug steht deshalb permanent draußen, was zur Folge hat, dass wir bei Frost erstmal kratzen müssen, bevor wir losfahren können.“ Auch hier ist mittelfristig der Neubau einer Wache West an der Hamburger Straße vorgesehen, die den Standort Wulfsdorf ersetzen soll. Die Planungen sollen allerdings erst nach Fertigstellung des neuen Gerätehauses im Süden starten. Damit wird die neue Wache West wohl erst in frühestens acht Jahren fertig sein.
Zwei Fahrzeughallen in Wache am Weinberg sind von Schimmel befallen
Akuter Handlungsbedarf besteht auch bei der Hauptwache am Weinberg. „Zwei Fahrzeughallen mit neun Stellplätzen und zwei Lagerräume sind baulich abgängig“, so Stephani, der von Schimmelbildung und einem undichten Dach berichtete, durch das regelmäßig Wasser hineinlaufe. Eine Sanierung sei nicht mehr möglich.
„Als Übergangslösung werden wir kurzfristig einen Ersatzneubau mit einer Leichtbauhalle errichten“, sagte Dorow. Diese Variante sei die kostengünstigste und am schnellsten umsetzbar. Eine Kostenschätzung werde die Verwaltung in Kürze vorlegen. Mittelfristig fehlen am Weinberg ebenfalls Stellplätze für zusätzliche Fahrzeuge, die die Feuerwehr aufgrund der gewachsenen Einwohnerzahl Ahrensburgs anschaffen muss. Der Hauptstandort soll mangels personeller und finanzieller Kapazitäten erst als letzte der vier Wachen grundüberholt werden.
Bürgermeister Boege lobte die Zwischenbilanz. Er sagte: „Wesentliche Bereiche, die für das Funktionieren der Feuerwehr erforderlich sind, sind über Jahre nicht vorangekommen. Nun haben wir auf dem weiten Weg, diesen Rückstand abzubauen, entscheidende Schritte gemacht.“