Glinde. Zweiter Bauabschnitt am Alten Gleisdreieck in Glinde ist fertig, die 45 Wohnungen waren schnell vergeben. 44 weitere Einheiten in 2025.
Barbara (75) und Herbert Mahenke (73) sitzen an diesem Morgen auf dem Balkon ihrer neuen Bleibe, der mit Holzdielen ausgelegt ist, und genießen den Sonnenschein. Das Paar lebt seit wenigen Wochen im Quartier am Alten Gleisdreieck in Glinde, hat seine Eigentumswohnung am Oher Weg unweit des Schulzentrums vermietet. „Wir denken nicht mehr an das alte Zuhause. Es ist toll hier, sehr still, der Umgang in der Anlage miteinander freundlich. Ärzte sind in der Nähe, die Bushaltestelle befindet sich vor der Tür“, sagt der Senior. Auch Nachbarn fühlen sich in ihrer neuen Umgebung pudelwohl. Sie sind in einem Gebäude untergekommen mit 45 Einheiten, das auch als zweiter Bauabschnitt bezeichnet wird. Die Wohnungen waren schnell vergriffen.
Die Mahenkes hatten sich bereits vor sechs Jahren beim Investor, der Firma Semmelhaack aus Elmshorn, registrieren lassen. Sie wollten unbedingt einen Fahrstuhl haben wegen möglicher körperlicher Einschränkungen im Alter. Noch sind sie fit, der Rentner ist viel mit dem Rad unterwegs. Das Treppensteigen bis in den dritten Stock ist für ihn kein Problem. Dass sie so lange bis zum Einzug warten mussten, lag an einer Bürgerinitiative, die das Projekt verhindern und das Areal als kleines Waldstück erhalten wollte. Die Gruppe ging gegen den Bebauungsplan vor, zog ihre Klage wenige Tage vor der ersten mündlichen Verhandlung am Oberverwaltungsgericht Schleswig zurück.
Immobilien in Glinde „wie eine Ferienanlage“: Auswärtige zahlen 14 Euro kalt pro Quadratmeter
Durch die Verzögerungen änderte Semmelhaack nicht nur einmal den Plan. Die Siedlung besteht aus zwei fünfgeschossigen Komplexen mit zusammen 89 Wohnungen, davon sind 36 öffentlich gefördert. Die Miete beträgt in diesem Segment 6,25 kalt pro Quadratmeter. Hinzu kommen 30 Reihenhäuser, die ebenfalls vermietet sind und zuerst fertiggestellt waren. Das ganze Projekt kostet rund 34 Millionen Euro.
Wer eine frei finanzierte Bleibe bekommt, zahlt 14 Euro kalt pro Quadratmeter. So wie die Mahenkes. Ihre Dreizimmerwohnung erstreckt sich über 74 Quadratmeter. Sämtliche Einheiten werden mit Küche, Gefrier- und Kühlschrank sowie Backofen vermietet. „Das ist ja nicht die Regel“, sagt Ragna Budde, die eine von 23 öffentlich geförderten Wohnungen in dem Gebäude ergattert hat. Zuvor lebte die 77-Jährige im Stadtteil Wiesenfeld in vier Zimmern. Ihr Mann, ein beliebter Lokalpolitiker und viele Jahre Bürgervorsteher, starb 2020. Die Wohnung war für eine Person zu groß. Budde hat sich einen neuen Fernsehtisch sowie einen Wohnzimmerschrank zugelegt, sich von jeder Menge Mobiliar getrennt.
Immobilien in Glinde „wie eine Ferienanlage“: Die Wege zu drei Supermärkten sind kurz
Sie kennt viele Personen, die hier eingezogen sind. Das erleichtert die Gewöhnung an die neue Umgebung ungemein. „Außerdem ist die Wohnung mit ihrem Vinylboden sehr pflegeleicht, die Fenster sind schalldicht. Von den Bauarbeiten nebenan bekomme ich nichts mit.“ An der Ecke Möllner Landstraße/Am Sportplatz wird gerade das zweite Mehrfamilienhaus hochgezogen im KfW-55-Standard. Drei komplette Geschosse sind schon zu sehen. Im Frühjahr 2025 soll die Immobilie fertig sein.
Ragna Budde lobt die kurzen Wege zum Einkaufen. Zum Aldi müsse sie nur über die Straße, Edeka und Lidl seien gleich um die Ecke. Zweimal in der Woche geht sie auf den Markt. Das dauert nur wenige Minuten. Die Sozialwohnungen wurden nur an Glinder vergeben. Das gilt auch für jene 13 im zweiten Fünfgeschosser. Die Stadt hat ein Vorschlagsrecht. „Die Zahl der Mieter aus benachbarten Kommunen im frei finanzierten Bereich ist an einer Hand abzuzählen“, sagt Linus Zeeuw, Vertriebtsmitarbeiter bei Semmelhaack und zuständig für Objekte in Stormarn sowie im Kreis Herzogtum Lauenburg. Auch beim noch nicht errichteten Haus haben Auswärtige Chancen, können auf bis zu 97 Quadratmetern leben. Das kostet dann 1358 Euro kalt pro Monat.
Gleisdreieck Glinde: Mieter (32) schwärmt von Wohnung
„Bei den geförderten Wohnungen haben wir versucht, hauptsächlich Senioren reinzubringen“, sagt Zeeuw. Cihad Yayman hat eine solche abbekommen und ist erst 32 Jahre. Der in Glinde aufgewachsene Mann, ein Vertriebler, war schon lange auf der Suche. Er wohnt jetzt im Erdgeschoss und sagt: „Das ist wie eine Ferienanlage und sehr harmonisch.“ Das bestätigt auch Eva-Maria Schneider (86), die mit ihrem Mann Helmuth (75) auf 60 Quadratmetern lebt und auf der Terrasse mit einer Nachbarin Klönschnack hält. „Ich habe hier eine Frau kennengelernt, für die ich den Einkauf übernehme“, berichtet die rüstige Rentnerin. Ihr Gatte sei handwerklich sehr geschickt, das habe sich rumgesprochen. „Deshalb klingelt es ab und zu mal, manch einer benötigt eine Schraube.“
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Die Schneiders hatten in einem Reihenhaus gewohnt, der Vermieter klagte auf Eigenbedarf. Sie sind zuerst dagegen angegangen, wollten sich dann aber nicht mehr ärgern und wählten das Alte Gleisdreieck aus. „Ich bin froh, dass wir jetzt hier sind. Es ist altersgerecht und mit weniger Arbeit im Haushalt verbunden. Und zum Einkaufen braucht man das Auto nicht mehr“, sagt die Seniorin. Ihren Nachbarn Paul Nowatzki (82) kennt sie schon seit Jugendzeiten. Der frühere Vorsitzende der Glinder Tafel und seine Frau Beate (77) haben sich eine 74-Quadratmeter-Wohnung im Erdgeschoss gesichert. Von der Terrasse blicken sie auf eine Rasenfläche, dahinter liegen ein Regenrückhaltebecken sowie der Wanderweg. Es ist idyllisch. „Für mich ist das nach 40 Jahren in einem Zweifamilienhaus eine totale Umstellung, aber meine Frau hat Mobilitätsprobleme und konnte die Treppen nicht mehr steigen“, sagt Paul Nowatzki.
Gleisdreieck Glinde: Gemeinschaftsraum wurde zur Wohnung umfunktioniert
Er ist seit Jahrzehnten Mitglied der Baugenossenschaft Sachsenwald, wollte eigentlich in deren geplantes Quartier im Stadtteil Wiesenfeld ziehen. Wie berichtet, verzögert sich das Projekt. Die Nowatzkis wollten nicht länger warten. In ihrer neuen Siedlung, die Wärme und Strom über ein Blockheizkraftwerk generiert, gibt es übrigens eine Wohnung mehr als zuletzt vom Investor kommuniziert. Ein Gemeinschaftsraum, der zum Beispiel für einen ambulanten Pflegedienst angedacht war, wurde umfunktioniert.