Schwarzenbek. Bürger sollen aktiv an der Energiewende mitwirken. Die Stadt Schwarzenbek hinkt in puncto Solarnutzung hinterher. Das soll sich ändern.

Die Europastadt war ganz weit vorne dabei, als mit Kirstin Boltz die erste Klimaschutzmanagerin im Jahr 2017 eingestellt wurde. Auch machte sich der ehemalige Stadtvertreter Egon Siepert (damals SPD, später CDU) bereits vor rund 15 Jahren Gedanken über eine Energiewende mittels großer Solarflächen und brachte einen entsprechenden Antrag in die Stadtvertretung ein. Für den Klimaschutz in Schwarzenbek ist einiges passiert – beispielsweise durch den Bau von E-Ladesäulen, den elektrischen Stadtbusverkehr und Fahrradstellplätze am Bahnhof. In Sachen Solarnutzung ist die Europastadt allerdings ganz weit hinten. Lediglich am Wasserwerk gibt es eine kleine Anlage. Das soll sich jetzt ändern. Doch es sind nur wenige Dächer von städtischen Gebäuden für Solaranlagen geeignet.

Stadt fordert Bürger auf, Solaranlagen zu bauen, hinkt aber selbst hinterher

„Wir appellieren an die Bürger, möglichst viel regenerative Energien zu nutzen, tun selbst aber in dieser Hinsicht bei den kommunalen Gebäuden noch relativ wenig. Das wollen wir ändern“, sagt Nina Reimers, die 2021 die Nachfolge von Kirstin Boltz als zweite Klimaschutzmanagerin der Stadt Schwarzenbek angetreten hat. Schon unter Bürgermeister Frank Ruppert, der nach dem Reaktorunfall in Fukushima zu den Grünen wechselte, war die Solarnutzung ein Thema, das mangels geeigneter Flächen verworfen wurde.

Jetzt hat Nina Reimers erneut die öffentlichen Gebäude untersuchen lassen. Ergebnis: Das Rathaus mit seinem zerklüfteten und auch sehr alten Dach ist ein Sanierungsfall und nicht für Solaranlagen geeignet. „Wenn man eine Solaranlage montiert, sollte das Dach 15 Jahre nicht angefasst werden müssen. Sonst lohnt sich die Investition nicht“, so die Klimaschutzbeauftragte.

Gülzow hat es mit einem Pachtmodell für Solaranlagen auf dem Schützenhaus vorgemacht

Deshalb ist auch das benachbarte Gülzow einen ganz besonderen Weg gegangen. Das Dach der 1976 errichteten Schützenhalle musste dringend erneuert und das asbesthaltige Isoliermaterial entsorgt werden – eine Ausgabe in Höhe von 100.000 Euro, die sich das Dorf nicht leisten konnte. Deshalb hat Bürgermeister Wolfgang Schmahl einen Deal mit dem regionalen Unternehmen Silmar Energy gemacht und der Firma das 1000 Quadratmeter große Dach als Solarfläche für 20 Jahre verpachtet. Im Gegenzug hat die Firma das Dach kostenlos saniert.

„Ein ähnliches Modell haben wir auch diskutiert. Die Politiker möchten aber nach dem letzten Stand der Beratungen im Stadtentwicklungsausschuss lieber den erzeugten Strom selbst für die städtischen Immobilien nutzen“, sagt Nina Reimers. „Das bedeutet angesichts der steigenden Strompreise natürlich auch ein stück Autarkie für die Stadt“, ergänzt die Klimaschutzbeauftragte.

Schwarzenbeks Politiker wollen den Solarstrom für die Stadt nutzen

Jetzt ist die Frage, welche Immobilie am besten für eine Solarnutzung geeignet ist. Denn die Politiker haben sich dafür ausgesprochen, dass von der Verwaltung eine Wirtschaftlichkeitsprüfung – zunächst für das aus deren Sicht geeignetste Objekt – durchgeführt wird. Vor der Errichtung einer PV-Anlage muss die Statik des betroffenen Daches geprüft werden. Kosten hierfür sind in die Haushaltsplanung für 2025 aufzunehmen, so die Entscheidung der Politiker.

Fest steht, dass das Rathaus nicht infrage kommt – obwohl es natürlich durch seine Lage in der Stadtmitte und die hohe Besucherfrequenz durch Wochenmarkt und Supermarktzentrum am Ritter-Wulf-Platz eine hohe Werbewirkung für die Solarnutzung hätte. Ebenfalls ungeeignet ist die Turnhalle an der Berliner Straße. „Dort gibt es zahlreiche Aufbauten auf der Dachfläche, die große Teile des Daches nicht für Solarmodule nutzbar machen“, so die Klimaschutzbeauftragte.

Das Sporthaus an der Schützenallee hat eine zu kleine nutzbare Dachfläche, kommt also auch nicht in Frage. Anders sieht es beim Bauhof aus. Dort ließen sich 260 Solarmodule installieren, die rund 94.500 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen könnten. Die Kosten für die Installation liegen bei knapp 125.700 Euro.

Die Buschkoppel ist der Sonnenbalkon der Europastadt

Den meisten Platz und einen hohen Effizienzgrad von 90 Prozent bietet das Gymnasium mit Nebengebäuden wie der Mensa, wo insgesamt Platz für 1200 Solarmodule ist, die pro Jahr mehr als 451.000 Kilowattstunden Strom erzeugen könnten. Das kostet allerdings auch in der Erstinvestition eine Menge Geld. Nach Berechnungen von Nina Reimers wären hierfür knapp 625.000 Euro erforderlich. Gut geeignet sind auch die beiden gleich nebenan gelegenen Sporthallen an der Buschkoppel und die des Gymnasiums. Beides sind Dreifeldhallen mit annähernd gleich großen Dachflächen, auf denen jeweils rund 500 Module installiert werden könnten. Der Kostenpunkt für die Anlagen liegt jeweils bei etwas über 230.000 Euro.

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Ein Vorteil der Gebäude von Gymnasium und Sporthallen besteht auch darin, dass die Buschkoppel keinen hohen Baumbewuchs hat und die Anlagen deshalb kaum Verluste durch Schattenwurf haben. Dieser Bereich könnte also der Hotspot für Ökostrom in der Europastadt werden. Neben dem Eigenbetrieb der Anlagen kommt auch eine Verpachtung nach Gülzower Modell infrage. Auch diese Varianten hat Nina Reimers den Politikern vorgestellt. Damit würden die Baukosten entfallen, die Stadt würde aber auch an dem erzeugten Strom nicht partizipieren. Die Beratungen werden in die nächste Runde gehen, wenn die Wirtschaftlichkeitsberechnung und die Statikprüfung abgeschlossen ist. Bis dahin dürften aber noch einige Monate ins Land gehen.