Hamburg. TuS Dassendorf erobert mit einem beeindruckenden Auftritt bei Concordia die Tabellenspitze. Wer trotzdem enttäuscht nach Hause ging.

Es war ja nicht so, dass die blutjungen Oberliga-Fußballer des WTSV Concordia von ihrem Coach Thomas Runge nicht vor Martin Harnik gewarnt worden wären. Bei Frei- und Eckstößen deckten bis zu vier Akteure des Fußball-Oberligisten aus Jenfeld den Ausnahmestürmer der TuS Dassendorf. Und auch sonst wurde der 68-malige österreichische Nationalspieler vom neuen Tabellenletzten der Stadtliga stets eng beschattet. Doch ganz auszuschalten war der langjährige Bundesliga-Profi am Freitagabend auf dem Kunstrasenplatz am Bekkamp eben nicht.

Zweimal hatten „Cordis“ Jungspunde, die vom Alter her beinahe alle Harniks Söhne sein könnten, das Nachsehen. Da setzte sich der 37-Jährige geschickt von seinen Widersachern ab, brachte die TuS mit einem Doppelpack (60., 69.) mit 2:0 in Führung und legte so den Grundstein für den 3:0-Erfolg des Teams von Coach Thomas Seeliger. Dadurch sind die Dassendorfer nun mindestens bis zum Sonntag Tabellenführer.

Martin Harnik: Zwei Tore innerhalb von neun Minuten im Jubiläumsspiel

Für Harnik waren es in seinem 100. Pflichtspiel die Tore Nummer 132 und 133, wenn man Oberliga und Pokalwettbewerb zusammenzählt. Und das in nur vier Jahren. Eine beeindruckende Quote des noch immer sehr populären früheren Angreifers von Werder Bremen und dem HSV.

Dassendorfs Len Aike Strömer (l.) schirmt den Ball gegen Sop Diallo ab.
Dassendorfs Len Aike Strömer (l.) schirmt den Ball gegen Sop Diallo ab. © BGZ/Hanno Bode | Bode

So kam kurz nach der Partie in Jenfeld ein Steppke angerannt und fragte „Hanno“, wie er gerufen wird, völlig außer Atem: „Kann ich dein Trikot haben?“ Nur zu gerne hätte der dreimalige Vater dem kleinen Jungen sein Jersey mit der Rückennummer 20 gegeben. Doch die Zeiten, in denen er als Profi seine Oberbekleidung nach dem Abpfiff den Fans schenken konnte, sind vorbei. „Das darf ich leider nicht weggeben, wir haben nicht so viele“, musste der Angreifer den Jungen enttäuschen.

Für Selfies und Autogrammwünsche hat der nahbare Harnik immer Zeit

Für Selfies und Autogrammwünsche aber nahm sich der in Kirchwerder aufgewachsene Torjäger natürlich wie immer Zeit. Starallüren hat der 37-Jährige ohnehin noch nie gezeigt. Sonst würde Harnik vermutlich auch nicht mehr vor – im Vergleich zu seiner Vergangenheit – wenigen Zuschauern auf Torejagd gehen. Gegen „Cordi“ schauten 200 Interessierte zu.

Beide Teams betrieben einen hohen Aufwand: Hier jagen Fabian Graudenz (TuS Dassendorf, l.) und Concordias Zisimos Dimakis dem Ball hinterher.
Beide Teams betrieben einen hohen Aufwand: Hier jagen Fabian Graudenz (TuS Dassendorf, l.) und Concordias Zisimos Dimakis dem Ball hinterher. © BGZ/Hanno Bode | Bode

Es ist die Liebe zum Spiel, die ihn antreibt. „Der Amateurfußball macht einfach Spaß. Gerade hier in Dassendorf macht er richtig Laune“, sagte er nach seinem Jubiläumsspiel. „Natürlich freue ich mich, dass ich jetzt 100 Mal das Trikot getragen habe. Das spricht ja auch dafür, dass ich in den letzten vier Jahren nicht ganz so viele Spiele verpasst habe. Es freut mich, dass ich weiter gesund und munter herumlaufen kann, auch wenn es das eine oder andere Mal mehr wehtut am nächsten Tag“, ergänzte Harnik mit leuchtenden Augen. 

„Wir wollen Meister werden, aber der Pokalsieg wäre noch geiler“

Der Hunger auf Tore und Erfolge, er ist ihm auch nach dem Ende seiner Profi-Laufbahn nicht abhanden gekommen. „Natürlich wollen wir Meister werden. Und der Pokalsieg wäre vielleicht noch einen Tick geiler. Aber vielleicht können wir ja auch beides gewinnen“, erklärte Harnik.

Zumindest bis zum Sonntag, wenn der bisherige Spitzenreiter Altona 93 beim TSV Buchholz 08 antritt, hat die TuS die Tabellenführung übernommen. Das Seeliger-Team ist auch nach acht Partien noch ungeschlagen. Und das, obwohl in Jordan Brown, Rinik Carolus, Gianluca Babuschkin, Lennard Sowah, Ashton Götz und Mattia Maggio sechs potenzielle Stammkräfte verletzungsbedingt ausfielen.

Der Kader der TuS Dassendorf ist noch einmal stärker geworden

Trotzdem konnte Coach Seeliger eine Startelf auf den Kunstrasen schicken, um die ihn vermutlich nahezu alle anderen Oberliga-Trainer beneiden. „Wir haben wirklich noch mal Qualität dazubekommen. Jeder Spieler weiß, dass er wichtig ist“, lobte Harnik die Transferpolitik der TuS-Verantwortlichen. Zudem gäbe es aktuell „einen sehr guten Geist“ in der Mannschaft, freute sich der Torjäger.

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Das zeigte sich auch im Duell mit Concordias „Rasselbande“, die Dassendorf alles abverlangte. „Kompliment an ‚Cordi“. Das sind junge Kerls, die mit viel Dampf und Bewegung unterwegs sind“, lobte Seeliger den Kontrahenten, der kompakt stand und einige gefährliche Angriffe initiierte. Aber die Gäste spulten mit viel Geduld und all ihrer Routine ihr Programm herunter. Nach dem Doppelpack von Harnik war es in Zhi-Gin Lam ein weiterer früherer Bundesliga-Profi, der kurz vor Ultimo für den Endstand sorgte (90.+3.). 

Meisterlich: Zum fünften Mal bleibt Dassendorf ohne Gegentreffer

Nicht sonderlich schön, aber am Ende doch souverän entledigte sich der Titelanwärter seiner Pflichtaufgabe. Weil er eben anders als Concordia einen Martin Harnik in seinen Reihen hatte. Doch der Doppeltorschütze wollte sich in der für ihn typisch bescheidenen Art nicht als Matchwinner sehen.

Das Lob, so der Oberliga-Star, gebühre an diesem Abend zum wiederholten Mal in dieser Serie der Dassendorfer Abwehr. Die TuS-Hintermannschaft blieb im achten Oberligaspiel der Saison bereits zum fünften Mal ohne Gegentreffer. „Unsere Verteidigung ist schon gut. Gegen die anzukämpfen, würde es mir auch keinen Spaß machen“, gab Harnik zu.

TuS Dassendorf: Gruhne – Kleine, Palo, K. Carolus (11. Bojadgian), Büyüksakarya – von Haacke (70. Dettmann), Kurt, Möller (75. Kurczynski), Graudenz, Strömer (70. Lam) – Harnik.