Norderstedt. Politiker beschließen sofortigen Stopp für Umbau- und Umzugspläne. Frühestens 2027 können die Handwerker rein. Die Mängelliste.
Es tropft, es zieht, es ist zu eng. Der Brandschutz reicht nicht, die Heizung ist marode, kurz: Das Rathaus in Norderstedt ist ein Sanierungsfall. Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder hat den Politikern im Hauptausschuss vor Augen geführt, was da alles repariert und modernisiert werden muss. Und doch: Trotz der Schreckensliste stoppten die Politiker alle Umbau- und Umzugspläne mit sofortiger Wirkung.
„Die personellen Ressourcen in der Stadtverwaltung sind begrenzt“, schreiben CDU und SPD in ihrem gemeinsamen Antrag für den Umbau- und Umzugsstopp. Es gebe nicht genügend Mitarbeitende, um die vielen aktuellen Bauvorhaben wie das Bildungshaus, den Campus Glashütte, die OGGS Harkshörn, das Feuerwehrtechnische Zentrum „und vieles mehr“ voranzubringen.
Rathaus Norderstedt: Dach, Fassaden und Fenster müssen saniert werden
Hinzu kämen „akute Sanierungsfälle am Gymnasium Harksheide und der Willy-Brandt-Schule“. Um die lange Liste der Projekte, die zusammengerechnet eine dreistellige Millionensumme kosten, abzuarbeiten, sei viel Personal nötig. Und das ist etwa im Bauamt schon heute knapp, wie kürzlich Baudezernent Christoph Magazowski berichtete.
Die Verwaltungschefin nahm den Antrag zum Anlass, den Politikern den desolaten Zustand des Rathauses, das 1984 eingeweiht wurde, vor Augen zu führen. Dach, Fassaden und Fenster müssten saniert und energetisch auf einen Stand gebracht werden, der den Anforderungen des Gebäude-Energie-Gesetzes entspricht. Die Sprinkleranlage funktioniere nur eingeschränkt, das Brandschutzkonzept müsse erneuert und realisiert werden.
Räume fehlen, aber ein Anbau ist vom Tisch
Die Stromversorgung reiche nicht für die aktuelle Büroausstattung mit durchschnittlich vier bis fünf angeschlossenen Geräten pro Arbeitsplatz. Eine Vorrangschaltung bei Krisen fehle genauso wie eine energieeffiziente Steuerung des Gebäudes. Die Sanitär- und Trinkwasseranlage erfülle nicht mehr die gesetzlichen Vorgaben und müsse erneuert werden. Das gelte auch für die Heizungsrohre und Heizkörper. Die Heizungssteuerung und die Pumpen seien nicht für einen energieeffizienten Einsatz geeignet.
Wie geht es nun weiter? Ein Anbau ans Rathaus ist vom Tisch. Schon vor gut acht Jahren hatten der damalige Verwaltungschef Hans-Joachim Grote und der frühere Baudezernent Thomas Bosse ehrgeizige Pläne für einen Appendix, weil schon zu der Zeit Räume fehlten – ein Mangel, der sich noch verstärkt hat. Seit der Rathausöffnung vor 40 Jahren sei die Bevölkerung Norderstedts um rund 25 Prozent gewachsen. „Die Verwaltung hat für die Bürgerinnen und Bürger eine Vielzahl von neuen Aufgaben übernommen, die überwiegend noch heute in den Arbeits- und Raumstrukturen erledigt werden, die dem organisatorischen und technischen Stand der 80er-Jahre entsprechen“, sagte Schmieder.
Zu wenig Räume: Stadt musste Mitarbeitende auslagern
Um für alle Mitarbeitenden ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, sei es schon seit längerer Zeit notwendig, extern Räume anzumieten. So sei das Jugendamt seit Sommer 2020 in weiten Teilen in angemieteten Räumen an der Rathausallee 70 angesiedelt. Die Arbeitsplätze im Rathaus seien in den vergangenen zehn Jahren massiv verdichtet worden. Büros, die ursprünglich für zwei Arbeitsplätze ausgerichtet waren, würden heute vielfach mit bis zu vier Schreibtischen ausgestattet. Kommunikations-/Besprechungsräume seien wegen der erheblichen Raumnot in Büroflächen umgewandelt worden.
Noch 2022 war ein Rathaus-Anbau und Umbau für 200 Millionen Euro im Gespräch. Doch Schmieders Vorgängerin Elke Christina Roeder stoppte die Pläne. Sie wollte erst analysiert wissen, welche Folgen die Digitalisierung hat, wenn massenhaft Akten wegfallen und es mehr Platz gibt.
Konzept soll Klarheit bringen, wie das Rathaus der Zukunft aussieht
Diesen Weg geht Katrin Schmieder weiter und erwartet sich Erkenntnisse vom Raum- und Sanierungskonzept, das ein externes Beratungsbüro gemeinsam mit Vertretern der Beschäftigten gerade erarbeitet. 200.000 Euro gibt die Stadt dafür aus. Im ersten Halbjahr 2025 soll die Arbeitsgruppe Ergebnisse präsentieren und erläutern, wie die Verwaltung der Zukunft arbeiten wird, welche Rolle Homeoffice spielt, wie viele Mitarbeiter wie oft im Rathaus arbeiten, wie viele und welche Räume dafür nötig sind.
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Klar ist: Das Verwaltungsgebäude muss auf jeden Fall saniert werden, Sanierung und Umbau für die Moderne sollen kombiniert werden. „Der Sanierungsprozess im laufenden Betrieb würde geschätzt bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen, einen erheblichen planerischen sowie logistischen Aufwand nach sich ziehen und zudem – bei Beibehaltung der Raumstrukturen – nicht signifikant zu einer Modernisierung des Rathauses und einer Umsetzung der Digitalisierung beitragen“, sagte die OB.
Rathaus ist marode – doch die Sanierung muss warten
Um die Arbeiten „bestmöglich kunden- und mitarbeiterorientiert, schnellstmöglich und ressourceneffizient“ erledigen zu können, sei es nötig, dass die Beschäftigten umziehen. Die Politiker hätten zugestimmt, dass die Stadt dafür eine leerstehende Immobilie kauft. Zwar nannte die Verwaltungschefin den Namen nicht, es gilt aber als sicher, dass es sich um das Lufthansa-Gebäude am Schützenwall handelt.
„Dieser Ankauf wird voraussichtlich zum 2. Quartal 2026 abgeschlossen sein“, sagte Schmieder. Ein Umzug des Rathauses in diese Immobilie wäre bei frühzeitiger und effizienter Planung 2027 realistisch. Dann könnten die Handwerker das Verwaltungsgebäude auf den aktuellen Stand bringen.