Siek/Lauenburg. Suche nach archäologischen Funden ist allerdings an Voraussetzungen gebunden. Wer sie missachtet, bekommt mächtig Ärger.
Dank technischer Unterstützung kann in der heutigen Zeit nahezu jeder zum Schatzsucher werden. Metalldetektor eingepackt – schon kann das Abenteuer beginnen. Zumindest suggerieren das unzählige Videos und Erfolgstorys, die auf YouTube, Instagram und in den sozialen Medien kursieren. Manche Hobby-Schatzgräber berichten gar von spektakulären Funden. Die Fantasie befeuert den Trend. Viele träumen davon, einen kostbaren Schatz zu heben. Doch ist die Suche wirklich so einfach? Und welche Bedingungen gelten für Sondengänger, die auf dem Gebiet der Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg ihrem Hobby nachgehen?
Unbedingte Voraussetzung für die Suche mit dem Metalldetektor ist im Regelfall ein erfolgreich abgeschlossener Zertifizierungskursus, wie ihn das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) anbietet. Dezernent Christoph Unglaub, beim ALSH unter anderem für die Betreuung der Detektorarchäologie zuständig, sagt: „Wir bilden fortwährend aus.“ Aktuell gehören der Sondengängergruppe Schleswig-Holstein 645 Mitglieder an. Vor zehn Jahren waren es etwa 250. Zweimal pro Jahr startet ein Lehrgang mit 40 Plätzen. Der Andrang ist riesig. „Sobald die Website für die Anmeldung freigeschaltet ist, sind alle Plätze innerhalb von zwei, drei Minuten ausgebucht“, so Unglaub.
Hobby Schatzsuche: Was Sondengänger auf Feldern in Stormarn so alles finden
Zertifizierte Sondengänger mit jahrelanger Erfahrung begleiten als Mentoren die Ausbildung. Noch bevor der Unterricht startet, gehen sie mit den Teilnehmern auf den Acker, um ihnen das Basiswissen zu vermitteln. Der darauffolgende Kursus umfasst drei Tage Theorie und einen Praxistag.
Unglaub nennt Beispiele aus dem Lehrplan: „Da geht es zum Beispiel um die gesetzlichen Grundlagen, darum, was Sondengänger dürfen und was nicht, wie man Koordinaten einmisst, wo man fündig werden kann, was die Bronze- und die Eisenzeit sind. Und was zu tun ist, wenn man Kampfmittel findet.“ Daher sei immer ein Vertreter des Kampfmittelräumdiensts beim Unterricht dabei. „Das Letzte, was wir hören wollen, ist, dass jemand bei der Suche verletzt oder schlimmstenfalls getötet wurde“, sagt Unglaub.
Schatzsuche: Beim Fund von Kampfmitteln im Zweifel sofort Polizei rufen
Denn im Boden verbergen sich nicht nur harmlose Funde, sondern auch gefährliche Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg. Eine solche Entdeckung machten im November 2021 der Glinder Sondengänger Michael Wegner und zwei seiner Kollegen. Die Gruppe war mit ihren Metallsonden auf einer landwirtschaftlichen Fläche des Oststeinbeker Hofs Posewang unterwegs. „An besagtem Tag wollten wir Tim Posewang eigentlich zeigen, was alles an Müll auf dem Acker liegt“, sagt Wegner rückblickend. „Es gehört zu unseren Prinzipien, den Schrott, den wir auf den Äckern finden, nicht liegenzulassen, sondern mitzunehmen und zu entsorgen. Das ist gut für die Umwelt, und der Landwirt ist auch froh.“
Doch dann stießen sie in etwa 15 bis 20 Zentimeter Tiefe auf einen massiven metallischen Gegenstand, der sich später als 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe herausstellen sollte. „Sie lag so, dass die Spitze nach oben herausschaute.“ Sofort sei allen klar gewesen: „Da machen wir nichts dran.“ Sie riefen die Polizei. „Die orderte dann den Kampfmittelräumdienst.“ Glücklicherweise gelang es den Experten, den Blindgänger zu entschärfen. „Was Kampfmittel angeht, war das das größte Kaliber, das wir je gefunden haben“, sagt Wegner.
Schatzsuche: Sondengänger müssen Einverständnis der Grundstückseigentümer einholen
Die Suchgebiete von Sondengänger Werner Pick liegen südlich von Siek und im Lauenburgischen bei Börnsen. Er ist am liebsten mit Gleichgesinnten unterwegs. „Bevor man einen Acker betritt, muss man den Bauer um Erlaubnis fragen.“ In Schleswig-Holstein seien die Vorgaben für die Suche mit dem Metalldetektor relativ streng. „Das finde ich aber auch gut“, sagt er. Nach bestandener Prüfung erhalten die Absolventen einen Suchausweis, den sie ebenso wie die Kartierung der genehmigten Flächen auf ihren Erkundungstouren mit sich führen müssen. „Wenn ich die Sonde schwinge und die Polizei nachfragt, muss ich mich ausweisen können.“
Wer unbefugt Grabungen tätigt, riskiert eine Anzeige und empfindliche Strafen. Erst neulich hat Michael Wegner wieder eine Gruppe sogenannter Schwarzsondler gesehen. „Die laufen einfach so los ohne geschichtlichen Hintergrund“, macht er seinem Ärger Luft. Wenn sie dabei Artefakte zerstören oder aus dem Zusammenhang reißen, sind sie für die Wissenschaft unwiederbringlich verloren.
Schatzsuche: Der Wert der Funde ist meist kultureller oder wissenschaftlicher Art
Nur auf landwirtschaftlichen und vom ALSH geprüften Flächen dürfen die Sondengänger auf Suche gehen. Wälder sind tabu. „In der Pflugschicht dürfen wir bis zu einer Tiefe von etwa 40 Zentimetern suchen“, erläutert Pick. Dabei hat er schon einige erstaunliche Funde ans Licht geholt. Zu seinen spektakulärsten Entdeckungen zählen eisenzeitliche Fibeln, eine Sichel und ein Griffplattendolch aus der Bronzezeit. „Alles, was älter ist als 1650, ist zu melden. Die Grenze liegt so etwa bei den Münzen aus dem 30-jährigen Krieg.“ Die Meldepflicht gilt auch für jüngere Funde, wenn sie archäologisch bedeutsam sind.
Die Chancen, auf wertvolle Münzen, kunstvollen Schmuck oder antike Waffen zu stoßen, sind aber vergleichsweise gering. Funde ganz normaler Suchtage sind laut Pick beispielsweise Knöpfe, Scherben, Saatgut- oder Salzplomben, Reichspfennige, Musketenkugeln, Schnallen oder auch mal ein Taschenmesser. Birte Anspach, Pressesprecherin des ALSH, sagt: „Das Meiste, was bei den Sondengängen zutage gefördert wird, ist Schrott.“ Dann fügt sie mit einem Schmunzeln hinzu: „Aber auf jeden Fall ist das Sondeln Sport an der frischen Luft und gut für die Pomuskulatur.“
Hobby Schatzsuche: Was im Boden geschützt ist, „müssen wir nicht unbedingt ausgraben“
„Für uns ist es weniger der Verkaufswert, der zählt. Viel wichtiger ist der wissenschaftliche oder kulturelle Wert“, erläutert Unglaub. „Im Ahrensburger Tunneltal beispielsweise liegt ein kulturelles Erbe. Weil dort besondere Bodenbedingungen herrschen, sind Knochen, Pfeile und Geräte der Jäger auch nach 10.000 Jahren noch gut erhalten.“ Das, was im Boden gut geschützt lagere, „müssen wir nicht unbedingt ausgraben“, so der Archäologe.
Wenn der Pflug durch den Acker gehe und die Fundstücke nach oben kämen, seien sie allerdings der Witterung und chemischen Prozessen ausgesetzt. „Bronzefunde zersetzen sich dann relativ schnell.“ Sobald die Sondengänger sie eingeliefert hätten, kämen sie in ein Konservierungsbecken. So wurde auch mit einem bronzezeitlichen Schmuckstück verfahren, dem bisher aufregendsten Fund Wegners. Als er mit einer Schaufel auf einem Feld in Stormarn zugange war, lugte aus der Erde plötzlich ein verziertes Objekt mit der charakteristisch grünen Färbung hervor. Das Alter des Armreiffragments wird auf etwa 1600 vor Christus datiert.
Hobby Schatzsuche: Funde kommen zunächst in ein großes Archiv
Pick sagt: „Die Funde werden fotografiert, vermessen, gezeichnet und mit den Koordinaten des Fundortes an das Archäologische Landesamt geschickt. Dann gehen sie in ein großes Archiv und werden irgendwann mal bearbeitet.“ Seit 2005 existiert die als „Schleswiger Modell“ bezeichnete Zusammenarbeit von ALSH und Sondengängern. „Das ist die erste vernünftige Kooperation zwischen Sondengängern und Archäologie“, sagt Pick. Vorher sei das Sondeln sehr verpönt gewesen.
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Für Unglaub sind die zertifizierten Sondengänger „ein großer Schatz“. Die Zusammenarbeit sei vertrauensvoll. „Wir sind zu wenige Archäologen, um alles zu schützen und zu finden“, sagt er. „Sie unterstützen die Denkmalpflege, und durch sie haben wir neue Einträge im Denkmalatlas.“ Der werde auch von Planern genutzt, zum Beispiel wenn es um neue Photovoltaikanlagen gehe.
Schatzsuche: Auch an Stränden darf nur mit Genehmigung gesondelt werden
Zum Schluss noch eine gute Nachricht für alle, die den Metalldetektor nur einsetzen, um verlorene Alltagsgegenstände wie Geldmünzen, Schmuckstücke oder Handys an Stränden aufzuspüren. Denn dafür ist kein Fachkundenachweis erforderlich. Allerdings muss zuvor eine Strandsuchgenehmigung beim ALSH beantragt werden.
Die Suche ist nur an ausgewiesenen Badestränden am Meer und an Binnenseen erlaubt. Die betreffenden Strände sind im digitalen Badestellenatlas des Sozialministeriums aufgeführt. In Stormarn zählen unter anderen die Naturbadestelle am Reinfelder Herrenteich, der Sandstrand des Oldesloer Freibads Poggensee und die Badestelle am Südufer des Großensees hinzu, im Herzogtum Lauenburg Badestellen am Baggersee Müssen, am Wohltorfer Tonteich und am Südufer des Lanzer Sees.