Geesthacht. Ausgediente Textilien müssen dann in Sammelcontainern landen. Die CDU befürchtet Vermüllung. Auch Altkleidungsverwerter sehen Probleme.
Im Oktober stellte Textil-Recycler Soex aus Ahrensburg einen Insolvenzantrag. Bis sich das herumgesprochen hatte, lagerten sich schnell rund um die Altkleidersammelboxen Massen von abgelegten Textilien an, weil die Container nicht mehr geleert wurden. So auch in Geesthacht bei Famila am Schleusenkanal.
Die blauen Altkleidercontainer sind mit Folie umwickelt, um einen Einwurf zu verhindern. Das stört viele Menschen, die hierhergekommen sind, um ihre Kleidung loszuwerden, allerdings nicht. Die Textilien werden einfach neben die Boxen gelegt. Ein unansehnlicher Berg ist mittlerweile entstanden. Ein Vorgeschmack auf das, was im kommenden Jahr an den Sammelcontainern in der Stadt droht?
Neue EU-Richtlinie: Altkleider dürfen nicht mehr in den Hausmüll
Die EU hat nämlich ihre Abfallrahmenrichtlinie überarbeitet. Von Januar an dürfen Textilien nicht mehr in der grauen Hausmülltonne entsorgt werden. Dadurch sollen Textilien ins Recycling gelangen, statt in der Müllverbrennungsanlage zu enden. Auch nicht mehr tragbare, komplett zerschlissene Textilien sollen demnach in Altkleidercontainern entsorgt werden.
Die neue Verordnung bereitet der Geesthachter CDU Kopfzerbrechen, das wurde jüngst im Umweltausschuss deutlich. Die Befürchtung: Sie könnte zu einer noch stärkeren Vermüllung rund um die Altkleiderboxen in der Stadt führen, wenn diese im kommenden Jahr wegen des dann illegal gewordenen Textileinwurfes in die Haustonne deutlich häufiger aufgesucht würden als früher.
Durch die neuen Vorgaben sollen mehr Textilien ins Recycling gelangen
„Auch an der Berliner Straße liegen oft genug große Haufen an Textilien vor den Containern“, berichtet Oliver Pachur von der CDU. Dort hängt seit Neuestem ein Schild, das auf die lang erwartete Videoüberwachung hinweist. „Mitunter sehe ich Menschen, die die Haufen durchwühlen und Kleidungsstücke mitnehmen“, hat er beobachtet.
„Ich könnte mir vorstellen, dass die Container nicht mehr ausreichen. Das kaputte Zeug fliegt nachher hier herum. Das ist nicht zu Ende gedacht“, erklärte sein Parteikollege Björn Reuter gegenüber unserer Zeitung. Er gab der Verwaltung im Ausschuss die Anfrage mit auf den Weg, ob und wie man die Sache im Blick habe?
Als Richtwert gilt ein Altkleidersammelbehälter pro 1000 Einwohner
„Die Stadtverwaltung hält die Anzahl der bestehenden Behälter für mehr als ausreichend“, heißt es aus dem Rathaus auf Anfrage unserer Zeitung. Als Richtwert könne die Zahl von einem Behälter pro 1000 Einwohnern gelten, was einer Anzahl von etwa 33 Behältern im Stadtgebiet entspreche, lautet die Erklärung.
Zuständig sei der Kreis Herzogtum Lauenburg, der die Durchführung auf die Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) übertragen habe. Laut AWSH stehen auf öffentlichem und privatem Grund in Geesthacht 28 Altkleidersammelbehälter. Zudem stellt die gewerblich tätige Firma Eurocycle GmbH 14 Behälter im Stadtgebiet bereit. Hinzu kommen noch zehn vom DRK, macht in Summe 52.
Mehr Müll bedeutet mehr Aufwand - Textilverwerter geraten unter Druck
„Es ist eine absolute Blackbox“, meint AWSH-Prokurist Olaf Stötefalke zur Müllmenge, die im neuen Jahr auf die Altkleidersammelcontainer zurollen könnte. Soll heißen: noch sehr undurchsichtig, das Ganze. Ob es wirklich viel mehr sein wird? Das bezweifelt er. „In unserer Hausmüllanalyse sehen wir nicht viele Alttextilien“, sagt Olaf Stötefalke. Sollte sich zeigen, dass die Kapazitäten nicht ausreichten, könne man relativ schnell auf den Mehrbedarf reagieren.
Unter Druck durch die neuen Regeln sehen sich indes die Weiterverwerter der in die Container geworfenen Textilien. Diejenigen Firmen und Organisatoren, die damit Geld verdienen wollen oder die den Erlös aus guterhaltener Kleidung für soziale Zwecke nutzen.
Menge des eingeworfenen Mülls in den Altkleidercontainern stark gestiegen
Ein Vertragspartner der AWSH ist die Textil-Recycling Nord GmbH aus Himmelpforten. Ein Unternehmen, das auch in anderen Bundesländern tätig ist. „Im Winter ist es vom Aufkommen immer ein bisschen weniger. Ich schätze, spätestens im Frühjahr werden wir mit diesen Problemen konfrontiert“, sagt Geschäftsführer Nexhip Gjikolli.
Die Abfallmengen hätten sich verdreifacht, weil die Leute in den Textilcontainern mittlerweile auch gern Müll entsorgten, erzählt er. Ungefähr 1200 Tonnen fielen im Monat bundesweit an, inklusive der Fehleinwürfe. „Die haben früher bei acht bis neun Prozent gelegen, mittlerweile sind wir bei 20 Prozent“, berichtet er. Zerschlissene Textilien seien bereits eingerechnet.
Verwerter hoffen auf Unterstützung - anderenfalls drohten Insolvenzen
Je größer die Mengen sind, die anfallen, desto teurer wird es für die Unternehmen aus seiner Branche. Benötigt würden zum Beispiel mehr Fahrer und mehr Sortierer. Die Trennung der textilen Spreu vom Weizen geschieht händisch - die beste Methode, um eine gute Verwertung zu erreichen, findet Nexhip Gjikolli.
„Wir hoffen, dass die Politik früh genug erkennt, dass Verwerter unterstützt werden müssen, um das Ganze aufrechterhalten zu können. Es wird sonst darauf hinauslaufen, dass mehr und mehr Firmen Insolvenz anmelden“, sagt er.
DRK benötigt das Geld aus der Verwertung als wichtige Einnahmequelle
„Wenn wir mehr Müll kriegen, kriegen wir ein Problem“, glaubt auch Peter Timmermanns, Vorstand des DRK-Kreisverbandes. Auch hier macht ein größerer Aufwand Sorgen - hinzu kommt noch ein anderes Problem. Die Rotkreuzler benötigen das Geld aus der Weiterverwertung als wichtige Einnahmequelle unter anderem für soziale Zwecke. „Uns geht es auch um tragbare Kleider“, sagt Peter Timmermanns. Solche, die zum Beispiel in der Kleiderkammer an der Steglitzer Straße 15 in Geesthacht verkauft werden können.
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Wird zusätzlich Textilmüll eingeworfen, könnte er im Falle einer Verschmutzung die brauchbare Kleidung ruinieren: „Das wäre fatal, wenn verschmierte Lappen als Textilmüll zwischen den Altkleidern landen.“