Bad Oldesloe. Eine Gemeinde sticht durch besonders hohe Neuverschuldung hervor. Andere Orte können Verpflichtungen abbauen. Bürgermeister mit Appell.
Trotz Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten, Inflation und stockendem Wirtschaftswachstum bleibt die finanzielle Lage des Kreises Stormarn hervorragend. Während alle anderen Kreise und kreisfreien Städte im nördlichsten Bundesland das vergangene Haushaltsjahr im Minus abschlossen, ist Stormarns Kreisverwaltung weiterhin schuldenfrei. Das geht aus den aktuellen Zahlen des Statistikamtes Nord hervor, das einmal im Jahr die Finanzlage aller Kommunen in Schleswig-Holstein untersucht.
Für Stormarns Landrat Henning Görtz ist der Status als einziger schuldenfreier Kreis das Ergebnis einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik der vergangenen Jahre. „Gemeinsam mit der Politik haben wir Wert darauf gelegt, nur das Geld auszugeben, das wir auch haben“, sagt er.
Kreis Stormarn: So viele Schulden haben die Städte und Gemeinden
Ein wesentlicher Faktor hinter der guten Haushaltslage sei die hohe Finanzkraft der Kommunen im Kreis, die bei den Gewerbesteuereinnahmen sehr gut dastünden. Die Lage zwischen den Großstädten Hamburg und Lübeck sei nach wie vor gefragt, so Görtz. Die Städte und Gemeinden tragen über die Kreisumlage einen großen Teil zu den Einnahmen des Kreises bei.
Der Blick auf die 55 Städte und Gemeinden fällt weniger positiv aus. Sie haben bis zum 31. Dezember 2023 Verbindlichkeiten in einer Gesamthöhe von rund 161 Millionen Euro angehäuft. Damit sind die Schulden der Kommunen gegenüber dem Vorjahr um rund sechs Millionen Euro gewachsen. Von 2020 bis 2021 war der Schuldenstand der Stormarner Kommunen noch gesunken und lag bei 110,1 Millionen Euro.
Städte und Gemeinden müssen für Kitas, Schulen und Feuerwachen zahlen
„Viele kostenintensive Bereiche fallen in die Zuständigkeit der Städte und Gemeinden, deshalb sind sie finanziell stärker belastet als der Kreis“, sagt Görtz. Der Landrat nennt als Beispiele die Kosten für Kitas und die Unterbringung von Flüchtlingen – beide seien zuletzt stark gestiegen – sowie Bau und Instandhaltung von Schulen und Feuerwachen. Viele der Gebäude seien in den 1960er- und 1970er-Jahren errichtet worden und hätten nun das Ende ihrer Lebensdauer erreicht.
„Wir sind deshalb bemüht, die Städte und Gemeinden zu entlasten und haben die Kreisumlage in den vergangenen Jahren konsequent gesenkt“, so Görtz. Mit 26,5 Prozent sei sie in Stormarn so niedrig wie in landesweit keinem anderen Kreis.
Trittau hat kreisweit die mit Abstand höchste Neuverschuldung
Die höchste Neuverschuldung verzeichnet die Gemeinde Trittau. Kredite in Höhe von rund 4,7 Millionen Euro hat die Gemeinde angehäuft und ihre Verbindlichkeiten damit gegenüber 2022 mehr als verdoppelt (plus 121,3 Prozent). Laut Bürgermeister Oliver Mesch musste die Gemeinde 2023 einen neuen Kredit aufnehmen, um teure Projekte wie den Neubau der Kita Zauberwinkel für rund 4,5 Millionen Euro und den Anbau an die Grundschule zu finanzieren.
Ein grundsätzliches Problem sei aber die chronische Unterfinanzierung der Gemeinden bei steigender Aufgabenlast. „Ein Beispiel ist die Kinderbetreuung. Das Defizit in diesem Bereich ist im vergangenen Jahr um rund 800.000 Euro gestiegen, im Vergleich zum Defizit vor der Kitareform 2019 ergeben sich für den Haushalt alleine dadurch Mehrbelastungen von über 2,5 Millionen Euro“, sagt Mesch. Trittaus Verwaltungschef fordert, dass Bund und Land die Kommunen spürbar entlasten: „Wir Kommunen schultern so viel, bei uns vor Ort spielt die Musik.“
Reinbek bleibt in Stormarn die Kommune mit den meisten Verbindlichkeiten
Mit deutlichem Abstand hinter Trittau folgt Delingsdorf mit einer Neuverschuldung von 69,8 Prozent. Einen wesentlichen Anteil dazu beigetragen hat der Neubau der Feuerwache, der 5,4 Millionen Euro kostet und im Herbst bezugsfertig sein soll. Auf Platz drei steht die Gemeinde Tangstedt, deren Schulden um 36,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen haben.
Mit Abstand größte Schuldnerin unter den Stormarner Kommunen bleibt Reinbek. Die Stadt muss rund 35,5 Millionen Euro Verbindlichkeiten begleichen. Dabei handelt es sich noch immer um die Nachwirkungen zahlreicher teurer Infrastrukturprojekte der vergangenen Jahre, darunter der 2023 fertiggestellte Neubau der Feuerwache für 14,6 Millionen Euro und die etwa 30 Millionen Euro teure Sanierung des asbestbelasteten Schulzentrums. 2023 wuchs Reinbeks Schuldenstand noch einmal um 13,1 Prozent.
Barsbüttel plant trotz hoher Schulden Projekte für 105 Millionen Euro
Dahinter folgt auf Platz zwei, ebenfalls unverändert, die Gemeinde Barsbüttel mit Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 23,2 Millionen Euro (plus 7,1 Prozent). Die 13.000-Einwohner-Kommune hat zuletzt ebenfalls kräftig investiert, etwa in die Sanierung des Rathauses.
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In den kommenden Jahren stehen weitere Großprojekte an, darunter Erweiterungsbauten für die Erich-Kästner-Schule, die Kirsten-Boie-Grundschule und die Grundschule Willinghusen, neue Feuerwehrgerätehäuser in den Orststeilen Stemwarde und Willingusen und die Sanierung der Schwimmhalle. Bis 2030 rechnet die Verwaltung mit Investitionen in Höhe von rund 105 Millionen Euro – zu viel für die Gemeindekasse, weshalb zuletzt darüber diskutiert wurde, Projekte zu verschieben oder ganz zu streichen.
Oststeinbek kann nach Schulden-Explosion vor einem Jahr Verpflichtungen tilgen
Oststeinbek steht erneut auf Platz drei der kommunalen Schuldnerliste. Rund 15,1 Millionen Euro betragen die Verbindlichkeiten. Damit hat der 9000-Einwohner-Ort kreisweit die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung (1698 Euro pro Einwohner) nach Todendorf (1970 Euro) und vor Delingsdorf (1588 Euro).
Oststeinbeks Schuldenstand war mit einem Plus von 1008,6 Prozent vor einem Jahr geradezu explodiert. Grund ist ein einziges Projekt: Der Neubau der Grundschule. Die Kosten für das bislang teuerste Projekt der Gemeindegeschichte waren zuletzt auf rund 28 Millionen Euro gestiegen. Nach den Herbstferien sollen die Schüler einziehen. Immerhin: Gegenüber 2022 konnte Oststeinbek Verbindlichkeiten in Höhe von 4,8 Prozent abbauen.
Ahrensburg steht auf der Schuldner-Liste nur noch auf Platz fünf hinter Reinfeld
Stormarns größte Stadt, Ahrensburg, kann sich weiter verbessern. Nachdem die Schlossstadt noch vor zwei Jahren auf dem Treppchen der größten Schuldner stand, ist es jetzt nur noch Platz fünf. Reinfeld ist dank einer Neuverschuldung in Höhe von 20 Prozent an Ahrensburg vorbeigezogen und steht nun mit Verpflichtungen in Höhe von rund 14,2 Millionen Euro vor der Schlossstadt (rund 13 Millionen Euro) an vierter Stelle.
Hier machen sich zahlreiche Großprojekte in der Karpfenstadt bemerkbar, vor allem der Neubau der Bahnbrücke und des Busbahnhofs bis 2025, der rund 30 Millionen Euro kostet, und die Teilsanierung der Matthias-Claudius-Grundschule für drei Millionen Euro. Von den Kosten für ersteres Projekt erhält die Stadt laut Bürgermeister Roald Wramp aber einen Großteil von Deutscher Bahn, Bund und Land zurückerstattet.
Stormarns größte Stadt muss dreistelligen Millionentrag in Schulen investieren
Ahrensburg dagegen konnte Verbindlichkeiten in Höhe von 5,1 Prozent zurückzahlen. Die Pro-Kopf-Verschuldung ist mit 379 Euro eine der niedrigsten unter den großen Kommunen im Kreis. Doch die Bilanz der Schlossstadt ist weniger positiv, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Denn sie ist vor allem darauf zurückzuführen, dass bereits beschlossene Vorhaben aufgrund von Personalmangel im Rathaus immer wieder verschoben werden.
Der Landesrechnungshof hat deshalb wiederholt Ahrensburgs geringe Umsetzungsquote bei Investitionsvorhaben gerügt. In den kommenden Jahren stehen mit dem Neubau des Schulzentrums Am Heimgarten, einem neuen Gebäude für die Grundschule Am Aalfang, der Sanierung der Stormarnschule und den geplanten Neubau von zwei Feuerwachen Projekte mit einem Gesamtvolumen weit jenseits der Marke von 100 Millionen Euro auf dem Programm.
Bargteheide ist seit 17 Jahren schuldenfrei – und damit landesweit einzigartig
Neidisch dürfte man aus manch anderer Kommune nach Bargteheide blicken: Die Stadt mit mehr als 16.000 Einwohnern ist schuldenfrei – und das bereits seit 17 Jahren. Für eine Kommune dieser Größe ist das nicht nur kreisweit besonders, sondern sogar landesweit einzigartig.
In naher Zukunft dürfte es mit Bargteheides Schuldenfreiheit allerdings vorbei sein. Zwar hat die Stadt noch Rücklagen, doch zahlreiche teure Projekte wie der Neubau der Feuerwache für mehr als 15 Millionen Euro, der bereits seit etlichen Jahren geplant ist, stehen erst noch an. Ebenfalls auf der Agenda: der Neubau einer Sporthalle für das Kopernikus-Gymnasium für knapp zehn Millionen Euro und die Ertüchtigung der Halle der Dietrich-Bonhoeffer-Schule für 1,2 Millionen Euro.
Auch in diesem und dem kommenden Jahr plant Stormarn ohne Schulden
Insgesamt sind 21 Gemeinden und damit etwas mehr als ein Drittel der Orte in Stormarn ohne Schulden. Finanziell gut aufgestellt ist auch die Kreisstadt Bad Oldesloe mit rund 1,5 Millionen Euro Schulden (minus 12,8 Prozent) und einer Pro-Kopf-Verschuldung von nur 59 Euro.
Für den Kreis erwartet Landrat Henning Görtz indes, dass dieser zumindest im laufenden und dem kommenden Jahr weiter schuldenfrei bleibt. „Für den Haushalt 2025 rechnen wir zwar mit einem Minus, aber dank Rücklagen, die wir in den vergangenen Jahren gebildet haben, können wir das ausgleichen“, sagt er. Wie es in zwei Jahren weitergehe, müsse sich zeigen.