Norderstedt. Detailliertes Konzept für Norderstedts Großprojekt am Glashütter Damm liegt vor. Welche Bauformen Stadt und Investor planen.
Vielleicht ist es das aufwendigste Bauvorhaben der jüngeren Stadtgeschichte, eines der wichtigsten ist es fraglos: In vielen kleinen Schritten, inklusive enger Beteiligung der Bevölkerung, haben in Norderstedt Rathaus, Politik und Investor über Jahre am Wohngebiet „Sieben Eichen“ mit Hunderten Wohnungen und Häusern, zwischen Schleswig-Holstein-Straße und Glashütter Damm, gearbeitet. Nun scheinen die Beratungen für den Rahmenplan vor dem Abschluss zu stehen, und es zeichnet sich ab, wie das Quartier aussehen könnte.
Dass der Fokus auf möglichst viel Nachhaltigkeit beim Bauen und zugleich zukunftsweisender Energieerzeugung und -versorgung liegen soll, war stets gewollt. Doch da der Bedarf der Interessenten unterschiedlich sein wird, ebenso auch die finanziellen Möglichkeiten, könnte es tatsächlich acht verschiedene Wohnformen geben.
Neues Wohngebiet in Norderstedt: So soll das Quartier Sieben Eichen aussehen
Das „Auenland für Familien“ soll im nördlichen Bereich entstehen, hier sind Einfamilienhäuser und Doppelhäuser vorgesehen, und zwar möglichst mit Gründächern. Diese könnten vor den Auswirkungen von Starkregen schützen, die Verwaltung spricht von einer „natürlichen Abwicklung eines bis zu 100-jährigen Regenereignisses“ und davon, dass im Gebiet des Rahmenplans „mindestens 40 bis 50 Prozent Gründachanteil erreicht wird“.
Im Geschosswohnungsbau, der südlich hieran angrenzen würde, werden geförderte Immobilien im Mittelpunkt stehen, bekanntlich gibt Norderstedt hier eine Quote von 50 Prozent vor. Und: „Ein wesentlicher Anteil der Wärmeenergie soll regenerativ erzeugt werden.“ Genossenschaftliches Wohnen ist im westlichen Teil vorgesehen, altersgerechtes Wohnen („Glashütte – ein Leben lang“) zentral.
„Hygge“-Häuser aus Holz, Wasserkreisläufe, Solarhöfe: Natürliche Ressourcen im Fokus
Weitere betont fortschrittliche Ideen wären das „Hygge-Wohnen mit Holz“, also eine Bauweise mit natürlichen Ressourcen, ebenso ein „Solarhof“, sprich: eine hohe Nutzung der Sonnenenergie. Im „Wohnen mit natürlichem Wasserkreislauf“ orientiert sich die Planung am Grünzug zur Tarpenbek, ein Thema wird hier die Nutzung von Niederschlagswasser sein. Sehr aktuell ist ein weiterer Baustein, nämlich sogenannte Kleinstwohnungen, die sich am östlichen Rand befinden könnten.
Mehr oder weniger Standard ist es heutzutage, dass derartige große Wohngebiete auch eine neue Kindertagesstätte beinhalten, das ist also auch in diesem Fall integriert. Einen Nachbarschaftstreff soll es in der Nähe des Glashütter Damms geben, „ergänzend ist das Ziel eine Minimalversorgung zum Beispiel über Erstellung von Flächen für einen Kiosk zu gewährleisten“.
Parkplätze: Quartiersgarage mit 90 E-Ladestationen
Bleibt das Thema Parkplätze, hier gab es in der Vergangenheit politischen Streit darüber, wie viele Stellplätze für Privatfahrzeuge vorgehalten werden sollten. Die Stadt schlägt vor: „Eine an der Haupterschließung gelegene Quartiersgarage mit Elektroladestationen für circa 90 Wohneinheiten ermöglicht es, den öffentlichen und gemeinschaftlichen Raum größtenteils frei von Autoverkehr in diesen Wohnhöfen so herzustellen.“
Die gesamte Verkehrssituation rund um den Glashütter Damm, und das sogar auf ganzer Länge zwischen den Abzweigungen im Westen und Osten (jeweils zur Segeberger Chaussee), wurde in diesem Jahr bereits überarbeitet. Hier wird sich, sofern die Pläne umgesetzt werden, einiges verändern. Denn neben „Sieben Eichen“ wird es am Kreuzweg ein weiteres Neubaugebiet mit 88 Wohneinheiten, Pflegeheim und Kita geben, dazu auf dem Gelände der Vicelin-Schalom-Kirchengemeinde ebenfalls eine Senioreneinrichtung.
Glashütter Damm: Durchgangsverkehr muss reduziert werden
Als Reaktion hierauf soll die Belastung infolge des Durchgangsverkehrs deutlich reduziert werden. Der Glashütter Damm wird aus dem Hauptverkehrsnetz herausgekommen, sodass unter anderem durchgehend Tempo 30 möglich wäre. Schon im Dezember wird eine neue Elektro-Buslinie den Betrieb aufnehmen und sechs Haltestellen bedienen, zum Paket gehören auch Querungshilfen und Parkplätze auf Seitenstreifen. Zudem will die Stadt die Kreuzungsbereiche an der Poppenbütteler Straße sowie beim Wilhelm-Busch-Platz umbauen, hier wären zusätzliche Abbiegespuren eine Möglichkeit.
Weiterhin steht aus Sicht der Verwaltung fest: „Sieben Eichen“ kann nicht von Norden aus, also mit einer Anbindung über die Schleswig-Holstein-Straße, erschlossen werden. Die Ausnahme ist lediglich der Baustellenverkehr, alles andere sei „rechtlich nicht möglich“, ferner „würde eine Anbindung umfangreiche Schleichverkehre erzeugen, da viele Verkehrsteilnehmer so den Knoten Ochsenzoll umfahren könnten.“ Eine Mehrbelastung mit „quartiersfremden“ Fahrzeugen soll aber unbedingt vermieden werden.
Die Flächen gehören einer Immobilienfirma
Das Areal für „Sieben Eichen“ selbst gehört nicht der Stadt, sondern der Immobilienfirma von Werner und Tobias Schilling mit Sitz in Leopoldshöhe (bei Bielefeld). Vater und Sohn sind Stammgäste in den Sitzungen. Ihre Strategie: Sie kommen für die Erschließungskosten auf, vermarkten ansonsten die Grundstücke. Die inhaltliche Gestaltung war und ist eher Sache der Stadt und der Fraktionen, wenn auch abgestimmt mit den Schillings.
Eine Warteliste potenzieller Käufer gibt es seit längerer Zeit. Steht der Rahmenplan, sollen schrittweise mehrere Bebauungspläne erarbeitet und rechtskräftig beschlossen werden. Wer dann beispielsweise ein Einzelhaus plant, müsste selbst einen Bauträger finden und beauftragen, für den Geschosswohnungsbau dürfte es darum gehen, entsprechende Wohnungsbauunternehmen aus der Region zu finden. Alles würde unter der Vorgabe geschehen, dass die städtebaulichen Ziele auch umgesetzt werden.
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Neues Wohngebiet in Norderstedt: Den Anfang sollen Einfamilienhäuser und Geschosswohnungsbau machen
„Wir hoffen, dass es relativ zügig gehen könnte“, sagt Tobias Schilling mit Blick auf die Bauleitverfahren. Schließlich sei mit dem Rahmenplan die Vorarbeit im Wesentlichen geleistet. Den Beginn sollen Geschosswohnungsbau und Einfamilienhäuser machen, das wären um die 150 bis 160 Wohneinheiten. Das gesamte Plangebiet wird sowieso nicht auf einen Schlag realisiert, „es ist perspektivisch zu sehen“, so Schilling, zumal ein Teil der anvisierten Flächen noch in Privateigentum ist.
Grundsätzlich kann „Sieben Eichen“ an das Fernwärmenetz der Stadtwerke Norderstedt angeschlossen werden, das ist der Vorteil eines Neubaugebiets gegenüber älteren Wohngegenden. Aber teilweise ist das auch hier nicht sinnvoll, und zwar bei den Einfamilienhäusern. „Da sind Luftwärmepumpen das Maß aller Dinge“, sagt Tobias Schilling, eine andere Versorgung ist daher auch nicht vorgesehen.
Es kommt nun auf den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr an, dieser soll am kommenden Donnerstag, 4. Juli (18.15 Uhr), die Wohnformen in den Rahmenplan aufnehmen, sodass der Gesamtentwurf im Herbst beschlossen werden könnte.