Geesthacht. Auch drei Jahre nach der Schließung ist alles gut in Schuss. Trotzdem könnte ein Abriss drohen, wenn sich kein Käufer findet.
- Das Forsthaus Grüner Jäger soll verkauft werden
- Die Verwalterin ist für jegliche Nutzungsideen offen
- Denn sonst könnte auch der Abriss des historischen Gebäudes drohen
Hinter der Eingangstür liegen noch alte Broschüren mit Kulturveranstaltungen vom Jahresbeginn 2020, gleich daneben der Aushang mit den Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag 17 bis 22 Uhr, Sonnabend 11 bis 22, Sonn- und Feiertage 11 bis 21 Uhr, Küchenschluss eine halbe Stunde vorher. Doch das war einmal. Im Mai 2023 liegt der seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 geschlossene legendäre Geesthachter Gasthof Forsthaus Grüner Jäger weiterhin im Dornröschenschlaf.
Aber das soll sich wieder ändern. Die Eigentümergemeinschaft, zu der auch der ehemalige Schwergewichtsboxer Luan Krasniqi gehört, hat den Verkauf der Immobilie samt Grundstück nun in die Hände von Isabel Maass von der Firma Evernest Urban Real Estate gelegt, nachdem die Veräußerung zunächst von der Ärzte & Apotheker Immobilien GmbH aus Lüneburg organisiert werden sollte. Das Wohlergehen des im Jahr 1650 erbauten Hauses ist ihr eine Herzensangelegenheit, sagt sie. Isabel Maass stammt aus Krümmel, das Forsthaus Grüner Jäger spielte früher immer eine große Rolle bei den Familienfesten, da gebe es eine starke emotionale Bindungen zur Immobilie.
Forsthaus Grüner Jäger nicht unter Denkmalschutz – Abriss möglich
„Ich bin auch offen für Ideen“, sagt sie. Wer eine Vorstellung hat, wie es mit dem Gebäude auf dem Gelände an der Bundesstraße 5 nach Lauenburg weitergehen könne, dürfe sich gern bei ihr melden (Mail an isabel.maass@evernest.com). „Hauptsache, das alte Haus hat eine Zukunft“, hofft sie. „Eine Wiederbelebung wäre so wichtig für Geesthacht.“
Denn auch eine Sorge schwingt mit: Dass mal ein Abriss drohen könnte, denn ein Denkmalschutz für das historische Gebäude besteht nicht. Das ist nicht ungewöhnlich, selbst dann, wenn ein Gebäude sehr alt ist. Viele Umbauten und Veränderungen über all die Jahre können den Wert für die Denkmalschutzbehörde mindern.
Erst zu Jahresbeginn sorgte der Abriss eines 370 Jahre alten Gasthofes auf Sylt für Empörung in der Bevölkerung, auch dort gab es keinen Denkmalschutz. Das Forsthaus Grüner Jäger hat seinen Ursprung als Fuhrmannsherberge, die Postkutschenstrecke zwischen Hamburg und Berlin führte hier vorbei.
Schon für Niemanns Gasthof konnte Isabel Maass einen Käufer finden
Die dreiköpfige Eigentümergemeinschaft des Grünen Jägers wurde auf Isabel Maass aufmerksam, weil sie für Niemanns Gasthof in Silk im Oktober vergangenen Jahres einen Käufer finden konnte. Auch dies ist ein repräsentativer, historischer Landgasthof mit Wurzeln zurück bis ins Jahr 1792.
Ein Unterfangen, das zuvor als schwierig eingeschätzt wurde, besonders der Fachkräftemangel in der Branche gilt aktuell als Risiko für Investoren. „Dieser Erfolg wurde weiter getragen in der Gastro-Szene“, sagt Isabel Maass. Auch in Sachen Grünem Jäger habe sie bereits eine gewisse Resonanz festgestellt, „ein vorsichtiges Vortasten“.
Selbst Napoleon soll im Grünen Jäger übernachtet haben
„Traditions-Landgasthof ,Grüner Jäger’ – eine Immobilie mit Charme, Geschichte, riesigem Grundstück und Wohnhaus“, wirbt Evernest auf seiner Internetseite für Immobilie und Anwesen. „Das Grundstück beeindruckt durch seine beachtliche Größe von ca. 19.057 Quadratmetern und bietet damit jede Menge Platz für Ihre Ideen und Geschäftsvorhaben.
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Ob als gastronomische Location, Tagungs- und Eventraum oder für sonstiges Gewerbe – hier sind Ihnen kaum Grenzen gesetzt“. Schon Napoleon Bonaparte soll hier 1812 im Vorfeld des Russland-Feldzugs übernachtet haben. Die Franzosen durchquerten beim Anrücken Richtung Osten bei Schnakenbek eine Furt in der Elbe.
Gemäß des Flächennutzungsplans wäre auch der Bau zum Beispiel eines Hotels auf dem Areal möglich. So ein Projekt mit 80 Betten war schon einmal angedacht worden.
Zum Verkaufspaket gehört auch ein Wohnhaus auf dem Gelände
Als Preis aufgerufen werden auf der Internetseite 2,8 Millionen Euro. Außer dem Gasthof mit einer Wohnfläche von 531 Quadratmetern – 60 Plätze im Restaurant, 70 auf der Terrasse und bis zu 120 im Festsaal – gehört unter anderem noch ein Wohnhaus im rückwärtigen Bereich des Grundstücks auf einer kleinen Anhöhe des parkartigen Grundstücks zum Gesamtpaket. Es wird von den Eigentümern noch genutzt für zeitweise Vermietungen an Handwerker oder auch an Feriengäste und weist etwa 102 Quadratmeter Wohnfläche auf.
Drinnen fällt dem Besucher auf, dass es überhaupt nicht muffig riecht, selbst Staub ist nicht zu finden. Im Obergeschoss lag die Wohnung des verstorbenen Herbert Jürs und seiner Frau Christa. Sie lebt in einem Seniorenheim. Oben an den Stufen ist immer noch der Treppenlift geparkt. Einige Zimmer sind als Lager umfunktioniert, es stapeln sich Pakete mit Gläser, an einer Wand ist Osterdekoration aufgestellt.
Die alten Speisekarten liegen immer noch griffbereit beim Eingang
Unten liegen beim Zugang zum Saal an einem Beistelltisch im Eingangsbereich noch griffbereit die alten Speisekarten. „Zartes Roastbeef kalt“ kostet mit Bratkartoffeln 18,50 Euro. An „fleischlos glücklich“ wurde auch schon gedacht, der Quinoabratling mit Pfannengemüse will für 12,50 verzehrt werden. Die Tische sind eingedeckt und mit Stühlen umringt, Kärtchen werben für Grauburgunder von Zotz, Jahrgang 2018.
Auf einem Klavier stehen aufgereiht die Obstbrände. Durch die sauberen Scheiben flutet Sonnenlicht den Saal. Die ganze Atmosphäre lässt glauben, das dass Lokal nur mal eben über das Wochenende abgeschlossen wurde. „Der Betrieb könnte nach einem Verkauf sofort wieder starten“, sagt Isabel Maass.
Das hier alles nach drei Jahren Ruhepause drinnen und draußen so gut in Schuss ist, liegt auch an Klaus Paetow. Der Rentner wird bald 84 Jahre alt, er schaut dreimal in der Woche für jeweils fünf bis sieben Stunden nach dem Rechten. Die Klospülung muss regelmäßig laufen, zudem die Wasserhähne. Damit sich
kein Schimmel bildet, wurde den Winter über durchgeheizt. Der Rasen wird gemäht, die Büsche geschnitten, auch mal ein Baum gefällt. Klaus Paetow ist dem Lokal seit über zwanzig Jahren verbunden, seitdem er mit seiner Tennismannschaft aus Aumühle im Grünen Jäger Essen war. „Mittlerweile bin ich Stubenältester“, flachst er. Auch für ihn sind die Hausmeistertätigkeiten auf dem Gelände eine Herzensangelegenheit. „Herbert Jürs war so ein netter Mensch“, erinnert er sich.
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Herbert Jürs hatte den Grünen Jäger 1982 übernommen, die heutige Eigentümergemeinschaft den Gasthof zu Jahresbeginn 2019 nach seinem Tod gekauft. Auf einem Foto zwischen dem Eingang und dem Zugang zur Küche prostet Jürs weiterhin den Besuchern mit einem Glas Sekt zu. Er sieht auf dem Bild so aus, als freue er sich schon auf die nächsten Eigentümer.