Geesthacht. Gegenüber und nahe dem Otto-Hahn-Gymnasium gibt es zwei Geräte. Kritik von Schule und Eltern. Aber die Stadt kann nichts dagegen machen.
Mehrere Schüler drängen sich am Donnerstag in der zweiten großen Pause vor dem neuen Snackautomaten gegenüber dem Otto-Hahn-Gymnasiums (OHG) in Geesthacht. Das aus Energydrinks, scharfen Chips, Schokoriegeln, weiteren Süßigkeiten und Softdrinks bestehende Angebot kommt bei ihnen offensichtlich gut an. Lehrer, Elternvertreter sowie Teile der Geesthachter Politik sind dagegen „not amused“. Verbieten kann die Stadt die Aufstellung aber nicht.
Der Automat steht seit dem Ende der Sommerferien an der Ecke Waldstraße/Neuer Krug gegenüber der großen OHG-Sporthalle auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf einem Privatgrundstück. Im weiteren Umfeld der Schule befindet sich seit Kurzem ein zweites Selbstbedienungsgerät desselben Betreibers. Hier, in 350 Meter Entfernung, gibt es zusätzlich Einweg-Shishas und alkoholische Cola-Mischgetränke. Dieser Automat steht an der Geesthachter Straße gegenüber der Mittelstraße, ebenfalls auf privatem Grund.
Geesthacht: Snackautomaten bei Schule sorgen für Ärger
Und damit hat die Geesthachter Verwaltung keine Handhabe. „Wir haben vom Bauamt der Stadt Geesthacht die Info erhalten, dass so ein Verkaufsautomat keiner weiteren Baugenehmigung bedarf“, sagt Jan Kunze, der stellvertretende Leiter des Otto-Hahn-Gymnasiums. Auch der Schulelternbeirat (SEB) des OHG hatte wissen wollen, ob Aufstellen und Betrieb in Schulnähe zulässig ist.
Der SEB-Vorsitzende Christian Lohrke hat die Eltern zum Schulstart in einem Schreiben aber sensibilisiert: „Den Standort des Automaten halten wir für sehr gefährlich. Kinder, die zu dem Automaten gehen, müssen die Straße queren und tun dies direkt vor, hinter oder sogar zwischen den dort stehenden Schulbussen. Ihr alle wisst, wie problematisch die Verkehrslage im Neuen Krug ist – bitte besprecht die Gefährlichkeit mit euren Kindern!“ Damit liegt der SEB mit der Schulleitung konform.
Gefährliche Lage des Automaten
Während der Schulzeit dürfen minderjährige Kinder das Schulgelände darüber hinaus eigentlich nicht verlassen. „Gemäß unserer Auffassung besteht dann kein Versicherungsschutz“, mahnt Lohrke. An die Vorgabe halten sich allerdings längst nicht alle Schüler. In den ersten Tagen nach den Sommerferien seien die Lehrkräfte „über alle Maßen“ damit beschäftigt gewesen, Kindern das Verlassen des Geländes zu untersagen. Lohrke: „Eine reguläre Pausenaufsicht ist so kaum durchzuführen.“
Die Lage des Automaten ist die eine Sache, das Angebot zu relativ hohen Preisen eine andere. 0,33 Liter Softdrink kosten zwei Euro, im zum Vergleich herangezogenen Supermarkt sind es 95 Cent. Ein Automaten-Snickers gibt es für einen Euro, im Supermarkt kostet ein Fünferpack 2,59 Euro. Die Dose Red Bull (250 ml) kosten am Automat 2,50 Euro, im Geschäft 99 Cent. Darüber hinaus gibt es im Automaten bei Jugendlichen beliebte Trendware wie extrascharfe Chips oder Instant-Nudeln.
Snackautomaten bei Schule: Angebot besteht großenteils aus Zucker
„Dass das Angebot des Automaten zu einem großen Teil nur aus Zucker besteht, stimmt uns nicht milder“, schreibt Lohrke an die Eltern. Bei Energydrinks, die häufig Koffein und andere Wachmacher enthalten, kommt hinzu: Sie sind für Kinder – vor allem für solche mit gestörter Aufmerksamkeit – nicht geeignet. Teilweise steht daher auf Dosen auch der Hinweis: Für Kinder und schwangere Frauen nicht empfohlen.
Der stellvertretende Schulleiter Jan Kunze sieht es derweil pragmatisch: „Wir können als Schule bei der Ernährung nur mahnen. Letztlich ist es so wie früher bei Zigarettenautomaten.“ Während die Abgabe von Energydrinks an Minderjährige rechtlich nicht verboten ist, hat unser Test am Automaten an der Geesthachter Straße ergeben, dass vor der Ausgabe von Alkohol und E-Shishas die vorgeschriebene Altersabfrage erfolgt.
Snackautomaten bei Schule: Betreiber zeigt sich gesprächsbereit
Zufällig kommt auch der Eigentümer der beiden Automaten vorbei, um Ware nachzufüllen. „Die Standorte habe ich bewusst gewählt“, räumt Erkan Kartal ein. Der 23-Jährige, der an der Geesthachter Bertha-von-Suttner-Schule Abitur gemacht hat, sagt: „Als Kind hätte ich mir so einen Automaten gewünscht. Ich musste jedes Mal in der Pause zu Rewe laufen.“ Für einen dritten Automaten sucht er noch nach einem Standort. „Ich kenne nur niemanden mehr, der in der Nähe einer Schule wohnt.“
Die Preise hält er für „legitim“. Sie seien teilweise günstiger als an einer Tankstelle. Und auch, dass das Angebot an der Schule nicht auf Gegenliebe stößt, kann er nachvollziehen. „Ich habe Alkohol und Shishas vor der Schule extra nicht hineingetan“, betont er. Von der Aufregung um sein Geschäftsmodell hat sehr wohl mitbekommen. Er tue aber nichts Verbotenes und zeigt sich gesprächsbereit, was das Sortiment angeht. „Wenn ich am Neuen Krug Dextro-Energen oder Müsliriegel aufnehmen soll, muss man nur auf mich zukommen. Meine Mailadresse steht am Automaten“, sagt Kartal.
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Snackautomaten bei Schule sind kein spezielles Geesthachter Phänomen
Die Automaten in der Nähe von Schulen sind übrigens kein spezielles Geesthachter Phänomen. Neuerdings häufen sich in Deutschland Meldungen über aufgestellte Snackautomaten und darüber wenig begeisterte Schulen. Viele Automaten sehen dabei identisch aus. „Die Welle schwappt nun auch nach Geesthacht über“, hatte auch Ratsherr Björn Reuter (CDU) mit Bedauern festgestellt.
Elternsprecher Christian Lohrke setzt auf einen marktwirtschaftlichen Ansatz, den die Eltern mit ihren Kindern besprechen sollen. „Wenn niemand dort einkauft, wird dieser Automat nicht lange bestehen bleiben“, sagt Lohrke. Ob er damit durchdringt? Der Andrang deutet jedenfalls nicht auf ein schnelles Ende des Snackautomaten hin.