Norderstedt. Fenster, EDV-Kabel, Brandschutz – Für Renovierung müssen Mitarbeiter ausziehen: In Container oder Neubau?

Dass das Rathaus aus allen Nähten platzt, ist seit mehr als fünf Jahren bekannt. Doch es fehlt nicht nur an Platz für die Mitarbeiter, das Haus der Stadtverwaltung ist ein Sanierungsfall. Mängel müssen dringend beseitigt, das Gebäude modernisiert werden. Zu diesem Ergebnis kommen Tim Bernitt, Leiter des Amtes für Gebäudewirtschaft, und sein Team in ihrer Bestandsaufnahme, die sie den Politikern im Hauptausschuss präsentiert haben.

1984 als moderner Verwaltungsbau mit integriertem Kulturbereich eingeweiht, ist der Bau in die Jahre gekommen. Schon seitdem sich die Türen erstmals für die Norderstedter öffneten, verursacht die komplizierte Dachkonstruktion Probleme. Regnet es stark, leckt es nach unten durch, in früheren Jahren teilweise so heftig, dass die Mitarbeiter Plastikwannen aufstellen mussten.

Nun haben die internen Schadenermittler weitere Mängel festgestellt: Das Elektro- und EDV-Netz kommt an seine Grenzen, heißt es in der Analyse. Nachinstallationen seien zum Teil nur erlaubt, wenn die Unterverteilungen erneuert würden. Die EDV-Verkabelung erfülle nicht mehr die heutigen Ansprüche. Für die Brandmeldeanlagen gebe es keine Ersatzteile mehr, alle Anlagen müssten ausgetauscht werden. „Das Brandschutzkonzept musste überarbeitet werden, weil Normen verschärft wurden. Hieraus ergeben sich bauliche Maßnahmen“, schreibt der Amtsleiter. Die Fenster hätten ihr Lebensalter erreicht und müssten ausgetauscht werden. Die Sprinkleranlage, das Glasdach über der Passage, die Bodenbeläge – drei weitere Problembereiche aus einer langen Liste.

Brandschutzkonzept wurde schon überarbeitet

Erste Schritte, das Gebäude und sein Innenleben an aktuelle Vorgaben anzupassen, sind die Fachleute schon gegangen. Das Brandschutzkonzept wurde überarbeitet und liegt der Bauaufsicht zur Genehmigung vor. Ein Haustechnikbüro wurde beauftragt, die Sprinkleranlage zu begutachten und ein Sanierungskonzept zu erarbeiten.

Aktuell startet die Bestandsaufnahme, der Zustand des Verwaltungskomplexes soll ermittelt werden – wichtige Voraussetzung für die Sanierung und die damit verbundenen Investitionen. Die Ergebnisse wollen die Fachleute im Juni vorlegen. Damit das Rathaus fit gemacht werden kann für die Zukunft, müssen die Mitarbeiter abschnittweise woanders untergebracht werden. Bernitt hat zwei Lösungen präsentiert: Die Beschäftigten weichen in Container aus oder in einen festen Anbau ans Gebäude.

Der war auch schon mal vor gut fünf Jahren im Gespräch, weil schon zu der Zeit Räume fehlten. Hans-Joachim Grote, damals Oberbürgermeister, und Thomas Bosse, damals Baudezernent, überraschten die Politiker mit einem spektakulären Vorschlag: Das Rathaus sollte nicht nur einen Appendix für die Verwaltung bekommen, sondern gleich auch noch das Stadtmuseum beherbergen – seit Jahren wurde über Inhalt und Standort für das Stadtmuseum diskutiert. Doch aus der ehrgeizigen Kombi-Lösung, die bis zum 50. Geburtstag fertig sein und 7,5 Millionen Euro kosten sollte, wurde nichts. Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder hingegen stellte den Rathaus-Anbau zunächst zurück. Sie wollte erst analysiert wissen, welche Folgen die Digitalisierung hat, wenn massenhaft Akten wegfallen und es mehr Platz gibt.

Neubau oder Container: Die Kosten sind fast gleich

Ergeben hat sich allerdings zusätzlicher Bedarf: Ende 2019 gab es 474 Beschäftigte im Rathaus, inzwischen, so die Analyse, sei von 60 weiteren Arbeitsplätzen auszugehen. 27 Mitarbeiter wurden ausgelagert, drei nutzen Räume der Volkshochschule, 24 arbeiten im Moorbek-Rondeel. Allein die Kaltmiete für diese Räume belaufe sich auf gut 100.000 Euro im Jahr. Kommt also der Rathausanbau nun doch? Die Fachleute favorisieren in ihrer Präsentation jedenfalls einen Festbau gegenüber einer Interimslösung mit Mietcontainern. Vor- und Nachteile beider Modelle wurden den Politikern präsentiert. Bei einer angenommenen Sanierungsdauer von 48 Monaten belaufen sich die Mietkosten für die Container auf etwa sieben Millionen Euro. Hinzu komme die Frage, wo das Provisorium aufgestellt werden soll und kann – ein nicht gerade kleines Bauwerk. Die Oberbürgermeisterin und die beiden Dezernenten bräuchten je ein Büro mit Besprechungsbereich und Vorzimmer. Hinzu kämen etwa 20 Einzelbüros für Führungskräfte, 75 Büros für je zwei Mitarbeiter, je Geschoss ein großer und ein kleinerer Besprechungsraum, zwei Pantrys, Toiletten sowie Putzmittel- und Lagerräume.

Für den Anbau werden 7,95 Millionen Euro aufgerufen. Er soll Richtung Alter Heidberg an das Rathaus angedockt werden und auf etwa 2200 Quadratmetern flexibel gestaltbare Räume für 96 Arbeitsplätze bieten. Die Suche nach einem Standort für die Container entfalle, die Stadt steigere mit dem festen Anbau ihr Anlagevermögen, und die Bürger könnten ihre Anliegen an einem gewohnten Standort erledigen, heißt es in der Präsentation zu den Vorteilen des Festbaus. Nun muss die Politik entscheiden. Ein Beschluss steht noch aus.