Ahrensburg. Neuer Bedarfsplan stellt Defizite in sämtlichen Bereichen fest. Im Sommer war es fast zum Eklat gekommen. So soll es weitergehen.
Die Stadt Ahrensburg wird in den kommenden Jahren Millionen in ihre Freiwillige Feuerwehr investieren müssen. Das geht aus dem Entwurf für den aktualisierten Feuerwehrbedarfsplan hervor, über den an diesem Montag, 20. November, der Hauptausschuss berät. Ursache sind dabei weniger neue Bedarfe als Versäumnisse aus den vergangenen Jahren. Die Liste der Mängel ist lang: Es fehlt an Schutzausrüstung, Einsatztechnik, Fahrzeugen und modernen Wachen.
Im Sommer war es deshalb beinahe zu einem öffentlichen Zerwürfnis zwischen der Wehrführung und Bürgermeister Eckart Boege gekommen. Die Kameraden kritisierten, dass bereits beschlossene, dringende Anschaffungen im Rathaus nicht umgesetzt würden. Auch von persönlichen Differenzen mit den zuständigen Stellen in der Verwaltung und von mangelndem Vertrauen in die Expertise der Wehrführung war die Rede.
Zahlreiche Mängel: Ahrensburg muss Millionen in Feuerwehr investieren
Erst als Boege der Feuerwehr bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung Anfang Juli umfassende Zusagen machte, darunter eine inzwischen erfolgte personelle Neuorganisation der Zuständigkeiten im Rathaus, wurde ein Eklat im letzten Moment abgewendet. Vor diesem Hintergrund besitzen die jetzt anstehenden politischen Beratungen über den neuen Bedarfsplan eine besondere Brisanz.
Auf die Versäumnisse der vergangenen Jahre wird in dem von der Wehrführung gemeinsam mit der Verwaltung erstellten Papier, das die Grundlage für die Organisation der Feuerwehr und erforderliche Anschaffungen ist, an mehreren Stellen hingewiesen. Von „deutlichen Defiziten bei der derzeitigen Fahrzeugausstattung“ ist die Rede und von „desaströsen Zuständen“ in den vier Wachen am Weinberg, in Ahrensfelde, im Hagen und in Wulfsdorf.
Unfallkasse könnte Wachen aufgrund nicht erfüllter Vorgaben jederzeit schließen
Die Vorgaben zur Unfallverhütung könnten an allen Standorten seit längerem nicht mehr eingehalten werden, was zur Folge habe, dass jederzeit mit einer Schließung durch die Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse (HFUK) zu rechnen sei. Das wiederum habe „unmittelbare Auswirkung auf die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr“. Mängel gebe es unter anderem bei den verfügbaren Stellplätzen für Fahrzeuge, bei der Trennung von dreckiger und sauberer Kleidung und Ausrüstung, beim Arbeitsschutz, der Geschlechtertrennung und der Umsetzung von Hygiene-Vorgaben. Das Gebäudekonzept stamme aus den 1970er-Jahren.
Es handele sich um Defizite, die bereits während der letzten Aktualisierung des Bedarfsplans 2012 festgestellt worden seien. Eigentlich ist eine erneute Betrachtung alle drei Jahre vorgesehen. Die Verwaltung räumt in der Beschlussvorlage für den Hauptausschuss ein, dass die Aktualisierung „überfällig“ sei.
Standorte Ahrensfelde und Hagen sollen zusammengelegt werden
Um die Feuerwehr fit für die kommenden Jahre zu machen, sieht der neue Bedarfsplan neben Investitionen in Ausstattung und Gebäude auch eine Neuorganisation der Standorte vor. Statt bislang vier (Mitte, Ahrensfelde, Hagen, Wulfsdorf) soll es künftig nur noch drei Ausrückebereiche (Mitte, Süd, West) geben.
Die Löschgruppe Hagen, die derzeit am Jonny-Loesch-Weg sitzt, und die Ortswehr Ahrensfelde sollen an einem gemeinsamen Standort zusammengelegt werden. Dafür hat die Stadt bereits ein Grundstück an der Straße Brauner Hirsch erworben. Die Löschgruppe Wulfsdorf soll perspektivisch vom Bornkampsweg an einen zentraler gelegenen Standort im Ahrensburger Westen umziehen. Für die Hauptwache am Weinberg steht die Entscheidung zwischen einer Sanierung und Erweiterung und einem Abriss und Neubau noch aus.
Bürgermeister verweist auf Fortschritte bei Fahrzeugbeschaffung
Durch die angestrebte Neuorganisation sei es gelungen, den zusätzlichen Fahrzeugbedarf gegenüber dem Plan von 2012 auf ein weiteres Hauptlöschfahrzeug zu reduzieren, sagt Ahrensburgs stellvertretender Gemeindewehrführer Florian Stephani. Allerdings müsse weiterhin der Investitionsstau aus den vergangenen Jahren abgearbeitet werden, darunter allein sechs Fahrzeuge, deren Ausschreibung für dieses Jahr vorgesehen war.
Laut dem Bürgermeister hat es in den vergangenen Wochen entscheidende Fortschritte gegeben. Für die Beschaffung von zwei sogenannten Wechselladefahrzeugen, die je nach Bedarf flexibel ausgestattet werden können, werde erstmals ein Vergabedienstleiter genutzt, um die Verwaltung zu unterstützen. Das Vergabeverfahren für einen neuen Kommandowagen sei bereits gestartet.
Ausschreibungsverfahren für Großfahrzeuge sollen 2024 abgeschlossen werden
„Für die persönliche Schutzausrüstung sind die Vorarbeiten nahezu abgeschlossen, die Vergabeunterlagen befinden sich in der finalen Abstimmung, sodass eine Ausschreibung noch in diesem Jahr erfolgt. Das Gleiche gilt für die Atemschutzgeräte“, sagt Boege. Weitere Vergabeverfahren seien in Vorbereitung. So sei etwa die Finalisierung der Ausschreibungsunterlagen für ein dringend benötigtes, neues Tanklöschfahrzeug für die Ortswehr Ahrensburg noch für dieses Jahr vorgesehen.
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„Die Ausschreibungsverfahren und Bestellungen für sämtliche Großfahrzeuge und Ausrüstungsgegenstände werden im ersten Halbjahr 2024 abgeschlossen sein“, stellt der Verwaltungschef in Aussicht. Wann die neuen Fahrzeuge zur Verfügung stehen, sei allerdings noch ungewiss, so Boege, der auf unterschiedliche Lieferfristen von teilweise mehreren Jahren verweist, die nicht zu beeinflussen seien.
Fachdienst musste Zuständigkeit für die Feuerwehr an Stabstelle abgeben
Für eine bessere Strukturierung künftiger Anschaffungen soll auf Basis der festgestellten Bedarfe, des vorhandenen Fahrzeugbestands, realistischer Nutzungsdauern und zu erwartender Lieferzeiten ein langfristiger Beschaffungsplan entwickelt werden. Davon erhofft sich die Verwaltung, eine Ballung von Investitionen in einzelnen Haushaltsjahren zu vermeiden und vorausschauender planen zu können.
Florian Stephani lobt die bisherigen Bemühungen der Verwaltung und des Bürgermeisters. „Alle Beteiligten sind derzeit sehr positiv eingestellt, wir gehen gemeinsam in die richtige Richtung“, sagt er. Durch die personellen und strukturellen Veränderungen im Rathaus sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit wieder möglich. „Es liegt aber noch viel Arbeit vor uns“, so der stellvertretende Gemeindewehrführer. Die Probleme ließen sich nicht „mit einem Fingerschnippen wegbekommen“.
Wehrführung sieht Neubau der Wachen als größte Herausforderung
Als größte Herausforderung für die kommenden Jahre sieht Stephani den Neubau und die Sanierung der Wachen. „Wenn wir ehrlich sind, müssten wir eigentlich sofort zwei Gerätehäuser neu bauen und die Wache am Weinberg mindestens sanieren oder auch neu bauen“, sagt er. Die Wehr wisse aber, dass das angesichts der Personal- und Haushaltslage der Stadt nicht realistisch sei.
„Priorität eins ist für uns deshalb die Wache im Süden“, so Stephani. Die Wache im Hagen dürfe angesichts der aktuellen Sicherheitsvorschriften eigentlich gar nicht mehr bestehen. Der stellvertretende Gemeindewehrführer geht davon aus, dass allein der Neubau am Braunen Hirsch einen zweistelligen Millionenbetrag kosten wird.
Neue Wache im Süden hat für Feuerwehr und Verwaltung Priorität
Auch die Verwaltung sieht die höchste Priorität bei der neu zu bauenden Wache im Süden. Einen Baubeginn hält Boege aber frühestens 2027 für möglich – vorausgesetzt, die finanziellen Mittel stehen zur Verfügung. Zunächst solle kurzfristig mit der Erstellung des erforderlichen Raumprogramms begonnen werden, damit eine Vision für den Neubau entwickelt werden kann, so der Bürgermeister. Im Anschluss erfolge die Vorentwurfsplanung als Grundlage für den erforderlichen Bebauungsplan. Die Beratungen in den politischen Gremien sollen im dritten Quartal 2024 starten.
Hauptausschuss Mo, 20.11., 19.30, Peter-Rantzau-Haus, Manfred-Samusch-Straße 9