Ahrensburg. Streit zwischen Wehrführung und Verwaltung war im Juli beinahe eskaliert. Das hat personelle Folgen. Was die CDU jetzt vorschlägt.

Der Beinahe-Eklat um die Ausrüstungsbeschaffung für die Ahrensburger Feuerwehr hat jetzt erste Konsequenzen. Die CDU hat für die Sitzung des Hauptausschusses am Montag, 18. September, einen Antrag vorgelegt, der eine engere Kontrolle der Verwaltung durch die Kommunalpolitiker vorsieht. Damit solle sichergestellt werden, dass von den Gremien gefasste Beschlüsse auch umgesetzt werden, heißt es aus der Fraktion.

Ahrensburgs Wehr, mit rund 140 Mitgliedern eine der größten Freiwilligen Feuerwehren in Schleswig-Holstein, beklagt einen Investitionsstau in Millionenhöhe. Die Kameraden werfen den zuständigen Stellen in der Verwaltung vor, politisch bereits beschlossene Anschaffungen zu blockieren, darunter mehrere Fahrzeuge, moderne Atemschutztechnik und persönliche Schutzausrüstung für die Brandbekämpfer.

Feuerwehr Ahrensburg: Streit um Investitionsstau hat Konsequenzen

Ausschreibungen würden verzögert, die Wehr mit Verweis auf Personalengpässe und rechtliche Bedenken wiederholt vertröstet. Modernisierungsbedarf gebe es auch bei den vier Wachen, die allesamt nicht mehr den räumlichen und gesetzlichen Ansprüchen entsprächen und mehr als 50 Jahre alt seien. Dabei habe die Mangelsituation längst Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Ehrenamtler, deren Einsätze inzwischen auf rund 500 im Jahr gestiegen sind.

Der Streit schwelt bereits seit Jahren, doch Anfang Juli war er beinahe eskaliert. Angesichts der aus ihrer Sicht unhaltbaren Zustände hatte die Wehrführung zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in die Wache Am Weinberg geladen, zu der auch Bürgermeister Eckart Boege erschien.

Insider beschreiben Verhältnis zwischen Wehr und Rathaus als „zerrüttet“

Damals präsentierte der Verwaltungschef den Kameraden seine Vorschläge für eine Reform der Zusammenarbeit. Welche Zusagen Boege genau machte, dazu halten sich beide Seiten bis heute bedeckt. Man wolle nun gemeinsam in die Zukunft blicken, heißt es lediglich.

Der Druck auf den Bürgermeister war im Vorfeld der Mitgliederversammlung immens. Das Verhältnis zwischen Feuerwehr und Verwaltung beschrieben Insider gegenüber unserer Redaktion als „zerrüttet“, insbesondere die Zusammenarbeit mit einzelnen Mitarbeitern der Verwaltung sei auf persönlicher Ebene belastet.

Die fachliche Expertise der Wehrführung wurde angezweifelt

Von „diametral unterschiedlichen Auffassungen“ darüber, welche Investitionen notwendig sind, war die Rede. Die fachliche Expertise der Wehrführung werde infrage gestellt. Boege wurde aus Feuerwehrkreisen angelastet, es versäumt zu haben, die Probleme, die er von seinem Vorgänger Michael Sarach übernommen habe, nach seinem Amtsantritt anzugehen.

Nach Informationen unserer Zeitung stand auch ein Szenario im Raum, wonach ein Großteil der Mitglieder die Wehr verlassen könnte, sodass die Wehrführung gezwungen gewesen wäre, die gesamte Feuerwehr bei der Leitstelle als nicht einsatzfähig abzumelden.

Landrat und Kreisbrandmeister mussten kommen und vermitteln

Durch seinen Auftritt bei der Mitgliederversammlung habe der Bürgermeister eine Eskalation im letzten Augenblick verhindert, hieß es. Einen Tag zuvor waren Stormarns Landrat Henning Görtz und Kreisbrandmeister Olaf Klaus nach Ahrensburg gekommen, um zu vermitteln.

Das Rathaus hat eingeräumt, dass es einen über Jahre aufgelaufenen Investitionsstau bei den Gerätehäusern und der Ausstattung mit Ausrüstungsgegenständen und Fahrzeugen gibt. Dafür seien „unterschiedliche Gründe“ verantwortlich, die es „im Einzelfall zu identifizieren“ gelte.

CDU möchte der Verwaltung Beschluss-Controlling verordnen

Die CDU möchte der Verwaltung nun ein sogenanntes Beschluss-Controlling verordnen. Das Rathaus soll demnach in sämtlichen politischen Ausschüssen monatlich eine Übersicht präsentieren, was den Umsetzungsstand der von den Stadtverordneten gefassten Beschlüsse betrifft. Der Feuerwehr-Streit wird in dem Antrag mit keinem Wort erwähnt.

Worum es geht, ist dennoch klar. „Die Erfahrung der letzten Monate zeigt uns, dass bereits abgestimmte und zur Umsetzung freigegebene Beschlüsse teilweise nicht umgesetzt wurden“, heißt es zur Begründung des Vorstoßes. Besonders dringend sei es, „die Beschlüsse im Hauptausschuss, mindestens bis Anfang 2020 oder früher, zurückliegend aufzubereiten.“

Fraktionschef: „Debatte um Feuerwehr nicht der einzige Grund“

Die Debatte um die Feuerwehr sei ein ausschlaggebender, aber nicht der einzige Grund für den Antrag, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfdietrich Siller. „Wir haben festgestellt, dass wir bei vielen unserer Beschlüsse keinen Überblick haben, wie weit die Umsetzung vorangeschritten ist.“

Das sei insbesondere vor dem Hintergrund der geringen Umsetzungsquote bei Investitionsvorhaben in Ahrensburg problematisch, die immer wieder vom Landesrechnungshof beanstandet werde. Im Hinblick auf bevorstehende Großprojekte wie den Neubau des Schulzentrums Am Heimgarten müssten die Stadtverordneten über den aktuellen Bearbeitungsstand jederzeit ausreichend informiert sein.

Fachdienst muss Zuständigkeit für die Feuerwehr abgeben

Als Ausdruck mangelnden Vertrauens in die Verwaltung möchte Siller den Vorstoß nicht verstanden wissen. „Das kann man natürlich so interpretieren. Wir sind aber überzeugt, dass das Tool eines Beschluss-Controllings auch den Verantwortlichen im Rathaus hilft“, sagt der CDU-Fraktionschef. Siller weist darauf hin, dass es einen ähnlichen Mechanismus bereits bis 2015 in Ahrensburg gegeben habe. „Das ist bedauerlicherweise aufgrund Personalmangels in der Verwaltung eingeschlafen“, sagt er.

Unabhängig von dem Vorstoß der Christdemokraten hat der Feuerwehr-Streit im Rathaus personelle Folgen. Wie aus einer Vorlage der Verwaltung hervorgeht, die ebenfalls am Montag im Hauptausschuss beraten werden soll, muss der bislang zuständige Fachdienst II.1 (Gewerbe und Ordnungsangelegenheiten) die Verantwortung für die Feuerwehr und den zivilen Katastrophenschutz abgeben.

Die Zuständigkeit für die Retter untersteht künftig direkt dem Bürgermeister

Der Bereich ist künftig in der Stabstelle angesiedelt und untersteht damit direkt dem Bürgermeister. Die fachliche Aufsicht übernimmt Stabsstellenleiter Fabian Dorow. Damit legt Boege das Thema Feuerwehr in erfahrene Hände: Der Verwaltungsfachmann Dorow ist seit Jahrzehnten in verschiedener Funktion im Ahrensburger Rathaus tätig, zuletzt unter anderem als Pressesprecher.

Es handelt sich laut Vorlage um eine vorübergehende Maßnahme. Bis spätestens zum 31. März 2024 soll eine dauerhafte organisatorische Lösung erarbeitet werden. Ziel der Umstrukturierung sei es, „insbesondere bei den ausstehenden Investitionen kurzfristig Abhilfe zu schaffen“.

Boege äußert sich nicht zu Einzelheiten der geplanten Maßnahmen

Die Änderung der Zuständigkeiten war nach Informationen unserer Zeitung eine der Maßnahmen, die Boege der Feuerwehr zugesagt hatte. Welche Versprechen darüber hinaus bereits umgesetzt wurden oder sich in der Vorbereitung befinden, dazu wollte sich der Bürgermeister auf Anfrage nicht äußern. „Wir haben uns gemeinsam auf eine Richtung geeinigt und blicken positiv in die Zukunft“, sagt Boege. Durch die Umstrukturierungen arbeiteten Verwaltung und Feuerwehr nun „Hand in Hand“.

Die Wehrführung sieht ebenfalls Schritte in die richtige Richtung, pocht aber darauf, dass der Investitionsstau nun zügig abgearbeitet wird. „Wir sehen die dringende Erfordernis, schnell auf einen Stand zu kommen, bei dem wir nicht mehr dem Soll hinterherlaufen“, sagt der stellvertretende Gemeindewehrführer Florian Stephani.

Wehrführung mahnt dringenden Handlungsbedarf an

Bei der fehlenden Ausrüstung handele es sich um Erfordernisse, die sich aus dem Brandschutzbedarfsplan von 2012 ergäben. Angesichts der gestiegenen Einwohnerzahl Ahrensburgs liege bereits dessen Nachfolger in der Schublade und werde in den kommenden Monaten von der Politik beraten. „Die Bedarfsliste wird dann eher länger als kürzer“, stellt Stephani in Aussicht.

Hauptausschuss Mo 18.9., 19.30, Peter-Rantzau-Haus, Manfred-Samusch-Straße 9