Norderstedt. P+R-Garage aus den 70er-Jahren ist aktuell nur notdürftig abgesichert. Eine Sanierung oder ein Neubau werden sehr viel Geld kosten.
- Bis zum Jahr 2028 ist die baufällige Garage notdürftig gesichert.
- Aktuell werden drei Varianten diskutiert: Stilllegung, Teilsanierung oder Komplettsanierung.
- Laut Schätzungen kommen zwischen 5 und 90 Millionen Euro Kosten auf die Stadt zu.
Ernüchternder hätte der Abend kaum verlaufen können: In aller Ausführlichkeit wurde der Politik in Norderstedt nun präsentiert, in welchem katastrophalen Zustand sich die Park+Ride-Tiefgarage am Herold-Center in Garstedt befindet und welche Möglichkeiten es gibt, um das marode, schmuddelige Bauwerk aus Stahl und Beton irgendwie zu retten.
Und, so viel steht fest: Weder gibt es eine gute Lösung, noch eine günstige. Im Gegenteil: Tatsächlich steht nun zur Debatte, die Anlage mittelfristig komplett zu schließen. Doch selbst dann wären die Kosten immens.
Herold Center: Wird marode Tiefgarage komplett geschlossen?
„Wir haben einen nicht aufschiebbaren Handlungsbedarf“, sagte Robert Masou, im Amt für Gebäudewirtschaft zuständiger Projektleiter. Er beschrieb massive Schäden, ob nun im Tragwerk, bei den Stützen, generell durch eindringende Feuchtigkeit, weil das Grundwasser permanent drückt und mangels Gefälle nicht wieder abläuft.
Zudem wurde in Fugenabdichtungen auch noch Asbest entdeckt. Eine Notsicherung hat es bereits 2023 gegeben, die neuen Stahlträger samt Betonfundament verschaffen allen Beteiligten Zeit bis 2028. „Wir haben jetzt vier Jahre Zeit, um aus der Notsicherung eine Planung für die Zukunft zu machen.“
Rückblickend war offenbar schon die Planung in den 70er-Jahren mangelhaft. Über die Jahrzehnte wurde der überirdische Bereich nach und nach zugebaut, das hat die Last erhöht. In der Tiefgarage verlaufen die Versorgungsleitungen der Gebäude, die zum Einkaufszentrum gehören. Diese Objekte gehören nicht der Stadt, sondern drei verschiedenen Eigentümern.
Das Problem: Norderstedt kann die P+R-Anlage nur sanieren, überhaupt dort tätig werden, wenn Sicherungsmaßnahmen vorgenommen werden für die Geschäfte, die Passage, die U-Bahnstation, den gesamten ZOB. Und das geschieht alles auf Kosten des Steuerzahlers. Nicht alle Alt-Verträge sind auffindbar, sehr zur Verwunderung der Politik. Die vorhandenen Dokumente besagen tatsächlich, dass die Stadt den Unterhalt übernehmen muss.
Während es ursprünglich einmal fast 400 Stellplätze waren, sind heute noch ungefähr 300 verfügbar. Und nun stellt sich die Grundsatzfrage: Könnte Norderstedt hierauf komplett, oder zumindest teilweise, verzichten? Denn von drei Varianten, die vorgestellt wurden, ist eine radikal. Das Bauwerk würde „bergmännisch gesichert“ , also weiter abgestützt und dann stillgelegt.
„Bergmännisch sichern“: Wegfall aller Parkplätze ist eine Option
Es würde ein riesiger und nutzloser Kellerraum verbleiben, in dem weiterhin Wartungsarbeiten erforderlich wären. „Es wird auch eine Dauerbaustelle sein, wenn wir die bergmännische Sicherung haben“, so Masou. Für rund 100 Jahre wäre die Tiefgarage dann gesichert, die Kosten würden bei fünf bis zehn Millionen Euro liegen.
Die zweite Variante: Eine Teilsanierung. Die Zahl der Stellplätze würde halbiert, jene unter dem Busbahnhof gestrichen, die Stahlstützen blieben bestehen. Das würde die Lebensdauer um maximal 20 Jahre verlängern, die Investition 15 bis 20 Millionen Euro betragen. Eine Komplettsanierung, also Option drei, würde zwischen 25 und 40 Millionen Euro kosten. Die Summen beziehen sich allerdings nur auf den Rohbau, weitere Millionenbeträge für die Technik wären fällig. Immerhin: Einst war sogar von 90 Millionen Euro die Rede.
Es gibt keine Verpflichtung, Park+Ride anzubieten
Ein Betreiberkonzept fehlt hingegen komplett. Zur Erinnerung: Anders als in Norderstedt-Mitte ist die P+R-Anlage nicht kostenpflichtig. Würde man die Kosten für die Teilsanierung gegenrechnen mit den vorhanden Parkplätzen, würde einer rund 93.000 Euro kosten. Der Projektleiter zitiert eine Info der ECE, also der Eigentümergesellschaft des Herold-Centers, wonach pro Stellplatz monatlich eine Einnahme von 50 Euro nötig sei, damit dieser wirtschaftlich sei. Mit zwei Euro pro Tag, wie es die Stadt praktiziert, ist das kaum drin.
Keinesfalls sei die Stadt verpflichtet, hier P+R zur Verfügung zu stellen, sagte Baudezernent Christoph Magazowski. „Aber es macht Sinn an dieser Stelle. Wenn wir Park & Ride haben wollen, muss es an einem Verkehrsknotenpunkt sein.“ Nur: Viele nutzen die Tiefgarage nicht, um dann in die Bahn zu steigen, sondern um die Parkgebühren zu sparen, die im kostenpflichtigen oberirdischen Parkhaus fällig werden. „Einkaufstourismus“ nennt das Magazowski.
Herold-Center: „Wir haben Parkhaus mit 850 Stellplätzen, das nicht ausgelastet ist“
Carsten Gogol, Manager des Herold-Centers, war als Gast in der Sitzung, nahm auch Stellung. „Natürlich sind wir auch an einer ordentlichen P+R-Anlage interessiert. Es vergeht kein Tag, an dem sich nicht jemand bei uns beschwert. Aber wir haben ein Parkhaus mit 850 Stellplätzen, das nicht ausgelastet ist.“ Theoretisch könnte die Tiefgarage dicht gemacht und ein P+R-Angebot in das Parkhaus integriert werden, dann müsste Norderstedt Miete zahlen. Und in der Tat wird laut Baudezernent darüber gesprochen, „ob es überschüssige Stellplätze gibt“.
In der Politik gehen die Meinungen auseinander. Katrin Fedrowitz (SPD) sagte dem Abendblatt, „wir werden Parkplätze erhalten müssen. Es macht keinen Sinn, alles dicht zu machen“. Und alternative Standorte in der Umgebung sieht sie keine. Marc Giese von den Grünen stellt die Sinnfrage: „Können wir es dem Steuerzahler zumuten, bis zu 40 Millionen Euro in Parkplätze zu stecken, aber nicht in Kultur, Schulen oder die Feuerwehr? Wir müssen darüber diskutieren, ob wir die Parkplätze wirklich brauchen.“
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Diskussion: „Schulen sanieren oder eine Tiefgarage?“
Für Reimer Rathje (WiN) ist die Variante einer kompletten Schließung „auf jeden Fall im Spiel. Wir müssen uns entscheiden, ob wir Schulen sanieren oder bauen, oder eine Tiefgarage“. Übergangsweise regt er an, doch hier testweise Parkgebühren zu erheben, um endlich Klarheit zu bekommen, „wie viele Leute hier wirklich P+R machen“. Tobias Mährlein von der FDP denkt, „dass wir eine gewisse Anzahl an P+R vorhalten wollen und müssen“. Gunnar Becker (CDU) stellt zur Diskussion: „Ist es tatsächlich politische Aufgabe, aus Steuergeldern Parkplätze für das Herold-Center vorzuhalten?“
Bis Herbst sollen die Varianten noch detaillierter ausgearbeitet werden, dann könnte es einen Grundsatzbeschluss geben. Und eine Antwort darauf, ob es in einigen Jahren mitten in Garstedt 300 Parkplätze weniger gibt.