Ahrensburg. Mord und versuchte Vergewaltigung brachten die Anlage am Kornkamp in die Schlagzeilen. Was nun geplant ist
Die Flüchtlingsunterkunft am Kornkamp in Ahrensburg wird um 50 zusätzliche Plätze erweitert. Das hat der Sozialausschuss der Schlossstadt beschlossen. Für rund 1,3 Millionen Euro sollen zeitnah zwei weitere Containermodule auf dem Gelände im Gewerbegebiet Nord aufgestellt werden.
In dem Flüchtlingsheim unweit des Bahnhofs Ahrensburg-Gartenholz leben aktuell 110 Menschen in fünf Containermodulen. Maximal bietet die Unterkunft Platz für 125 Geflüchtete. Damit ist sie schon jetzt die größte im Stadtgebiet.
Flüchtlinge Ahrensburg: Berüchtigte Unterkunft wird erweitert
In der Vergangenheit sorgte die Anlage mehrfach für Schlagzeilen. Im September 2021 tötete ein 39 Jahre alter Bewohner in den Räumen der Unterkunft seine 23 Jahre alte Ehefrau mit 29 Messerstichen – nach Auffassung des Landgerichts Lübeck, weil der streng gläubige Muslim deren westlichen Lebensstil nicht akzeptieren wollte. Der Afghane sitzt eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes ab.
Ein Jahr später, im November 2022, gab es erneut einen Großeinsatz der Polizei auf dem Gelände am Kornkamp. Die Beamten nahmen einen 20 Jahre alten Bewohner fest, der wenige Stunden zuvor ein elf Jahre altes Mädchen unweit der Unterkunft auf dem Schulweg überfallen hatte, um es zu vergewaltigen. Vor dem Amtsgericht Ahrensburg wurde der Mann aus Guinea später zu drei Jahren und sechs Monaten Jugendgefängnis verurteilt.
Erweiterung am Kornkamp ist laut Rathaus die am schnellsten umsetzbare Lösung
„Wir haben uns verschiedene Optionen an unterschiedlichen Standorten angeschaut“, sagte Michael Cyrkel, Leiter des für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständigen Fachdienstes Soziale Hilfen im Ahrensburger Rathaus. „Die Erweiterung am Kornkamp ist die Variante, die sich am schnellsten umsetzen lässt.“
Das Gelände sei bereits erschlossen und befinde sich im Eigentum der Stadt. Es sei planungsrechtlich über Befreiungsregelungen für eine entsprechende temporäre Nutzung geeignet. Zudem sei die Anschaffung weiterer Container günstiger als andere Varianten wie etwa der Bau eines Holzhauses, das mit rund vier Millionen Euro zu veranschlagen sei.
SPD kritisiert Standort im Gewerbegebiet als der Integration nicht zuträglich
Die Mehrheit der Ausschussmitglieder folgte dem Vorschlag der Verwaltung. Die SPD hingegen lehnt eine Erweiterung der Unterkunft ab. „Der Standort im Gewerbegebiet ist der Integration überhaupt nicht zuträglich“, kritisierte deren Vertreterin Ursula Ebert und sprach auch von „unzumutbaren Zuständen“ in den Containerunterkünften.
Die Sozialdemokratin erinnerte daran, dass die Anlage bei ihrer Errichtung im Sommer 2016 eigentlich nur als befristete Lösung gedacht gewesen sei. „Die Container sind nicht für eine dauerhafte Wohnnutzung geeignet.“ Die SPD will Schutzsuchende lieber dezentral unterbringen, in Holzhütten oder anderen Schlichtbauten, wie es sie bereits an den Standorten Bornkampsweg, Lange Koppel, Reeshoop und Ahrensburger Kamp gibt.
Flüchtlinge Ahrensburg: Ausbau der Bahntrasse für die S4 könnte zum Problem werden
Ebert warf der Verwaltung vor, es in den vergangenen Jahren versäumt zu haben, andere mögliche Standorte für Flüchtlingsunterkünfte zu prüfen. „Das haben wir schon vor Jahren beantragt“, so die Sozialdemokratin. Nun sei die Dringlichkeit auf einmal groß, dabei sei der Bedarf an weiteren Unterkünften absehbar gewesen.
Noch ein anderer Punkt spricht Ebert zufolge gegen eine Erweiterung der Anlage am Kornkamp: Durch den bevorstehenden Ausbau der nahen Bahngleise und des Bahnhofs Gartenholz für die S4 ab 2027 würden die Geflüchteten einer erheblichen Lärmbelastung ausgesetzt. Es sei auch nicht auszuschließen, dass die Bahn die Fläche der Unterkunft dann für die Baustelleneinrichtung benötige.
Flüchtlinge Ahrensburg: Verwaltung sieht derzeit keine Alternative zu den Erweiterungsplänen
Cyrkel wies den Vorwurf der „unzumutbaren Zustände“ am Kornkamp zurück. „Die Anlage gehört zu den besseren, was den baulichen Zustand angeht“, so der Fachdienstleiter. Das habe auch eine Begehung mit den Mitgliedern des Sozialausschusses bestätigt. Zurzeit gebe es zu der Erweiterung zudem keine Alternative, weil Ahrensburg stetig neue Geflüchtete zugewiesen würden, die Fluktuation in den Unterkünften aber gering sei. „Es ist überwiegend nicht möglich, diese Menschen in angemieteten Wohnungen unterzubringen“, so Cyrkel.
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Die Alternativlosigkeit ist für Uwe Gaumann (CDU) das ausschlaggebende Argument für die Erweiterung. „Die Kosten von 1,3 Millionen Euro für eine Containerunterkunft liegen uns schwer im Magen“, gab er zu. Auch die Christdemokraten bevorzugten außerdem eine dezentrale Unterbringung. „Aber diese Menschen, die zu uns kommen, müssen irgendwo leben, und da sind wir froh, dass wir den Kornkamp haben“, so Gaumann.
Ahrensburg rechnet in diesem Jahr mit bis zu 170 unterzubringenden Geflüchteten
Die Städte und Gemeinden in Stormarn sind verpflichtet, die ihnen vom Kreis nach einem speziellen Schlüssel zugewiesenen Geflüchteten aufzunehmen. Die Zahl der zugewiesenen Personen richtet sich unter anderem nach der Einwohnerzahl der Kommunen.
Die Anzahl der Menschen, die im Kreisgebiet zu verteilen sind, ist seit Beginn des Krieges in der Ukraine deutlich gestiegen. Musste Ahrensburg 2021 nur 67 Personen unterbringen, waren es 2022 bereits 183 und 2023 172 Zuweisungen. Für das laufende Jahr prognostiziert die Stadtverwaltung bis zu 170 Menschen, für die zusätzliche Unterkünfte geschaffen werden müssen. Laut Prognosen müsse auch in den Folgejahren mit einer vergleichbaren Zahl von Zuweisungen gerechnet werden.
Insgesamt leben aktuell 491 Menschen in städtischen Unterkünften
Derzeit sind nach Angaben aus dem Rathaus 491 Personen, darunter Flüchtlinge und andere wohnungslose Menschen, in städtischen Unterkünften und angemieteten Wohnungen untergebracht. Neben den genannten Standorten nutzt die Stadt das ehemalige Pastorat der St. Johanneskirche an der Rudolf-Kinau-Straße mit bis zu 30 Plätzen und etwa 60 weitere angemietete Wohneinheiten in unterschiedlichen Größen im gesamten Stadtgebiet. Der Mietvertrag für ein langfristig angemietetes Wohngebäude an der Straße Am Weinberg mit 14 Einzelwohnungen soll zudem um zehn weitere Jahre verlängert werden. Dafür hat sich der Sozialausschuss einstimmig ausgesprochen.