Glinde. Auf dem Areal Altes Gleisdreieck entstehen 89 Wohnungen, davon 36 öffentlich gefördert, und 31 Reihenhäuser. Wann die Vergabe ist.
Zwei große Kräne sind auf dem Areal Altes Gleisdreieck in Glinde positioniert, Passanten haben Blick auf Dutzende Rohre und andere Materialien. Sie lagern auf sandigem Untergrund, werden alsbald verbaut. Im hinteren Teil Richtung Sportplatz, zu dem man von der Möllner Landstraße wegen einer Sperrung gerade nicht mit dem Auto durchkommt, entstehen die ersten Gebäude. Zahlreiche Handwerker sind hier zugegen – bei dem Wohnungsbauprojekt, das nicht unumstritten ist. Eine Bürgerinitiative wollte es stoppen und holte sich juristischen Beistand. Ihr Ziel war, dass das Oberverwaltungsgericht in Schleswig den Bebauungsplan als unwirksam erklärt. Daraus wird nichts mehr. Die Klage wurde jetzt zurückgezogen. Damit ist ein Jahre andauernder Streit beendet.
Eigentlich war für kommende Woche die erste mündliche Verhandlung angesetzt, nachdem eine Normenkontrollklage im Eilverfahren bereits abgewiesen wurde. Das Hauptverfahren stand noch aus. Eine aufschiebende Wirkung war damit allerdings nicht verbunden. Deshalb konnte der Investor, das Unternehmen Semmelhaack mit Sitz in Elmshorn, loslegen. Das geschah im Frühjahr.
Bauprojekt kostet mindestens 34 Millionen Euro
In zentraler Lage entstehen 31 Reihenhäuser und 89 Wohnungen in zwei Gebäuden mit jeweils vier Geschossen plus Staffelebene, davon 36 öffentlich gefördert, die allesamt vermietet werden. „Wir sind erleichtert, können das Werk jetzt emotional unbelastet beenden“, sagt Hartmut Thede, Leiter der Projektentwicklung und Mitglied der Geschäftsleitung bei Semmelhaack. Das Investitionsvolumen soll sich bei rund 34 Millionen Euro einpendeln. „Es ist aber nicht auszuschließen, dass wir die Grenze überschreiten“, so Thede mit Blick auf gestiegene Kosten für Materialien.
Klageführer war ein Ehepaar. In der Öffentlichkeit spricht jedoch Michael Riedinger für die Bürgerinitiative. Den Grund für den Rückzug beschreibt er so: „Wir wollten das Gleisdreieck im ursprünglichen Zustand als Biotop erhalten. Es ist unrealistisch, dass man selbst im Fall eines positiven Gerichtsentscheids für uns die Gebäude abgerissen hätte.“
Bürgermeister Rainhard Zug war sich sicher, dass es an dem B-Plan nichts zu beanstanden gibt. Er sagt: „Wir haben auf ein Höchstmaß an Sicherheit geachtet, wurden von zwei Juristen beraten.“ An den Verfahrenskosten wird Glinde laut dem Verwaltungschef zu 50 Prozent beteiligt und muss 900 Euro entrichten. Der Streitwert habe 15.000 Euro betragen. Allerdings rechnet Zug mit Anwaltskosten zwischen 10.000 und 12.000 Euro. „Wir haben durch die Auseinandersetzung jede Menge Zeit und vor allem Wohnungen verloren. Das ist sehr ärgerlich“, so Zug.
Initiative beschwerte sich bei der Kommunalaufsicht wegen Verkauf von Grundstück
Ursprünglich wollte Semmelhaack 153 Wohnungen in sieben Gebäuden mit 60-prozentigem öffentlich geförderten Anteil schaffen. Den Bebauungsplan fasste die Politik 2015. Das Unternehmen kaufte Glinde ein 1,2 Hektar großes Grundstück für 75 Euro pro Quadratmeter ab, man orientierte sich bei der Wertermittlung am Gutachterausschuss des Kreises. Zu günstig, monierte die Bürgerinitiative und beschwerte sich bei der Kommunalaufsicht. Das Expertengremium revidierte seine Einschätzung und wertete den Bereich von Bauerwartungsland zu Bauland auf. Der Preis wurde neu festgelegt und erhöhte sich auf 170 Euro.
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Semmelhaack änderte wegen der gestiegenen Kosten seinen Plan, was von der Politik gebilligt wurde. Jetzt waren es 89 Wohnungen, 62 davon mit günstigen Mieten, und 31 Reihenhäuser. Weil die Initiative gegen den Bebauungsplan vorging, wollte das Unternehmen kein Risiko eingehen und wartete zunächst ab. Eine denkbare Fertigstellung in 2018 war somit geplatzt. Die extreme Verteuerung der Materialien führte schließlich zum Umdenken. Ende vergangenen Jahres kündigte der Investor den Baustart für 2022 an, drängte auf eine weitere Reduzierung bei den Sozialwohnungen. Wie berichtet, stimmte die Politik mehrheitlich zu. Entscheidungsträger wollten, dass es endlich losgeht. Das ist verständlich. Schließlich wurde das erste Konzept vor neun Jahren vorgelegt mit dem Ziel, das 2,1-Hektar-Areal bis 2016 zu bebauen.
Mehr als 200 Personen sind auf Warteliste registriert
Semmelhaack erhöht seine Beteiligung am Kreisel an der Ecke Möllner Landstraße/Am Sportplatz von 330.000 auf 425.000 Euro, schafft unter anderem einen Wanderweg samt Spielstation sowie einen Bürgersteig an der Westseite der Straße. Eines ist sicher: Nicht jeder Interessent wird eine Wohnung erhalten. Bereits jetzt sind mehr als 200 Personen auf einer Liste registriert. Die Vergabe wird laut Thede frühestens im kommenden Sommer sein. Fertigstellung ist im Frühjahr 2024.
Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein zahlen 6,25 Euro kalt für den Quadratmeter, bei den frei finanzierten Bleiben sind zwischen 11,50 und 13,50 Euro fällig – je nach Lage. Für die 110-Quadratmeter-Reihenhäuser mit drei Ebenen und ohne Keller werden 13,50 Euro aufgerufen.