Bad Oldesloe. Zahl der Ausländer in Stormarn hat sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Welche Nationen am häufigsten vertreten sind.

Seit vielen Jahren wächst die Einwohnerzahl in Stormarn stetig. Inzwischen wohnen fast 248.000 Menschen zwischen Reinfeld und Reinbek. Einen großen Anteil am anhaltenden Zuzug haben aber nicht nur stressgeplagte Großstädter aus Hamburg, die es immer häufiger in den Speckgürtel der Elbmetropole zieht. Der Kreis zieht indes auch Tausende Bürger anderer Staaten an. „Deren Zahl hat sich innerhalb von nur zehn Jahren mehr als verdoppelt, von 12.742 im Jahr 2014 auf aktuell 26.603“, sagt Carsten Frerichmann-Brandt, Leiter der Stormarner Ausländerbehörde.

Für Menschen aus 147 Ländern ist der Kreis zweite Heimat

Wie international der Kreis tatsächlich ist, wird noch durch eine weitere Zahl unterstrichen. Denn Ende Mai dieses Jahres lebten und arbeiteten hier Menschen aus 147 unterschiedlichen Nationen. Während Angehörige aus EU-Staaten lange Zeit die größte Gruppe der Eingewanderten stellten, hat in den vergangenen Jahren die Zahl an Asylbewerbern, insbesondere aus dem Nahen Osten, deutlich zugenommen.

„Die vielen kriegerischen Konflikte dieser Welt spiegeln sich auch in den veränderten Zahlen der Ausländerbehörde wieder“, sagt Andreas Rehberg, Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Gefahrenabwehr der Kreisverwaltung. 7751 EU-Bürgern stehen inzwischen 7374 Menschen gegenüber, die eine Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen und humanitären Gründen haben.

Polen stellten lange die größte Gruppe von Einwanderern

Hinzu kommen 4172 Menschen, die bereits ein unbefristetes Aufenthaltsrecht haben, und 2386, deren Aufenthaltserlaubnis durch familiäre Gründe gegeben ist. Außerdem ist 940 Ausländern der Aufenthalt in Verbindung mit einer beruflichen Tätigkeit oder einer Ausbildung gestattet.

Während vor zehn Jahren noch Polen mit 1836 Männern, Frauen und Kindern die am häufigsten in Stormarn vertretene Ausländergruppe vor der Türkei (1614) und Portugal (538) stellte, ist es nunmehr, wenig überraschend, die Ukraine. Das von Russland überfallene und vom Krieg gezeichnete Land liegt derzeit mit 2915 im Kreis lebenden Staatsbürgern knapp vor Afghanistan (2855), Syrien (2563), Polen (2380) und der Türkei (1896).

Gesetzesänderung ermöglicht wieder doppelte Staatsbürgerschaft

„Menschen aus Syrien, Afghanistan, Polen und der Ukraine, sowie aus dem Iran und dem Irak stellen derzeit die meisten Anträge auf Einbürgerungen“, berichtet Frerichmann-Brandt. Noch nicht absehbar sei unterdessen, wie viele weitere Fälle ab 27. Juni hinzukommen werden.

An diesem Tag tritt eine Gesetzesänderung in Kraft, wonach fortan die doppelte Staatsbürgerschaft wieder ermöglicht wird. Nach dem alten Gesetz musste man sich zwischen der ursprünglichen Staatsangehörigkeit und der deutschen entscheiden. Mit der neuen Regelung ist die doppelte Staatsbürgerschaft gesetzlich erlaubt, womit die frühere Optionspflicht entfällt. Das hatte der Bundestag am 19. Januar 2024 beschlossen. 

Rechtsexperten erwarten längere Wartezeiten für Einbürgerung

Diese Änderung reflektiert eine modernere Sicht auf Globalisierung und Migration. „Menschen, die schon lange hier leben und arbeiten, können sich nun schneller einbürgern lassen und müssen dafür nicht mehr einen Teil ihrer Identität aufgeben“, würdigte Schleswig-Holsteins Sozialministerin Aminata Touré die Novelle. Damit passe sich das Staatsangehörigkeitsrecht endlich der Lebensrealität zahlreicher Menschen in Deutschland an. „Das ist ein ganz wichtiger Schritt hin zu einem modernen Zuwanderungsland“, so Touré.

Menschen, die bereits seit Längerem in Deutschland arbeiten und gut integriert sind, können nun schon nach fünf statt acht Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Bei der Eheschließung mit einer/einem Deutschen oder besonderen Integrationsleistungen wie Sprachkenntnissen, sozialem Engagement oder beruflichen Qualifikationen ist die Einbürgerung sogar schon nach drei Jahren möglich. Die Vorteile reichen von umfassenden politischen Rechten und visafreiem Reisen bis hin zu besseren Arbeitsmöglichkeiten und steuerlichen Vorteilen.

Warteliste in Stormarn umfasst schon jetzt fast 1000 Fälle

Laut Rechtsexperten wird die Einführung des neuen Einbürgerungsgesetzes indes zu mehr als doppelt so vielen Antragstellungen als bisher führen und damit zu längeren Wartezeiten. Wurden 2014 in Stormarn gerade 155 Einbürgerungsanträge bearbeitet, so beläuft sich die Prognose für das laufende Jahr auf bis zu 700. Unterdessen standen Ende Mai bereits 914 Einzelpersonen und Familien auf der Warteliste. Der Terminvorlauf beläuft sich derzeit auf elf Monate, für die Bearbeitung des Antrags kommen dann noch einmal zwei bis drei Monate hinzu.

Im Vorgriff auf die Gesetzesänderung ist die Ausländerbehörde in den vergangenen Jahren personell bereits massiv aufgestockt worden. Waren vor zehn Jahren dort noch acht Mitarbeiter beschäftigt, so sind es inzwischen 27. Deutlich erhöht wurde das Personal vor allem in der Einbürgerungsbehörde. Waren hier 2014 gerade 1,5 Stellen angesiedelt, so sind es jetzt 13.

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„Wegen der ständigen Zunahme an ausländischen Staatsangehörigen bleibt es eine große Herausforderung, Antragstellern zeitnah Termine anbieten zu können“, sagt Andreas Rehberg. Durch die sich ständig ändernden Vorschriften sei es für die Mitarbeiter zudem schwer, rechtlich aktuell auf dem Laufenden zu bleiben und entsprechend zu agieren.

„Die Gesetzesänderungen erfordern ständig Umstellungen von Prozessen und erfordern eine intensive Beschäftigung mit der juristischen Materie“, bestätigt Carsten Frerichmann-Brandt. Momentan gebe es 164 verschiedene Rechtsgrundlagen für Aufenthaltstitel. Das erschwere nicht zuletzt die Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen. Und auch die Akquise neuen Personals werde angesichts dieser Rahmenbedingungen nicht gerade einfacher.