Lauenburg. Die Schifferstadt unterhält fünf Städtepartnerschaften – von Frankreich bis nach Polen. Jetzt ist ein großes Treffen geplant.

Frankreich, Luxemburg, Polen, Deutschland, Palästina, – wer die Länder besuchen will, in denen Lauenburgs Partnerstädte liegen, muss entweder weit reisen, oder sich, wie im Fall von Boizenburg, einfach für ein paar Minuten ins Auto oder den Linienbus setzen. So unterschiedlich wie die Entfernungen sind auch die Städte selbst. 

Die erste Partnerstadt von Lauenburg war Manom in Frankreich, wenig später kam Dudelange in Luxemburg dazu. Die Partnerschaften mit Lebork in Polen sowie der Nachbarschaft Boizenburg konnten erst nach dem Fall des „eisernen Vorhangs“ im Jahre 1989 besiegelt werden. Alle fünf Jahre, so war es damals abgemacht, soll der Verbrüderungseid in jeweils einer anderen Stadt wiederholt werden. Nach 20 Jahren ist Lauenburg mal wieder Gastgeberstadt des Verbrüderungstreffens. Von Freitag, 6. September, bis Sonntag, 8. September, sind Vertreter der Partnerstädte zu Gast in der Schifferstadt.

Erste Städtepartnerschaft zieht Schlussstrich unter Nachkriegsjahre

Der Partnerschaftsvertrag zwischen Lauenburg, Manom und Dudelange trägt das Datum 21. Juni 1958. Durch das Zusammenrücken wollten die Unterzeichner der Urkunde 1958 einen Schlussstrich unter die Nachkriegsjahre ziehen. Zumindest größenmäßig ziemlich ungleiche Partnerschaften: Dudelange hat etwa 22.000 Einwohner und Lauenburg hat gerade die Zwölftausend-Einwohner-Marke geknackt. Manom ist mit knapp 3000 Einwohnern die kleinste Stadt im Bunde.

Die Lauenburger Radsportgruppe Equipe Europa mit Sportfreunden aus Manom, Dudelingen und Lebork im Jahre 2003.
Die Lauenburger Radsportgruppe Equipe Europa mit Sportfreunden aus Manom, Dudelingen und Lebork im Jahre 2003. © Richel

Ältere Lauenburger können sich bestimmt an so manche Begegnungen zwischen den Menschen in den Partnerstädten erinnern. Insbesondere die Lauenburger Radsportgruppe Equipe Europa hielt die Beziehungen – später auch mit Lebork und Boizenburg – über Jahrzehnte lebendig. Es gibt aber bei dem Treffen auch so manche Anekdote zu berichten, so wie die von einer Liveübertragung von Radio Luxemburg aus Lauenburg. Dazu muss man wissen: In den 1960er- und 1970er-Jahren waren die Studios in der Villa Louvigny im Luxemburger Stadtpark bei deutschen Radiohörern voll angesagt. 

8. Juli 1878: Radio Luxemburg berichtet live aus Lauenburg

Jedenfalls hatten sich die Kollegen von Radio Luxemburg die norddeutsche Kleinstadt offenbar wesentlich ländlicher vorgestellt, als sie am 8. Juli 1978 ihre Übertragungstechnik in der Partnerstadt Lauenburg aufbauten. Moderator Carl-Heinz Hollmann leitete die Übertragung aus Lauenburg ein: „Wir wollen ein wenig Informationen über den Ort vermitteln, aus dem wir senden, in der Hauptsache geht es uns aber um Spaß und Fröhlichkeit“, sprach er ins Mikrofon.

Einen Tag später berichtete die Lauenburgische Landeszeitung über die Aufnahmen. Während die meisten Schaulustigen nur Augen für Sängerin Sandy Mills und die anderen Stars hatten, entgingen Redakteur Detlef Bienwald die Tricks des Radiosenders nicht. Er schrieb am nächsten Tag: „Carl-Heinz Hollmann stand am Schloßberg und beschrieb den Blick auf die Elbe, Hafen und ins Lüneburger Land. ,Man glaubt hier oben die Kühe und Schafe zu hören, so still und friedlich ist es in Lauenburg.‘ Und auf sein Kommando untermalten seine Mitarbeiter diesen Text mit einem kräftigen Mäh und Muh.“

Vertreter aus Palästina werden ebenfalls zu Gast sein

Doch im Laufe der Jahre schliefen die Städtepartnerschaften mehr oder weniger ein – zumindest, was die Kontakte der Bewohner untereinander betrifft. Umso überraschender, dass vor fünf Jahren eine fünfte Lauenburger Partnerschaft besiegelt wurde, die mit der palästinensischen Stadt Al-Ubeidiya. Dazu gibt es eine Vorgeschichte: Im Februar 2013 besuchte der christlich-orthodoxe Erzbischof Theodosius Atallah Hanna aus Jerusalem die Schifferstadt – vermittelt vom Lauenburger Geschäftsführer der Dana Lebensstil GmbH, Dr. Yazid Shammout.

Lauenburg Erzbischoff  Theodosius Atallah Hanna trägt sich im Beisein des damaligen Bürgermeisters Andreas Thiede ins Gästebuch der Stadt ein.
Lauenburg Erzbischoff  Theodosius Atallah Hanna trägt sich im Beisein des damaligen Bürgermeisters Andreas Thiede ins Gästebuch der Stadt ein. © Richel

„Lauenburg hat immer einen Platz in meinem Herzen“, hatte der Würdenträger aus Jerusalem beim Abschied versichert. Es folgten ein paar gegenseitige Besuche von Vertretern der beiden Städte. Im Dezember 2018 votierte die Lauenburger Stadtvertretung einstimmig für eine Städtepartnerschaft, die ein halbes Jahr später offiziell besiegelt wurde.

Treffen der Partnerstädte soll keine Eintagsfliege sein

„Wir freuen uns, dass wir zu unserem Verbrüderungstreffen auch Vertreter aus Al-Ubeidiya begrüßen können“, sagt Bürgermeister Thorben Brackmann. Derzeit feilt das Team der Lauenburger Stadtverwaltung noch an den letzten Details zu dem Verbrüderungstreffen am zweiten Septemberwochenende. Etwa 80 Vertreter der fünf Partnerstädte werden erwartet, alle kommen in Lauenburger Gastgeberfamilien unter. Von einem Neubeginn der Beziehungen zu sprechen, stimmt in jedem Fall. Schließlich sind es in den Rathäusern der fünf Städte alles neue Gesichter, die an den einst geschlossenen Städtebund anknüpfen wollen.

Am 29. April 1990 wurde der Vertrag über die Städtepartnerschaft zwischen Lauenburg und Boizenburg unterzeichnet. 
Am 29. April 1990 wurde der Vertrag über die Städtepartnerschaft zwischen Lauenburg und Boizenburg unterzeichnet.  © Heimatbund und Geschichtsverein | Heimatbund und Geschichtsverein

Hinter den Absprachen zu einer Stadtrundfahrt am Freitag können die Organisatoren schon mal einen Haken machen. Am Abend gibt es mit allen Gästen und ihren Gastgebern ein Kennenlerntreffen. Gespannt sein dürfen die Lauenburger vor allem auf den Sonnabendvormittag: Alle Partnerstädte werden auf dem Wochenmarkt mit jeweils einem Stand vertreten sein, um ihre Region, die Spezialitäten und Sehenswürdigkeiten vorzustellen. Bürgermeister Thorben Brackmann ist jedenfalls guter Dinge, dass das Verbrüderungstreffen ein voller Erfolg wird. Es sollen übrigens nicht wieder fünf Jahre vergehen, bis die Städtepartnerschaften aufgewärmt werden. „Wir haben uns schon jetzt verabredet, die nächsten Begegnungen zwischen den Bewohnern unserer Städte zu planen“, sagt er.

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Manom ist eine französische Gemeinde mit etwa 3000 Einwohnern. Funde beweisen, dass hier schon vor 6000 Jahren Menschen gelebt haben. Heute bietet die Gemeinde einen gelungenen Kompromiss zwischen Stadt und Land und hat viele junge Haushalte angezogen. Zur hohen Lebensqualität der Stadt an der Mosel tragen auch eine gesunde Infrastruktur und ein lebendiges Vereinsleben bei.

Im Süden des Großherzogtums Luxemburg liegt Dudelange. Die Städtepartnerschaft mit Lauenburg reicht in das Jahr 1958 zurück. Die Stadt verdankt ihren Wohlstand dem großen Eisenerz-Vorkommen in ihrer Umgebung. Ausbau und Pflege der Grünflächen und Parks haben das Stadtbild in den letzten Jahren vorteilhaft verändert. Ausgesprochen attraktiv ist das wirtschaftliche, sportliche und kulturelle Angebot von Dudelange.

In der Kreisstadt Lebork leben 37.000 Einwohner. Liebevoll sanierte Häuser und Fußgängerzonen prägen das Stadtbild. Doch überall gibt es auch Zeichen einer deutsch-polnischen Verschmelzung: Aus der Nachkriegsbebauung ragen Türme von Kirchen und anderen historischen Gebäuden heraus, die von einer 700-jährigen Geschichte der Stadt zeugen. Übrigens wurde hier im Jahre 1860 Paul Nipkow geboren, der den Grundstein für die Erfindung des Fernsehens legte.

Die ehemalige Grenzstadt Boizenburg ist seit 1990 Lauenburgs Partnerstadt. Boizenburg mit rund 11 000 Einwohnern liegt an der Mündung der Boize. Nach der deutschen Teilung wurde Boizenburg eine isolierte Grenzstadt. 1952 mussten in der „Aktion Ungeziefer“ viele Bewohner den Ort zwangsweise verlassen. Die Verbliebenen unterlagen verschärften Kontrollen durch die DDR-Behörden. Heute ziehen die restaurierte Altstadt mit Wallanlagen, Rathaus und Kirche, der Stadtpark oder der Stadthafen viele Touristen an.

Al-Ubeidiya liegt sechs Kilometer östlich von Bethlehem und ist nach dem Heiligen Theodosius („Ibn Ubeid“ auf Arabisch) benannt, der in einem Kloster ein Kilometer westlich der Stadt begraben wurde. Seit 1997 wird Al-Ubeidiya von einem elfköpfigen Gemeinderat regiert, der von der Palästinensischen Nationalbehörde (PNA) ernannt wurde. Seit dem Sechs-Tage-Krieg im Jahre 1967 befindet sich Al-Ubeidiya unter israelischer Besatzung.