Geesthacht. Geesthachts Containerplätze versinken in illegalen Müllentsorgungen, vor allem an einem Platz. Jetzt plant die Stadt Videoüberwachung.
Das war mal eine Ansage, die Oliver Pachur da aus berufenem Munde hörte. In Geesthacht sei es im Umkreis am dreckigsten, was die Vermüllung angehe, habe ein Müllwagenfahrer ihm verraten, berichtete der Geesthachter CDU-Ratsherr. Er hatte ihn auf dem Depotcontainerstellplatz unterhalb der Zentralen Sportanlage an der Berliner Straße angetroffen. Den subjektiven Eindruck, dass es in Geesthacht an den Sammelstationen wirklich am dreckigsten sei im Südkreis, kann Prokurist Olaf Stötefalke von der AWSH zwar nicht mit Fakten untermauern. Pro Tour werde alles zusammengesammelt, der Ort, wo der Müll herstammt, nicht als extra Datensatz vermerkt.
Doch der Fahrer im Einsatz für die Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) dürfte die Lage einschätzen können. Er ist dafür zuständig, abzuräumen, was sich bei den Papier- und Glas-Containern noch so an illegal entsorgtem Unrat angefunden hat und fährt jede Woche 2000 Kilometer kreuz und quer durch die Region. In Geesthacht gibt es 20 Stellplätze für Depotcontainer der AWSH. Und speziell einer davon steht ganz besonders im Fokus: der auf dem Parkplatz unterhalb des Stadions. Um die Müllfrevler abzuschrecken oder zu überführen, will die Stadt jetzt Kameras installieren.
Geesthacht die dreckigste Stadt im Umkreis? Kameras sollen Müllfrevler überführen
Der Platz an der Sportanlage ist für illegale Müllentsorgung besonders beliebt. Er ist von Büschen umgeben, von außen schwer einsehbar. Mal sind es Stapel alter Reifen, mal enorme Packen an dicker, fester Gewerbepappe. Und auch so etwas gehört zum Bild: Zwischen den Glascontainern hat jemand aus der Asia-Gastronomie Plastikschalen-Verpackungen für Take-Away-Essen und leere Zehn-Liter-Kanister für Rapsöl und Zwanzig-Liter-Großgebinde für Kikkoman-Sojasauce entsorgt. „Aber es kann auch mal Motor- statt Speiseöl sein“, weiß Oliver Pachur. Solche Gefahrgutstoffe wie auch Lacke und Farben seien immer wieder dabei.
Insgesamt wurden 2023 in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg – für beide ist die AWSH zuständig – etwa 340 Tonnen Abfälle eingesammelt. Die Papiercontainer werden in der Regel zweimal pro Woche geleert, einige auch dreimal, andere einmal. Die Glas- und Altkleidercontainer haben eine geringere Leerungsfrequenz. „Die AWSH investiert für die Entsorgung von Müll an solchen Standorten kreisweit etwa jährlich 400.000 Euro, davon fällt die Hälfte auf Geesthacht. Diese Kosten gehen in die Müllgebühren ein“, berichtet die Geesthachter Stadtverwaltung.
Müllfrevler immer dreister: Abgeladen wird auch am helllichten Tage
Und die Müllfrevler schlügen immer dreister zu. „Bisher bin ich davon ausgegangen, dass die Ablagen bei Dunkelheit erfolgen. Die jetzigen Beobachtungen zeigen, dem ist nicht so“, hat Oliver Pachur festgestellt. Bei helllichtem Tag fuhr ein Lieferwagenfahrer auf dem Parkplatz Berliner Straße vor und lud an Müll ab, was der Laderaum des Mercedes Sprinter hergab. „Sperrmüll kann man sich zu Hause abholen lassen, diese Entsorgung bei den Containern ist zum Teil irrational“, wundert sich Olaf Stötefalke über das Verhalten mancher Mitbürger.
Skrupel, etwas hinzuwerfen, was da nicht hingehört, gibt es kaum noch. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Oliver Pachur informiert regelmäßig das Ordnungsamt und schreibt auch Anzeigen. Immer mal wieder sind Kartons mit Namen und Adressen zu finden in all dem Unrat. Manchmal führen sie dazu, dass ein Müllfrevler ertappt wird. „Vielen Dank für Ihre Mithilfe. Das Verfahren gegen den Verursacher wird heute eingeleitet“, bekommt er dann als Rückmeldung zu hören.
Stadt stellt zwei Videokameras am Brennpunkt auf
Der Brennpunkt an illegaler Müllentsorgung ist der Stadt nicht entgangen. Für Abhilfe soll nun eine Videoüberwachung sorgen, die Installation von zwei Kameras ist für den August vorgesehen, „weil es dort zu übermäßigen illegalen Entsorgungen gekommen ist, die von Anwohnern kritisiert wurden“, bestätigt die Stadtverwaltung.
Rund um die Uhr wird aber nicht gefilmt. Wann die Kameras aktiv sind, hält die Stadtverwaltung geheim. Die Vorgehensweise ist mit dem Datenschutzbeauftragten des Kreises Herzogtum Lauenburg abgestimmt. Hintergrund: In Großhansdorf hatte es bei einem überregional viel beachteten, vergleichbaren Projekt Ärger gegeben.
Eine Kamera ist für das Nummernschild zuständig, die andere erfasst den Stellplatz
Das Landesdatenschutzzentrum erhob Einspruch gegen die Überwachung, sah zunächst keine geeignete Rechtsgrundlage. Mittlerweile dürfen die Kameras am Stellplatz Waldreiterweg unter Auflagen weiterfilmen. Passanten sollen möglichst nicht erfasst, Aufnahmen nur maximal 72 Stunden gespeichert werden.
Auch in Geesthacht werden öffentliche Wege und Straßen nicht erfasst. „Der Containerplatz wurde so umgebaut, dass eine Kamera nur den Stellplatz für die Container erfasst und eine Kamera ein abfahrendes oder ankommendes Fahrzeug auf dem hinteren Teil des Parkplatzes an der Sportanlage mit Nummernschild erfassen kann, weil nur dadurch eine Nachverfolgung möglich wird“, erläutert die Stadtverwaltung das Konzept.
Kamera-Aufstellung ist zunächst eine unbefristete Testphase
Zunächst handelt es sich bei der Aufstellung der Kameras um eine Testphase. Wie lange sie dauert, ist nicht vorgegeben. Das dürfte von der Auswertung abhängig sein, ob die Überwachung zu weniger illegalen Entsorgungen von Müll oder Sondermüll geführt hat.
Von den Erfahrungen mit der ersten Kameraüberwachung sowie von einer Abstimmung mit der AWSH und einer Zustimmung der Politik im Ausschuss für Umwelt und Energie bezüglich der Haushaltsberatungen sei abhängig, ob ein weiterer Standort mit einer Kamera bestückt werde, teilt die Stadtverwaltung mit.
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Ähnliches Projekt in Großhansdorf zeigte schnell Wirkung
In Großhansdorf hatten die Kameras schnell Wirkung gezeigt. „Der Platz ist nun sauber“, lobt Olaf Stötefalke. „Eine Videoüberwachung wäre wahrscheinlich erfolgreich“, schätzt er das gleiche Ergebnis auch für Geesthacht. Nur auf Videoabschreckung will sich Oliver Pachur aber nicht verlassen. Er hat zusammen mit seiner Bekannten Gisela Ahlborn, unter anderem engagiert im Seniorenbeirat, ein Projekt gestartet, das auf Kreativität setzt.
Die Idee ist, Schulen einzubinden und Lehrer und Schüler Ideen entwickeln zu lassen, wie die Sitation verbessert werden könnte. Ob im Rahmen eines Kunstprojektes, bei dem Müll zu Exponaten wird, oder wie auch immer. Eine erste Anfrage an die Bertha-von-Suttner-Schule ist bereits herausgegeben.