Geesthacht. Trotz vieler Bemühungen haben sich weder Käufer noch Mieter für Geesthachts ältestes Haus gefunden. Woran Vermittlungen scheiterten.
Sind die Tage von Geesthachts ältestem Haus, dem Forsthaus Grüner Jäger gezählt – ist sein Todesurteil nun gar besiegelt? Wenn kein Wunder mehr geschieht, wird das imposante Fachwerkhaus aus dem Jahr 1650 an der Bundesstraße zwischen Geesthacht und Lauenburg verfallen und zur Ruine werden. Auch ein Abriss ginge dann schnell.
Seit dem Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 ist der Betrieb in dem Gasthaus eingestellt, jetzt streicht auch die mit der Käufersuche beauftragte Maklerin die Segel. Isabel Maass von Evernest Urban Real Estate lässt die im Frühjahr 2023 gestarteten Vermittlungsversuche ruhen. Auf der Interseite der Firma ist die Immobilie nicht mehr aufrufbar.
Restaurant Geesthacht: Abriss? Der Grüne Jäger verkommt zur Ruine
Sie sieht keine Chancen mehr auf einen Verkauf, geschweige denn für eine Vermietung, die angestrebt worden war, als sich die Hoffnungen auf eine Veräußerung zerschlugen. „Die Immobilie ist nicht vermittelbar“, meint sie resigniert. Zumindest nicht für 2,3 Millionen Euro. Günstiger zu verkaufen, sei für die Eigentümer keine Option. „Mit Glück könnte man 1,5 Millionen Euro bekommen“, schätzt die Maklerin.
Gastronom Herbert Jürs hatte den Grünen Jäger 1982 übernommen, nach dessen Tod kaufte eine dreiköpfige Eigentümergemeinschaft den Gasthof zum Jahresbeginn 2019. Die Kaufsumme wurde damals nicht mitgeteilt, ein Preis von etwa einer Million Euro steht gerüchteweise im Raum.
Die idyllische Waldlage wird nun zum Problem
Zehn Kaufnachfragen habe es gegeben, „das ist viel für so ein Objekt“, berichtet Isabel Maass. Nicht alle entpuppten sich als seriös. Diejenigen, die ernsthaft etwas auf die Beine stellen wollten, stießen auf große Widerstände bei für sie notwendigen baulichen Veränderungen zur Verwirklichung ihrer Pläne. So wollte ein Investor eine Halle als Veranstaltungssaal errichten. Als sich das als nicht möglich erwies, sprang er wieder ab.
Denn die idyllische Waldlage, die früher Gäste anzog, richtet sich nun gegen das Objekt. „Bisher angedachte Nachnutzungsideen von Investoren sahen in fast allen Fällen eine notwendige Erweiterung beziehungsweise zusätzliche Bebauung im rückwärtigen Bereich des Grundstückes vor“, erklärt die Stadtverwaltung das Problem.
Abstand zum Wald stellt Planer und Investoren vor Herausforderungen
„Aktuell sind Erweiterungsmöglichkeiten in der ersten Prüfung an dem vorhandenen Waldabstand gescheitert. Sofern eine Waldumwandlung oder Unterschreitung des Waldabstandes seitens der unteren Forstbehörde nicht genehmigt wird, sind Erweiterungsmöglichkeiten im rückwärtigen Bereich aktuell nicht umsetzbar“, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion.
Und weiter: „Grundsätzlich werden auch bauliche Erweiterungen seitens der Stadt mit geprüft und gestattet, allerdings muss im Rahmen der Prüfung auch das Landeswaldgesetz berücksichtigt werden. Dieses schreibt aktuell einen Regelabstand von baulichen Anlagen zum Wald von 30 Metern vor und stellt speziell bei diesem Objekt einen Investor und Planer vor Herausforderungen“.
Stadt sieht selbst wenig Einfluss auf Veränderungen
Die Stadt beteuert, dass es ein Interesse gebe, das Objekt zu erhalten. Man stehe neuen Ideen keinesfalls im Wege, sei jedoch an Landes- und Bundesrecht gebunden. „Bei Umnutzung des Gebäudes und Erweiterungen im Rahmen des Möglichen, ist die Stadt bemüht, das rechtlich Zulässige auch zu unterstützen. Das Objekt befindet sich in Privatbesitz. Aufgrund der Besitzverhältnisse und der genannten Randbedingungen hat die Stadt aktuell wenig Einfluss auf eine Veränderung.“
Da der Grüne Jäger nicht unter Denkmalschutz steht – zu viel Substanz ist hier in den vergangenen Jahrzehnten verändert worden – dürfte er baurechtlich ohne Genehmigung der Bauaufsicht abgerissen werden. Nur was dann?
Flächennutzungsplan weist Fläche als Sondergebiet Hotel aus
Das Grundstück in Nachbarschaft zum privaten Industriegebiet „Grüner Jäger“ ist im Flächennutzungsplan als Sondergebiet Hotel ausgewiesen. „Bei einer Nutzungsänderung muss seitens der Stadt geprüft werden, inwieweit der Bestandschutz erlischt und neue gesetzliche Anforderungen einzuhalten sind“, informiert die Verwaltung.
So sei eine Neubebauung zum Beispiel mit Wohnhäusern nach aktuellem Planungs- und Baurecht nicht möglich. Für eine Wohnbebauung/ Gewerbe müsste der Flächennutzungsplan angepasst und ein B-Plan aufgestellt werden. „Aufgrund der Lage zum Industriegebiet, den angrenzenden Waldflächen und der B5 wäre die Aufstellung eines Bebauungsplanes äußerst schwierig“, beurteilt die Stadt die knifflige Situation.
Grüner Jäger: Mieter für das Restaurant sind schwer zu finden
In Sachen Vermietung für einen Gastrobetrieb war das Interesse gleich null. „Da gab es keine Nachfrage“, sagt Isabel Maass. „Es fehlen viele Fachkräfte. Wer soll so ein Restaurant betreiben?“, fragt sie. Die Branche habe zudem damit zu kämpfen, dass weniger Leute essen gehen. Außerdem abschreckend: Auf die alten Möbel sollte eine Abschlagszahlung in Höhe von 200.000 Euro geleistet werden.
Innen blieben die Räume so, wie sie nach dem letzten Betriebstag hinterlassen wurden. Spirituosen, Speisekarten, eingedeckte Tische, alles noch da. Im Keller lagern Colabestände mit Abfülldatum 2018, erzählt Isabel Maass. Und es gebe nun auch Ratten im Gebäude. Der Lolliständer auf dem Tresen wurde kürzlich von ihnen geplündert. Die Lutscher waren verschwunden, stattdessen lag das Einwickelpapier auf dem Boden.
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„Mittlerweile hat der Zustand des Gebäudes sehr gelitten“, sagt Isabel Maass. „Es ist schon heftig, was die Jahre ohne Nutzung mit so einer Immobilie anstellen“. In der Küche sei nun bei jedem Besuch Wasser auf dem Boden gewesen, Schimmel habe sie auch entdeckt. „Ich würde sagen, das war es für den Grünen Jäger“, sagt die Maklerin düster.