Lauenburg. Eigentlich könnte die Sanierung des Bergs beginnen. Doch es ist noch einiges zu klären. Vor allem der Winter könnte zur Gefahr werden.
Als am 14. Februar dieses Jahres eine Eiche vom Lauenburger Elbhang auf die Hafenstraße (B209) fiel, ahnte niemand, dass das nur der Anfang war. Der Elbhang gegenüber der Schleuse war ohne Vorankündigung ins Rutschen geraten. Es folgte eine Kettenreaktion: Andere Bäume und Gehölze verloren den Halt, der Hang rutschte weiter ab. Die mehrwöchige Vollsperrung der Bundesstraße führte zu einem Verkehrschaos, besonders in der Lauenburger Altstadt.
Dieses Szenario könnte sich noch in diesem Jahr wiederholen. Nach der provisorischen Sicherung des Bergs und der halbseitigen Freigabe der Straße, will die Stadt den Elbhang ab Oktober endgültig sichern lassen. Das geht allerdings nicht ohne eine erneute, komplette Sperrung der Bundesstraße. Und selbst, wenn sich die Sanierung verschiebt, ist die Vollsperrung nicht vom Tisch. Die winterlichen Wetterverhältnisse seien eine unberechenbare Gefahr für den Berg. Es drohe schlimmstenfalls ein weiterer Hangrutsch an der B209.
Lauenburg: Hangrutsch an der B209: Jetzt droht die nächste Vollsperrung
Lange haben die Fachleute hin und her überlegt: Jetzt steht fest, wie der abgerutschte Hang gegenüber der Schleuse endgültig gesichert werden soll. Und auch die Kosten liegen auf dem Tisch: Die Sanierung des Bergs wird mit etwa 1,2 Millionen Euro zu Buche schlagen. „Wir haben geschluckt, als wir die Summe erfahren haben. Aber es besteht dringender Handlungsbedarf“, sagt Bürgermeister Thorben Brackmann.
Der Starkregen in den vergangenen zwei Wochen hat es gezeigt: Der behelfsmäßig gesicherte Hang bleibt unberechenbar. Zwar gibt es keine Windlast mehr durch die Bäume, dafür liegen jetzt Sandschichten frei, die bei andauerndem Starkregen ausgeschwemmt werden können. Genau das ist jetzt passiert: Unmengen von ausgespültem Sand liegen derzeit auf der gesperrten Straßenseite.
Schützenswerter „Steilhang im Binnenland“ im Sinne des Naturschutzes
Bei der Stadt ist man äußerst wachsam. „Wir kontrollieren den Hang einmal am Tag, nach Starkregen auch am Wochenende“, sagt der Bürgermeister. Auch Statiker sind mit im Boot, um die jeweilige Lage einzuschätzen. Allerdings geben die nur Empfehlungen. Die Verantwortung liegt einzig und allein bei der Stadt.
Dass es so nicht mehr lange weitergehen kann, darüber sind sich alle Beteiligten einig. Mittlerweile steht fest, wie der Elbhang gesichert werden kann. Es gab drei Varianten, die zunächst diskutiert wurden. Bei allen Überlegungen haben aber auch andere Behörden ein Wort mitzureden. „Bei dem Hang handelt es sich aus Naturschutzsicht um einen schützenswerten Steilhang im Binnenland“, erklärt der Bürgermeister
17.500 Kubikmeter Sand werden vom Hang abgetragen
Die erste Idee, den Berg mit einem großflächigen Stahlnetz zu überspannen, war bald vom Tisch. Das Stahlnetz hätte die Vegetation am Wachsen behindert. Auch die Variante, den Berg stufenförmig abzutragen und die einzelnen Stufen durch kiesgefüllte Gabionen zu sichern, fiel bei den Naturschützern durch.
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Auf die dritte Variante konnten sich dann alle Beteiligten einigen: Der Berg wird abgeflacht. Der Neigungswinkel beträgt derzeit 55 Grad. Zum Vergleich: Bei der Beurteilung des Lawinenrisikos im Hochgebirge sprechen Experten schon ab 40 Grad von „extrem steilen Hängen“. Um das Risiko eines weiteren Hangabrutsches zu minimieren, soll der Hang so abgeflacht werden, dass der Neigungswinkel anschließend weniger als 45 Grad beträgt. „Dafür müssen 17.500 Kubikmeter Erdschichten abgetragen werden. Das entspricht etwa 1300 Lkw-Ladungen“, erklärt der Bürgermeister.
Ein Teil des Sandes ist schadstoffbelastet
Was die Experten auch festgestellt haben: Ein Teil des Sandes, der abgetragen werden muss, ist schadstoffbelastet und muss daher gesondert entsorgt werden. Woher die Schadstoffe stammen, ist noch nicht geklärt, möglicherweise aus der Zeit der Industralisierung. Ende des 19. Jahrhunderts gab es auf dem sogenannten Butterberg mehrere Fabriken, unter anderem eine Ziegelei und später eine Margarinefabrik.
Die Lauenburgische Landeszeitung schrieb am 10. April 1881: „Mit der Errichtung der letzthin erwähnten Margarine-Fabrik am hiesigen Platze auf dem vormaligem Grundstück der Actienziegelei wird es ernst. Bereits wird der Grund zu dem über 100 Fuß in der Front messenden Fabrikgebäude ausgehoben und soll der Bau möglichst beschleunigt werden, um den Betrieb ehestens eröffnen zu können.“ Zwei Jahre später wurde in der ehemaligen Margarinefabrik die Butter- und Schmalzraffinerie Sanders & Berwin eröffnet.
Bürgermeister: „Wir können die Kosten allein nicht stemmen“
Unter all diesen Umständen relativiert sich die Summe von 1,2 Millionen Euro für die dauerhafte Sicherung des Elbhangs zwar, nicht aber angesichts der desolaten Haushaltslage der Stadt. „Die Übernahme der Gesamtkosten können wir auf keinen Fall stemmen“, sagt Brackmann. Da weder das Hanggrundstück noch die B209 im Eigentum der Stadt sind, bemüht sich die Verwaltung derzeit darum, dass das Land oder der Bund die Sanierungskosten übernehmen oder sich wenigstens daran beteiligen.
„Wir sind mit dem Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr im regelmäßigen Austausch. Wir sind uns auch darüber einig, dass es sich bei der B209 um eine überregional wichtige Verkehrsverbindung handelt. Derzeit laufen Abstimmungen zwischen Land und Bund um die Kostenaufteilung“, so der Bürgermeister. Er geht davon aus, dass es im nächsten Monat eine Entscheidung gibt. Im Oktober könnte dann die Baumaßnahme beginnen.
Hangsanierung oder nicht: Im Herbst wird die Hafenstraße voll gesperrt
Einen Wermutstropfen gibt es allerdings: Die Hangsanierung läuft nicht ohne eine erneute mehrmonatige Sperrung der B209. Die Stadt will die Zeit für Tiefbauarbeiten in einem weiteren Teil der Hafenstraße nutzen. Unter anderem stehen Kanalarbeiten und die Verlegung von Glasfaserkabel an. Sollte sich die Stadt mit dem Landesbetrieb doch nicht rechtzeitig über die Kostenübernahme der Hangsanierung einigen könne, ist die erneute Vollsperrung der Straße ab Oktober trotzdem nicht zu vermeiden. „Die Witterungsverhältnisse im Winter sind nicht kalkulierbar. Weitere Erdrutsche am Hang können nicht ausgeschlossen werden. Deshalb könnte die Stadt die Verantwortung bei einer halbseitigen Befahrbarkeit der Straße nicht übernehmen“, erklärt Brackmann.
Schon vorsorglich hatte die Politik im Mai dieses Jahres beschlossen, für den Zeitraum der Hangsanierung ein Verkehrskonzept auf die Beine zu stellen. Nach dem Hangrutsch im Februar hatte die Vollsperrung der Hafenstraße für Chaos in der Altstadt gesorgt. Rund um die Uhr fuhren Schwertransporter, Fahrzeuge mit Anhänger und Lkw – oft auch zu schnell – durch die Elbstraße. Jetzt sollen die Anwohner schon im Vorfeld der Vollsperrung informiert und mit ins Boot geholt werden.