Dassendorf. Der Innenverteidiger spielt beim Fußball-Oberligisten die Saison seines Lebens, war in jedem Spiel dabei. Nur eine Kleinigkeit fehlt.

Erciyes Palo holte tief Luft, blickte Jan Schönteich, den Sportchef des Fußball-Oberligisten TuS Dassendorf, selbstbewusst an und sagte: „Damit eines klar ist: Ich werde spielen!“ Was für eine Ansage von einem Fußballer, der nie höher als in der Oberliga gekickt hat! In Dassendorf hingegen muss sich Palo in jeder Trainingseinheit aufs Neue gegen eine Reihe von Ex-Profis beweisen.

Doch ein halbes Jahr später lässt sich feststellen: Der 26-jährige Verteidiger hat sich tatsächlich durchgesetzt. Nachdem er im Sommer nach dem Gespräch mit Schönteich vom Staffelkonkurrenten HEBC an den Wendelweg gewechselt war, stand Palo in sämtlichen 19 Partien in der Startelf und spielte praktisch auch immer durch. Die einzige Ausnahme war der 6:2-Erfolg beim FC Süderelbe, wo er angeschlagen eine halbe Stunde vor Schluss vom Platz musste.

Innenverteidiger Erciyes Palo – das Ein-Mann-Bollwerk der TuS Dassendorf

Eine solche Konstanz findet sich bei Torhütern häufiger, weil es hier landläufige Gepflogenheit ist, eine klare Nummer eins zu haben, die immer spielt. Bei Feldspielern hingegen, von denen in jeder Partie fünf ausgetauscht werden können, ist eine solche Konstanz extrem selten. Im gesamten Bergedorfer Raum gibt es in der Oberliga und Landesliga nur einen einzigen Feldspieler, der Palo noch übertrifft. Das ist Curslacks Kapitän Witalij Wilhelm, der beim Tabellenzweiten in allen 18 Partien zu jeder einzelnen Sekunde auf dem Feld stand.

Mister 100 Prozent: Witalij Wilhelm, Kapitän des SV Curslack-Neuengamme, stand zu jeder Sekunde in den Spielen seines Teams auf dem Platz. Das hat im Bergedorfer Raum sonst niemand in der Oberliga oder Landesliga geschafft.
Mister 100 Prozent: Witalij Wilhelm, Kapitän des SV Curslack-Neuengamme, stand zu jeder Sekunde in den Spielen seines Teams auf dem Platz. Das hat im Bergedorfer Raum sonst niemand in der Oberliga oder Landesliga geschafft. © BGZ/Hanno Bode | Bode

Doch hier liegt der Fall anders. Wilhelm hat sein ganzes Fußballerleben lang für seinen Herzensclub gespielt, besitzt die Erfahrung von fast 300 Oberligaspielen. So ist es kein Wunder, dass er nun unter Coach Olaf Poschmann eine Liga tiefer gesetzt ist. Palo hingegen kam buchstäblich aus dem Nichts, doch er kam, um zu bleiben. Denn er ist gut ausgebildet worden, hat beim FC St. Pauli sämtliche Jugendteams durchlaufen.

Der neue Abwehrchef musste von Anfang an funktionieren. Und er tat es

Für Sportchef Jan Schönteich ist diese Entwicklung daher keine Überraschung. „Erciyes hat natürlich ein großes Selbstbewusstsein, aber es hatte sich über Jahre abgezeichnet, dass er einer der besten Verteidiger der Oberliga ist. Er war beim HEBC falsch aufgehangen“, analysiert Schönteich. „Seine Verpflichtung durfte und sollte für uns kein Testballon sein. Wir brauchten einen neuen Abwehrchef, und der musste auch funktionieren.“

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Das hat er. Mit 21 Gegentreffern hat die Dassendorfer Hintermannschaft zwar ein paar mehr Tore kassiert als in früheren Spielzeiten zu diesem Zeitpunkt, aber das ist generell eher der offensiven Ausrichtung des Serienmeisters geschuldet. Ein Typ wie Erciyes Palo hat den Dassendorfern jahrelang gefehlt. Denn früher verpflichtete Schönteich mit Vorliebe spielende Innenverteidiger, die ihre Stärken bei der Spieleröffnung hatten. Das hat sich geändert.

Sportchef Schönteich zieht Palo gerne auf, weil dieser noch nicht getroffen hat

„Wir wollten jemanden holen, der sich in der erster Linie als Abwehrspieler versteht, der Spaß am Verteidigen hat“, erläutert der Sportchef. „Das ist bei Erciyes der Fall. Er liebt es, seinen Körper genau da reinzuballern, wo die Leute stehen.“ Darüber hinaus ist Palo auch torgefährlich, hat seit der Corona-Pandemie schon 18 Oberliga-Treffer erzielt. Nur eben noch keinen für die TuS Dassendorf. „Ich frotzel darüber oft“, gesteht Schönteich, dass er seinem Abwehrchef keine leichte Zeit gibt.

Die nächste Chance bekommt der Verteidiger am Sonntag im Auswärtsspiel beim TSV Buchholz 08, mit dem die Dassendorfer in die Weihnachtspause gehen (14 Uhr, Sportzentrum Holzweg). Ein Sieg ist Pflicht, um die beiden Topteams Altona 93 und Eimsbütteler TV nicht zu weit entrücken zu lassen. Tabellenführer Altona muss übrigens am selben Tag beim HEBC ran, Palos Ex-Verein. Ein paar aufmunternde Worte für seine ehemaligen Teamkollegen wird er in dieser Woche sicherlich parat haben.