Schwarzenbek. Bis zu 30 Bürger sollen Ideen entwickeln, um den Klimaschutz in der Stadt voranzubringen. Ein Modellversuch auch für andere Themen.

„Wir sitzen hier nicht hinter hohen Mauern bei uns im Rathaus und bestimmen irgendwas“, sagt Christian Wruck. Ein Satz, der sinnbildlich für den Antrag steht, den seine Grünen-Fraktion in der kommenden Stadtverordnetenversammlung in Schwarzenbek am 15. Februar stellt. Die Grünen wollen für die Europastadt einen Klima-Bürgerrat, der Klimaschutzmaßnahmen für die Stadt erarbeitet.

Hintergrund ist ein Modellprojekt der beiden gemeinnützigen Vereine „Mehr Demokratie“ und „Bürgerbegehren Klimaschutz“. Die weisen auf dringende Anpassungen in der aktuellen Klimapolitik hin, betonen aber auch, dass Klimapolitik Geld koste und Personalkapazitäten in der Kommune binde und so auch in der Kommunalpolitik für Spannungen sorgen könne. Sind Projektideen jedoch aus den Reihen eines Klima-Bürgerrats entstanden, könnten diese auf mehr Zustimmung stoßen.

Rat soll Querschnitt der Gesellschaft sein

In vier Kommunen im Bundesgebiet möchte die Initiative solche Klimaräte begleiten. Eine davon könnte Schwarzenbek sein. „Bisher sind zwei andere Kommunen in der Größenordnung 15.000 und 35.000 Einwohner ausgewählt“, sagt Eduard Klaus, Grünen-Abgeordneter und Vorsitzender des Umweltausschusses. Sollte die Stadtverordnetenversammlung für den Antrag stimmen, gelte Schwarzenbeks Teilnahme als gesichert. Eine entsprechende Zusage gebe es bereits.

Doch wie soll Schwarzenbeks Klimarat aussehen? „Das Gremium bildet sich aus 25 bis 30 Bürgerinnen und Bürgern aus der Stadt“, sagt Klaus. Es sei empirisch belegt, dass Bürgerräte in dieser Größenordnung wirksam sind. „Damit haben wir eine Größe, bei der der Rat entscheidungsfähig ist und gleichzeitig einen Querschnitt der Gesellschaft darstellt“, sagt der Fraktionsvorsitzende Wruck.

Die Bürger werden per Losverfahren ausgewählt und dann angeschrieben. „Die Teilnahme ist jedoch nicht verpflichtend“, sagt Klaus. „Sollte jemand nicht mitmachen wollen, wird ein anderer Bürger angeschrieben“, erklärt er. Vorgesehen sei, dass sich der Rat aus Menschen unterschiedlicher Stadtteile und Einkommensgruppen zusammensetzt. Auch was Alter und Geschlecht angeht, soll er divers sein, damit sich alle Menschen vertreten fühlen.

Experten begleiten Arbeit des Gremiums

Von der Verwaltung der Stadt soll es für das Projekt Starthilfe geben. „Das geht damit los, dass es einen geeigneten Raum für die Treffen gibt“, sagt Wruck. Aber auch die Kommunikation mit den Bürgern Schwarzenbeks müsse zunächst über die Stadt laufen. Dies sei aus Datenschutzgründen nicht anders möglich.

„Der Klimarat soll durch Experten begleitet werden und autark arbeiten“, sagt Eduard Klaus. Dabei gehe es darum, dass die Ratsmitglieder neutral informiert werden. Hat der Rat eine Idee entwickelt, soll diese in der Stadtverordnetenversammlung positiv oder negativ beschieden werden. Dass die Stadtpolitik dem Rat Themen zur Diskussion vorlegt, sei nicht vorgesehen. Diese sollen in dem Bürgerforum eigenständig erarbeitet werden. Eine Diskussion im Umweltausschuss sei nicht vorgesehen. Das Referendum soll bindend für die Stadt sein.

Klimaschutz bedeutet nicht Verzicht

Dass es schwierig ist, durch einen Bürgerrat klimapolitische Veränderungen herbeizuführen, glaubt Christian Wruck nicht. Es sei nämlich ein Irrglaube, dass Klimaschutz immer mit Verzicht einhergehe. „Diese komische Kopplung zwischen Klimaschutz und Verzicht verstehe ich bis heute nicht. Es geht nicht darum, Sachen nicht mehr zu machen, sondern diese anders zu machen“, sagt er. Eine veränderte Klimapolitik bedeute nicht, dass Wirtschaftsabbau betrieben werde oder die Bürger nicht mehr Auto fahren dürfen.

Vielmehr gehe es Wruck darum, Veränderungen zu diskutieren. „Als Bürger, der nicht ehrenamtlich tätig ist, würde ich mich fragen, warum es keine Wasserspender in der Stadt gibt und warum am Ritter-Wulf-Platz so wenig Schatten ist“, sagt er. Die Bürger im Rat sollen nicht darüber nachdenken, was sie ab sofort nicht mehr machen dürfen. „Ich lehne diese ganze Verzichtsdiskussion um das Klima ab“, so Wruck. Aufklärungsarbeit dazu würden die Experten leisten, die den Klimarat begleiten und in großen Teilen von der Robert-Bosch-Stiftung finanziert werden.

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Außerdem, so sagt es der Fraktionsvorsitzende, stehe über dem Antrag für die Stadtverordnetenversammlung, dass es um Demokratieförderung geht. „Natürlich kann es zu dem Thema kontroverse Diskussionen geben. Soll es sogar.“ Der Rat könnte vielleicht neue Perspektiven liefern, die die Grünen-Fraktion bisher nicht berücksichtigt hat. „Das ist dann zutiefst demokratisch“, sagt er. Sollte es gut funktionieren mit der Willensbildung, könnte der Klimarat auch ein gutes Beispiel sein, um auch bei anderen Themenkomplexen die Bürger mitentscheiden zu lassen.