Dassendorf. Der Ex-Profi der TuS Dassendorf über die Chancen von Deutschland und Österreich und wem er den Titelgewinn zutraut.

Wenn am Freitagabend (21 Uhr) mit dem Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Deutschland und Schottland die Fußball-Europameisterschaft beginnt, feiert Martin Harnik seinen persönlichen EM-Hattrick. Zweimal hat der Kapitän des Oberligisten TuS Dassendorf zu seinen Profizeiten als Spieler mit Österreich an dem kontinentalen Turnier teilgenommen, nun wird er als TV-Experte für den Privatsender „ServusTV“ viele Partien am Spielfeldrand begleiten – darunter auch die Auftaktbegegnung.

„Ich werde während der EM zwischen den Städten hin- und herpendeln. Ich freue mich sehr darauf“, sagt der langjährige Bundesliga-Stürmer, der am Montag seinen 37. Geburtstag feierte. Am Freitag werden in ihm gewiss Erinnerungen an 2008 hochkommen. Denn seinerzeit trat er mit Österreich bei einer Heim-Europameisterschaft an. Die Alpenrepublik war damals gemeinsam mit der Schweiz Gastgeber.

EM 2024: Martin Harnik ist für „ServusTV“ bei jedem Fußballspiel dabei

Eine ganze Nation blickte am 8. Juni im Wiener Ernst-Happel-Stadion auf Harnik und Co., als sie die Auftaktpartie gegen Kroatien bestritten. Die Enttäuschung war nach der unglücklichen 0:1-Niederlage entsprechend groß. Übermäßigen Druck habe er jedoch wegen der Gastgeber-Rolle nicht gespürt, sagt der heutige Kapitän der TuS Dassendorf rückblickend: „Es ist einfach etwas wirklich Besonderes, bei einer EM dabei sein zu dürfen.“ Österreich konnte seinen Heimvorteil seinerzeit nicht nutzen, schied nach einer weiteren 0:1-Niederlage bereits nach der Gruppenphase aus.

Der damals 21-jährige Martin Harnik (r.) im Zweikampf mit Michael Ballack. Österreich unterlag bei der EM 2008 im Wiener Ernst-Happel-Stadion der deutschen Elf mit 0:1 und schied in der Vorrunde aus.
Der damals 21-jährige Martin Harnik (r.) im Zweikampf mit Michael Ballack. Österreich unterlag bei der EM 2008 im Wiener Ernst-Happel-Stadion der deutschen Elf mit 0:1 und schied in der Vorrunde aus. © picture-alliance/ dpa | PA Photos Davy 6055763

Dieses Schicksal wollen die Deutschen als Gastgeber nun in München unbedingt vermeiden. Doch die beiden letzten Testspiele vor Turnierbeginn gegen die Ukraine (0:0) und Griechenland (2:1) waren wenig überzeugend. Dennoch traut Harnik dem Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann einiges zu. „Ich glaube schon, dass alles möglich ist, auch wenn sie nicht zum ganz engen Favoritenkreis zählen. Aber sie spielen im eigenen Land, der Kader ist stark und mir gefällt auch die Zusammensetzung“, lobt Hamburgs Fußballer des Jahres 2023 die Entscheidungen des Bundestrainers.

Leitet ein Sieg gegen Schottland ein neues „Sommermärchen“ ein?

Der Dassendorfer Kapitän verweist darauf, dass im Duell mit der Ukraine „Schlüsselspieler“ wie Toni Kroos und Antonio Rüdiger (beide Real Madrid) sowie die Akteure von Borussia Dortmund wegen des Champions-League-Finals ja noch gefehlt haben. Sie waren erst danach zum Kader gestoßen, der dann im Griechenland-Spiel noch nicht eingespielt war. Das dürfte nun anders sein. Gegen Schottland wird Deutschland in Bestbesetzung auflaufen – und mit einem Sieg vielleicht ein „Sommermärchen“ wie bei der Heim-Weltmeisterschaft 2006 einleiten?

„Natürlich kann da wieder eine gewisse Euphorie entstehen, wenn der Auftakt gelingt“, sagt Harnik. In Österreich, der Heimat seines Vaters, ist die Begeisterung bereits jetzt riesengroß. „Die Stimmung ist super, weil die Entwicklung und die Resultate stimmen“, erklärt der 37-Jährige, der 2008 und 2016 mit dem Nationalteam an der EM teilnahm. Beide Male verpasste die Alpenrepublik allerdings den Sprung in die K.-o.-Phase.

Österreich spielt in der „Todesgruppe“ gegen Frankreich, Polen und die Niederlande

Und auch diesmal stehen die Vorzeichen für die Auswahl des deutschen Trainers Ralf Rangnick in Anbetracht der starken Gruppengegner Niederlande, Frankreich und Polen nicht sonderlich gut. „Klar, das ist eine Todesgruppe. Aber ich glaube, sie haben schon gute Chancen weiterzukommen“, sagt Harnik. Gleich im ersten Spiel geht es für die Österreicher am Montag (21 Uhr) in Düsseldorf gegen Vize-Weltmeister Frankreich.

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Den ganz großen Wurf, sprich den Titel, traut Harnik der Equipe Tricolore aber eher nicht zu, sondern einer anderen großen Fußballnation: „Frankreich hat auf dem Papier zwar den stärksten Kader. Aber mein Gefühl sagt mir, dass es England diesmal machen könnte.“ Für die Briten wäre es der erste Titelgewinn seit 1966, als die Engländer nach dem legendären „Wembley-Tor“ gegen Deutschland Weltmeister wurden.

Martin Harnik ist bei der EM 2024 auf jeden Fall bis zum Finale mit dabei

Anders als die 24 teilnehmenden Mannschaften hat der 37-Jährige bereits jetzt Gewissheit, beim Finale am 14. Juli dabei zu sein. Denn unabhängig vom Abschneiden des österreichischen Teams wird er für „ServusTV“ bis zum Turnier-Ende als Experte am Spielfeldrand stehen. Seine dritte EM wird für Harnik damit seine anstrengendste - auch wenn er das Turnier erstmals aus ganz anderer Perspektive miterleben wird.