Geesthacht. Der Weg zur Grundschule in der Oberstadt ist wegen rangierender Autos für Kinder gefährlich. Es gibt drei Lösungsvorschläge.

Die Situation ist unerträglich. Chaotisch für die Anwohner, die nicht vom zugeparkten Grundstück kommen. Lebensgefährlich für zu Fuß gehende Grundschüler, für die ihr täglicher Schulweg ein Spießrutenlauf zwischen rangierenden Autos ist. Schuld sind die „Elterntaxis“. Viel zu viele Väter und Mütter fahren morgens ihre Kinder bis direkt vor die Eingangstür der Grundschule in der Oberstadt in Geesthacht. Und holen sie nachmittags wieder ab. Mehr als 400 Kinder werden hier unterrichtet.

Das verkraften die kleinen, schmalen Zufahrtsstraßen nicht. Weder der Am Ilensoll noch der finale Schulweg. Eine Lösung, um die bereiften Eltern vom Schulportal wegzuhalten, könnte teuer werden – sehr teuer. Die Summe von mindestens 600.000 Euro stand im Raum bei einer der Varianten, die die Stadtverwaltung auf dem Bauausschuss vorstellte.

Schule Geesthacht: Verwaltung spricht von täglichem Verkehrswahnsinn

Dabei gäbe es bereits eine Möglichkeit, die Kinder so problemlos wie ungefährlich mit dem Auto zur Schule zu bringen. Dafür biegen die Eltern vom Dösselbuschberg in den großen Parkplatz neben der Bertha-von-Suttner-Schule und setzen die Kinder bei der Bushaltestelle ab. Auf einem befestigten Fußweg flankiert von Zäunen gehen sie sicher zum Schulweg weiter oben. Auf dem sind es wenige Meter, und die Kinder haben den Eingang zur Schule erreicht.

Leider hat es diese Reststrecke in sich. Hier tobt die wilde Rallye des anderen Teils der motorisierten Elternschaft. „Denn noch immer hält sich ein Teil der Verkehrsteilnehmenden nicht an die eindringlichen Appelle der Stadtverwaltung: ,Bitte nehmen Sie Rücksicht!‘“, schildert Sabine Erdmann vom Fachdienst Öffentliche Sicherheit den täglichen Verkehrswahnsinn.

Verkehrsüberwacher werden bepöbelt und körperlich angegangen

„Einsicht erntet die Verkehrsüberwachung der Stadt vor Ort von den auf ihr Fehlverhalten Angesprochenen selten, zum Teil stattdessen Pöbeleien oder gar Handgreiflichkeiten“, berichtet sie. „Wir haben hier kein Überwachungsproblem, sondern ein Verhaltensproblem“, betont Sabine Erdmann. Dem Ordnungsamt sind bei der Ahndung Grenzen gesetzt. Die Stadtverwaltung darf lediglich den ruhenden Verkehr überwachen.

„Die Verkehrsteilnehmenden, die für die gefährlichen Situationen an unseren Schulen sorgen, ignorieren Vorschriften und sie machen sich auch wenig daraus, wenn sie von uns aufgeschrieben und letztendlich zu Kasse gebeten werden. Wir zeigen trotzdem Präsenz. Eltern sind dankbar und froh darüber, dass wir die Situation an den Schulen im Blick haben.“

Ordnungsamt darf keinen fließenden Verkehr überwachen

Selbst der Versuch einer Verkehrsberuhigung durch eine Widmung zur Anliegerstraße hätte keine Auswirkungen, weil verkehrsrechtlich auch Personen, die Schulkinder brächten, ein Anliegen hätten, schildert Sabine Erdmann das Dilemma.

„Theoretisch könnte die Straße abgesperrt werden und dann Berechtigungsausweise für Anwohner und Schulmitarbeitende ausgestellt werden. Aber auch diese Maßnahme müsste kontrolliert werden, um sie durchzusetzen – in diesem Fall, weil es sich um fließenden Verkehr handelt, durch die Polizei.“

Bei der günstigsten Variante würden nur zwei Poller aufgestellt

Darum soll es die Technik richten. Dass es generell nicht mehr möglich sein sollte für Unbefugte, bis zum Schulgebäude durchzufahren – diesen Schritt beinhalten alle drei Varianten, die die Stadtverwaltung erarbeitet hatte.

Die günstigste würde 50.000 Euro kosten. Die Doppelpolleranlage an der Ecke Am Ilensoll/Schulweg zum Hoch- und Herunterfahren wird per Funkfernbedienung gesteuert und wäre schnell umsetzbar. Sie verhindert bereits die Einfahrt in den Schulweg. Allerdings müssten zwei private Grundstücke eingebunden werden. Weiterer Nachteil: Im Am Ilensoll dürfte es noch chaotischer werden.

Wendehammer würde immerhin das Rangieren unnötig machen

Variante zwei ist mit Kosten von 360.000 Euro bereits deutlich teurer. Die Poller rücken bis kurz hinter den Lehrerparkplatz in Richtung Schule vor. Gegenüber mündet der Fußweg vom Parkplatz bei der BvS ein. Auf einer Fläche daneben, die der Stadt gehört, würde ein Wendehammer gebaut. Gewinn: Die Elterntaxis würden zwar nicht verhindert, aber sie müssten nicht mehr rückwärts rangieren. Und gelangen nicht bis direkt vor die Schule.

Bei der Luxusvariante drei mit Kosten von mindestens 600.000 Euro würde der kleine Fußweg als Zufahrtsrampe für Autos ausgebaut, die Poller stehen wie in Variante zwei. Die Elterntaxis würden in einem Einbahnstraßen-Kreisverkehr vom Dösselbuschberg zum Schulweg gelangen und über Am Ilensoll und Ilenweg abfließen. Ein möglicher Nachteil: Die Anfahrtssituation im Bereich Dösselbuschberg ist für die Stadtverwaltung nicht abschätzbar.

Keine der vorgestellten Varianten kam beim Ausschuss gut an

Eigentlich hätte der Bauausschuss nun abstimmen sollen, wie es weitergeht mit der Planung. Doch die Mitglieder rümpften die Nase. Es schien ihnen wie die Wahl zwischen Pest, Cholera und Typhus. Bei der ersten Variante sahen sie die Probleme nur verlagert. „Der Am Ilensoll wird dann komplett zustehen“, befürchtete etwa Alexander Streiber (CDU).

Auch die anderen Varianten sorgten für Unmut. Leon Haralambous (SPD) brachte es auf den Punkt: „Ich finde, Variante zwei und drei klingen so, dass wir es den Eltern noch leichter machen, um mit ihrem Auto zur Schule zu fahren und die Kinder herauszulassen. Das wird nur dazu führen, dass wir noch mehr Verkehr haben.“ Dem Wunsch nach weiterer Beratung schlossen sich alle an, der Beschluss zum Fraktionsverweis fiel einstimmig. Fest steht immerhin, dass die teuerste Variante fallengelassen werden soll.

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Stadtverwaltung hat Hoffnung auf Einsicht nicht aufgegeben

Derweil gibt die Stadtverwaltung die Hoffnung auf Einsicht bei den Taxi-Eltern nicht auf: Jeder möge seinen Beitrag dazu leisten, dass sich die Situation an den Schulen entspannt. Dazu gehört zum Beispiel, das eigene Auto öfter mal stehenzulassen und dadurch den Gesamtverkehr an den Schulen zu reduzieren. Und jeder, der Fehlverhalten sieht, möge dieses auch thematisieren.

„Wenn es von der Schulgemeinschaft als Problem benannt wird und Personen auf ihr Fehlverhalten von mehrfacher Seite angesprochen werden, könnte das in Kombination mit unseren Kontrollen mehr bewirken“, hofft Sabine Erdmann.