Geesthacht. Müllsheriffs sollen sich nicht nur um verbotene Abfallentsorgung kümmern, sondern auch die Frevler aufspüren. Was Waste Watcher dürfen.

„Dreckigste Stadt im Südkreis“ – dieser Eindruck über Geesthacht aus dem Munde eines Müllwagenfahrers der Abfallwirtschaft Südholstein hallte nach in den Ohren der örtlichen Politiker. Jetzt soll es besser werden. Die Stadtverwaltung muss eine oder zwei halbe Stellen schaffen für „Waste Watcher“. Diese Müllsheriffs sollen sich gezielt den Müll und die Müllfrevler vorknöpfen.

Der Antrag, den die Grünen hierfür im Hauptausschuss vorlegten, war zwar schon älter, bekam vor dem Hintergrund der jüngsten Müllentwicklung aber nun eine ganz frische Dynamik. Und die nötige Mehrheit. Auch die CDU und die Bürger für Geesthacht schlossen sich dem Ansinnen an.

Müllsheriffs sollen sich die gezielt die Müllfrevler vorknöpfen

Diese Waste Watcher sind nicht nur weitere Mitarbeiter, die illegalen Müll aufspüren, sie sollen – und das ist der springende Punkt, der sie zu etwas Besonderem macht – auf Wunsch der Grünen nach Hamburger Vorbild agieren. Und dazu gehört eben auch, Müllfrevler aktiv aufzuspüren.

Übertragen auf Geesthacht bedeutet das: Am Hotspot bei den Depotcontainern an der Berliner Straße könnten Passanten dann schon mal auf ein Absperrband mit der Aufschrift „Wir ermitteln” stoßen, das in Hamburg einen Tatort rund um eine illegale Ablagerung markiert.

Waste Watcher wühlen noch vor Ort nach Hinweisen auf die Übeltäter

So sah Ende Juli der illegale Müllberg in der Oberstadt am Barmbeker Ring/ Ecke Wandsbeker Ring aus.
So sah Ende Juli der illegale Müllberg in der Oberstadt am Barmbeker Ring/ Ecke Wandsbeker Ring aus. © Pachur | Pachur

Und sie stoßen auf die Waste Watcher, die sich vor Ort durch den Unrat wühlen, um Hinweise auf die Übeltäter zu finden wie übersehene Adressen. Die Waste Watcher dürfen auf frischer Tat ertappte Personen zwar nicht festsetzen wie die Polizei, sie haben aber das Recht, potenzielle Frevler zu aufzuschreiben. 

Das macht diese Spezialeinheit der Stadtreinigung in der Hansestadt durchaus erfolgreich. Wie unsere Redaktion berichtete, war dort im vergangenen Jahr 6974-mal gegen Müllsünder ein Verwarnungsgeld verhängt worden, 4144-mal hatte es einen Bußgeldbescheid gegeben. Die Einnahmen für die Stadt beliefen sich dadurch auf 547.931,73 Euro. Die Zahl der Stellen wurde kürzlich auf 35 aufgestockt.

Appelle an die Vernunft haben nur begrenzte Wirkung

„Appelle an die Vernunft der Menschen haben nur eine begrenzte Wirkung. Wir sind der Meinung, es muss sich auch strukturell etwas ändern“, argumentierte Jens Kalke, der den Antrag für die Grünen vorstellte. „Wir haben uns im Vorfeld des Antrags bei der Verwaltung schlau gemacht, und haben es als schlecht oder nicht machbar gesehen, wenn unsere Politessen gleichzeitig mit diesen Aufgaben betraut werden. Wir versprechen uns auch einen präventiven Effekt, wenn zwei von ihnen im Stadtgebiet herumlaufen.“

Wann die Stellen besetzt sein können, ist indes noch unklar. Die Grünen hoffen, dass es im nächsten Frühjahr soweit sein könnte.

Situation der Schrottautos hat sich in die Innenstadt verlagert

Bereits seit Längerem hat Oliver Pachur (CDU) die Müllsituation im Blick. Er war es auch, der die Entwicklung mit den zunehmenden Schrottautos im Stadtgebiet aufdeckte. „Grundsätzlich hat sich die Situation verbessert“, resümiert er ein paar Wochen später. „Offensichtlich haben die Artikel in der Lauenburgischen Landeszeitung dazu beigetragen. Die Leute haben gemerkt, dass sie unter Beobachtung sind.“

Ein kleinerer Hotspot als vorher in der Oberstadt habe sich in Sachen Autowracks nun allerdings in der Innenstadt ergeben. Dort stünden im Areal rund um Mannis Angelshop vier alte Autos, zum Teil seit Monaten ohne Nummernschild. Einige zeigten Spuren von Vandalismus, so seien bei einem BMW die Seitenfenster eingeschlagen.

Sind die Container bei Famila ein Ausweichplatz für illegalen Müll geworden?

„Auch der Platz an der Berliner Straße ist in größeren Zeitabständen sauberer als vorher. Die Container bei Famila könnten allerdings ein Ausweichplatz geworden sein“, argwöhnt er. Unterhalb der Sportanlage seien das zugemüllte Auto und die abgestellten Anhänger immer noch vor Ort.

Diese wurden nach langer Zeit aber wieder bewegt. „Sie stehen nun weiter vorn auf Höhe der Glas- und Papiercontainer“, hat Oliver Pachur beobachtet. Auch dort ist also etwas ins Rollen geraten.

Leichtes Spiel für Ermittlungen? Immer wieder liegen Adressen im illegalen Müll

Geht es nach den Erfahrungen von Oliver Pachur, dürften die Waste Watcher leichtes Spiel haben bei ihren Ermittlungen. „Was da zwischen den Ablagerungen neben den Deponien an Adressen zu finden ist“, staunt er. „Das ist massenhaft, ich habe sogar schon einen Fahrzeugbrief gefunden“. Diese weiterzuleiten hat er bisher abgesehen. „Damit ist das Ordnungsamt dann völlig überfordert“, glaubt er.

Von einem Geesthachter Fahrradhändler lagen kürzlich zehn große Kartons neben den Containern, in denen Fahrräder geliefert wurden. Damit war der Platz wieder voll. „Wenn gewerblich nicht so viel dazugelegt werden würde, müsste die Kapazität reichen“, das habe er von einem AWSH-Fahrer als Einschätzung erfahren, sagt Oliver Pachur.

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Seine Idee: Warum nicht für das Gewerbe einen zusätzlichen Container vor den Städtischen Betrieben an der Mercatorstraße aufstellen, der angefahren werden kann, wenn der eigene Container voll ist? Dort gibt es sogar Videoüberwachung gegen Missbrauch.

Auch dieser Müllberg in der Oberstadt ist von Ende Juli, abgelegt Berliner Ring/Ecke Barmbeker Ring.
Auch dieser Müllberg in der Oberstadt ist von Ende Juli, abgelegt Berliner Ring/Ecke Barmbeker Ring. © Pachur | Pachur