Bad Oldesloe. Bei Podiumsdiskussion erteilt Geschäftsführer Forderungen nach Weiterbetrieb eine Absage. Landrat sieht bei Bürgern Mitverantwortung.
Das Aus für die Chirurgie an der Asklepios-Klinik Bad Oldesloe steht fest. Das hat der Geschäftsführer des Krankenhauses, Jörgen Wissler, am Mittwochabend noch einmal deutlich gemacht und Forderungen, die Fachabteilung doch noch zu erhalten, eine Absage erteilt. „Wir machen am Standort Bad Oldesloe seit vielen Jahren unter dem Strich ein Minus“, sagte er. „Mit dem Weg, den wir jetzt eingeschlagen haben, wird die Existenz der Klinik gesichert.“
Die Oldesloer CDU hatte unter dem Motto „Ist das Aus für das Oldesloer Krankenhaus alternativlos?“ zu einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion ins Bella-Donna-Haus eingeladen. Mit dabei waren neben Wissler Stormarns Landrat Henning Görtz, der Vorsitzende des für das Rettungswesen zuständigen Ordnungsausschusses des Kreistags, Dennis Möck (CDU), der Geschäftsführer des Pflegeheim-Betreibers Riedel, Daniel Schöneberg, die CDU-Landtagsabgeordnete Marion Schiefer und Dr. Victoria Witt von der Ärztegewerkschaft Marburger Bund.
Asklepios-Klinik Bad Oldesloe: Keine Honnfung mehr für Weiterbetrieb der Chirurgie
Mit der Veranstaltung wolle man mehr Sachlichkeit in die emotional geführte Debatte um die Zukunft des ehemaligen Kreiskrankenhauses bringen, hatte der Oldesloer CDU-Vorsitzende Mathias Nordmann im Vorfeld gesagt. Das gelang nur bedingt. Im fast bis auf den letzten Platz voll besetzten Saal kochten bei schweißtreibenden Temperaturen immer wieder die Emotionen hoch. Die Wortmeldungen aus dem Publikum, in dem auch zahlreiche Klinikmitarbeiter vertreten waren, reichten von Verständnis für die Entscheidung des Unternehmens über leidenschaftliche Appelle bis hin zu scharfer Kritik an Asklepios und am Kreis.
Der Klinikkonzern, der das Kreiskrankenhaus 2002 übernommen hat, hatte im vergangenen Herbst angekündigt, die chirurgische Abteilung Ende Januar schließen zu wollen. Als Grund nannte das Unternehmen sinkende Patientenzahlen, die einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb nicht mehr zuließen. Aktuell verfügt die Klinik mit rund 300 Mitarbeitern über 136 Betten, davon 29 in der Chirurgie.
Für den Weiterbetrieb der Chirurgie fehlen jährlich zwei bis drei Millionen Euro
Am Mittwoch nannte Klinikgeschäftsführer Wissler konkrete Zahlen: Demnach fehlen jährlich zwei bis drei Millionen Euro, um die Chirurgie weiterbetreiben zu können. Stattdessen will Asklepios die Oldesloer Klinik als Spezialklinik für Innere und Herzmedizin neu aufstellen, hat dazu bereits in den Ausbau der Kardiologie investiert. Unter anderem holte der Konzern Anfang des Jahres acht Herzspezialisten von den Segeberger Kliniken nach Bad Oldesloe.
In der Bevölkerung und in der Stormarner Kreispolitik werden die Pläne mit großer Sorge verfolgt. Denn der Rettungsdienst müsste Patienten mit chirurgischen Notfällen künftig in die weiter entfernten Kliniken nach Lübeck, Hamburg oder Bad Segeberg bringen. Im schlimmsten Fall könnte die Notaufnahme in Bad Oldesloe gänzlich vor dem Aus stehen. Denn laut Kieler Gesundheitsministerium würde sie ohne Chirurgie nicht mehr die bundesrechtlichen Anforderungen an eine Notaufnahme erfüllen.
Nachts und am Wochenende ist die Chirurgie bereits geschlossen
Asklepios hat laut Wissler in der vergangenen Woche beim Ministerium einen Antrag auf Einstufung als Spezialversorger eingereicht, die es dem Konzern ermöglichen würde, weiterhin eine Notaufnahme zu betreiben, beschränkt auf internistische Notfälle. Derzeit führt das Unternehmen den Betrieb der chirurgischen Abteilung eingeschränkt weiter.
Tagsüber werden von Montag bis Freitag vorerst weiterhin Patienten behandelt, nachts und am Wochenende ist die Chirurgie nicht besetzt. Das hatte Asklepios Anfang des Jahres zugesagt, um die Zeit bis zu einer Entscheidung des Landes zu überbrücken. Das Ministerium in Kiel wartet zurzeit auf die Ergebnisse der Krankenhausbedarfsanalyse, die im Juli vorliegen sollen.
Landrat lehnt Zuschuss aus dem Kreishaushalt und Rekommunalisierung ab
Ob es für Bad Oldesloe eine Sondergenehmigung geben wird, ist unklar. „Das ist keine politische Entscheidung, sondern obliegt dem Landeskrankenhausausschuss“, sagte die Landtagsabgeordnete Marion Schiefer. Es sei fraglich, ob die Krankenkassen diesen Sonderweg mitgingen „nur aufgrund der wirtschaftlichen Interessen des Klinikbetreibers“.
Sowohl Landrat Görtz als auch der Vorsitzende des Ordnungsausschusses Möck zeigten sich ablehnend gegenüber Forderungen aus dem Publikum, die Oldesloer Klinik mit einem Zuschuss aus dem Kreishaushalt zu stützen oder gar zu rekommunalisieren. „Es ist nicht die Aufgabe des Kreises, sich an der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Asklepios zu beteiligen“, sagte Görtz.
Görtz nennt Imland-Kliniken im Kreis Rendsburg-Eckernförde als mahnendes Beispiel
Wer fordere, der Kreis möge das Krankenhaus zurückkaufen, müsse sich der Konsequenzen bewusst sein. Stormarn könne es sich auf Dauer nicht leisten, jährlich ein zweistelliges Millionendefizit auszugleichen, so der Landrat mit Verweis auf den Kreis Rendsburg-Eckernförde. Dieser hatte die dortigen Imland-Kliniken jahrelang gestützt, inzwischen wurden sie privatisiert. „Wir müssten dann die Ausgaben in anderen Bereichen wie bei Schulen, Kitas und sozialen Leistungen drastisch zurückfahren“, so Görtz.
„Die Kosten, die auf den Kreis zukämen, lassen sich gar nicht überblicken“, sagte Möck. Die Entscheidung, die Klinik zu privatisieren, sei 2002 im Kreistag mit großer Mehrheit vor dem Hintergrund ausufernder Kosten und eines hoch verschuldeten Kreises gefallen.
Bei Aus für chirurgische Abteiluung droht keine Versorgungslücke
Eine Versorgungslücke entstehe durch die Schließung der Chirurgie nicht, betonten sowohl Möck als auch Klinikgeschäftsführer Wissler. 2023 seien 60 Prozent der Notfallpatienten auf der internistischen Station aufgenommen worden, nur zwischen zehn und 20 Prozent seien chirurgische Notfälle gewesen, so Wissler.
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Möck bestätigte diese Zahlen. „Im ersten Quartal 2024 hat der Rettungsdienst Bad Oldesloe 849 Mal angefahren. Davon waren nur 25 chirurgische Notfälle.“ Nach schweren Unfällen würden Patienten schon lange in die Kliniken nach Hamburg oder Lübeck gebracht, ergänzte Görtz. „Das kann Bad Oldesloe gar nicht leisten.“
Klinikgeschäftsführer wehrt sich gegen Kritik, es gehe nur um wirtschaftliche Interessen
Die gute Versorgung der Patienten stehe zwar an erster Stelle, allerdings beinhalte das auch eine gute Qualität der Versorgung, betonte Dr. Victoria Witt vom Marbuger Bund. „Es ist deshalb sinnvoll, Behandlungskompetenzen für seltenere, komplexere Krankheitsbilder an einigen wenigen Standorten zu bündeln und dafür im Zweifel auch weiter zu fahren“, so die Neurologin.
Klinikgeschäftsführer Wissler wehrte sich gegen die Kritik, Asklepios gehe es nur um wirtschaftliche Interessen und nicht um die beste Versorgung der Patienten. „Wir müssen genauso Qualität bringen wie ein kommunaler Betreiber“, sagte er. Im Übrigen sei jede Arztpraxis streng genommen ein Privatunternehmen. „Sie brauchen nicht zu glauben, dass da immer der Mensch an erster Stelle steht.“
Wissler räumt Fehler in der Kommunikation in den vergangenen Monaten ein
Wissler übte scharfe Kritik an der Bundesregierung. „Gerade war den Medien zu entnehmen, dass sich die Krankenhausreform von Herrn Lauterbach voraussichtlich bis ins kommende Jahr verzögert. Für uns bedeutet das, dass wir weitere Monate nicht wissen, woran wir sind“, beklagte er.
Gleichzeitig räumte Wissler ein, dass die Kommunikation in den vergangenen Monaten unglücklich gelaufen sei. „Wir haben uns zu Beginn entschieden, erst zu einem späteren Zeitpunkt mit unseren Ideen an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn wir mehr Klarheit über die künftigen politischen Rahmenbedingungen haben“, sagte er. Im Nachhinein sei das ein Fehler gewesen, der zu Verunsicherung geführt habe.
Asklepios bekennt sich zum Standort Bad Oldesloe und will weiter investieren
Befürchtungen, mit der Reform könnte die Klinik in der Kreisstadt insgesamt vor dem Aus stehen, trat Wissler entschieden entgegen. „Wir glauben an eine Zukunft in Bad Oldesloe“, betonte er. Allein dieses Jahr habe Asklepios rund 600.000 Euro in den Standort investiert. „Besonders in der Inneren Medizin sehen wir stark aufstrebende Tendenzen.“
Landrat Görtz warb dafür, künftig stärker an einem Strang zu ziehen, um die Zukunft der Oldesloer Klinik zu sichern. „Die Schließung der Chirurgie ist entschieden“, so der Landrat. „Wir sollten lieber schauen, wie wir das Krankenhaus insgesamt erhalten können.“ Dabei nahm Görtz auch die Bürger in die Pflicht. „Es gibt Gründe, warum wir uns jetzt in dieser Situation befinden“, so der Landrat. „Dazu zählt auch, dass viele Stormarner sich in den vergangenen Jahren bewusst entschieden haben, mit Operationen und anderen planbaren Eingriffen nicht nach Bad Oldesloe sondern in andere Krankenhäuser zu gehen.“