Lauenburg. Regen hat den Boden aufgeweicht. Massive Eiche stürzt auf Hafenstraße. Wie ein weiteres Abrutschen des Hangs verhindert werden soll.

Der abgerutschte Hang an der B209 in Lauenburg macht den Verantwortlichen weiter zu schaffen. „Wir haben heute Morgen neue, tiefe Risse entdeckt“, berichtet Bauamtsleiter Chrisitian Asboe am Freitagvormittag. Bis weit nach Mitternacht hatten die Bergungs- und Sicherheitsmaßnahmen am Donnerstag an der Unglücksstelle gedauert. Die Stadt hat jetzt einen Statiker aus Barsbüttel angefordert, der im Laufe des Tages die aktuelle Lage beurteilen soll.

„Es müsste ein Wunder geschehen, wenn wir die Straße tatsächlich heute Abend freigeben können. Ich gehe nicht davon aus“, sagt der Amtsleiter. Die Arbeiten am Hang gehen auch am Wochenende weiter. Eine Freigabe der Bundesstraße ist nach aktuellem Stand nicht vor Montag zu erwarten. Seit dem Unglückstag am Mittwochvormittag (14. Februar) musste die Aufhebung der Sperrung immer wieder verschoben werden.

Hang auf 1500 Quadratmeter ins Rutschen gekommen

„Baum auf der Straße“ hieß die Ansage, mit der die Lauenburger Feuerwehr an die Hafenstraße alarmiert wurde. Eigentlich keine große Sache: Der Baum wird zersägt, abtransportiert und schon kann die Straße wieder freigegeben werden. Doch vor Ort entpuppte sich der Einsatz als lebensgefährlich für alle, die nur in die Nähe des Unglücksortes kamen.

Auf einer Fläche von rund 1500 Quadratmetern war der Hang ins Rutschen gekommen und hatte zunächst eine mächtige Eiche mitgerissen, die bei Ankunft der Retter quer über der Bundesstraße lag. Das Problem: Auf der abgerutschten Scholle standen zwei weitere große Bäume, die ebenfalls zu kippen drohten. Gemeinsam mit Spezialisten des Technischen Hilfswerkes gelang es schließlich, die Bäume gezielt zu Fall zu bringen.

In einer Höhe von 57 Metern kappt der Baumpfleger zunächst die Kronen der gefährdeten Bäume.  
In einer Höhe von 57 Metern kappt der Baumpfleger zunächst die Kronen der gefährdeten Bäume.   © Elke Richel | Elke Richel

Erst am Donnerstagvormittag wurde das ganze Ausmaß des Unglücks klar. Der Hang ist auf einer Fläche von etwa 1500 Metern abgerutscht und niemand weiß, wie lange die Scholle noch in ihrer Position bleibt. Die entwurzelte und inzwischen gestutzte Eiche liegt immer noch im Hang. Wegen ihres Gewichtes ließ sie sich bisher von keiner noch so schweren Technik´bergen. Die größte Sorge der Experten vor Ort waren am Donnerstagmittag aber zwei große Bäume, die in unmittelbarer Nähe der Abbruchstelle stehen. „Wenn der Hang weiter rutscht, fallen die unkontrolliert auf die Straße“, fasste Alois Wartenberg aus dem Lauenburger Bauamt das Dilemma zusammen.

Baumpfleger arbeitet in 57 Metern Höhe

Um das zu verhindern, rückte der Lauenburger Baumpfleger Lars Rapön an. Was nun auf ihn zukam, war auch für den erfahrenen Baumkletterer kein Kinderspiel: Im Korb einer Spezialarbeitsbühne ging es in luftige Höhe. Sein Ziel: Ast für Ast die Kronen kappen und anschließend die Stämme stückweise abtragen. Das Problem: Die beiden Bäume standen ziemlich weit oben im 40 Meter hohen Hang.

In luftiger Höhe sägt Lars Rapön Ast für Ast aus den Kronen der gefährden Bäume. Ein Mitarbeiter bewegt den Korb nach seinen Anweisungen. 
In luftiger Höhe sägt Lars Rapön Ast für Ast aus den Kronen der gefährden Bäume. Ein Mitarbeiter bewegt den Korb nach seinen Anweisungen.  © Elke Richel | Elke Richel

„Mit der Arbeitsbühne komme ich 57 Meter hoch. Ich hoffe, das reicht. Wenn nicht, müssen wir uns was anderes überlegen“, sagte Lars Rapön. Und ja, ein mulmiges Gefühl habe er schon, gab er zu. Es war zwar knapp, aber es reichte. Krachend fielen die Äste in den Hang und auf die Straße.

Schwere Zugmaschine darf Elbbrücken zunächst nicht befahren

Alois Wartenberg und Amtsleiter Christian Asboe telefonierten derweil ununterbrochen. Ein weiteres Problem hatte sich aufgetan. Mit Mühe und Not war es ihnen gelungen, in Niedersachsen eine 60 Tonnen schwere Zugmaschine zu ordern, die die abgestürzte Eiche aus dem Hang ziehen sollte. Jetzt stand die sehnsüchtig erwartete Maschine in Tespe und kam nicht weiter. Die zuständige Landesbehörde verweigerte aus Statikgründen die Brückenüberfahrt sowohl in Lauenburg, als auch in Geesthacht. Die Alternative wäre die Fahrt über Hamburg gewesen – wieder verlorene Zeit.

Erst nach vielem Hin und Her gelang es Christian Asboe (l.) und Alois Wartenberg, die Fahrt der schweren Zugmaschine aus Niedersachsen nach Lauenburg  zu organisieren.  
Erst nach vielem Hin und Her gelang es Christian Asboe (l.) und Alois Wartenberg, die Fahrt der schweren Zugmaschine aus Niedersachsen nach Lauenburg zu organisieren.   © Elke Richel | Elke Richel

„So geht es schon die ganze Zeit. Dauernd tun sich neue Probleme und wir müssen umplanen“, so der Amtsleiter. Schließlich lenkte die Behörde ein. Die Maschine durfte die Elbbrücke in Lauenburg nun doch passieren. Allerdings unter der Voraussetzung, dass nicht gleichzeitig ein Zug darüber fährt und die Brücke auch für andere Fahrzeuge gesperrt wird. Ein weiterer Anruf bei der Lauenburger Polizei und auch diese Sache war geklärt.

200 Bigpacks sollen Hang provisorisch sichern

Schon zu diesem Zeitpunkt war klar, dass es an diesem Tag nichts mehr mit der Freigabe der Straße werden würde. „Solange wir den Hang nicht gesichert haben, müssen wir die Sperrung aufrechterhalten“, bedauerte Stadtrat Christoph Haase. Da Bürgermeister Thorben Brackmann derzeit im Urlaub ist, hat er derzeit den Hut für die gesamte Aktion auf. Einen Plan, den Hang zu sichern, gibt es schon. Derzeit werden etwa 200 sogenannte Bigpacks mit Sand gefüllt. Sobald der Statiker grünes Licht gegeben hat, werden die terrassenförmig im Hang verlegt, um diesen zu stabilisieren.

Bis die Sperrung der Hafenstraße aufgehoben werden kann, bleiben auch die anderen Verkehrseinschränkungen bestehen. Die Elbbrücke ist auf niedersächsischer Seite für Fahrzeuge aller Art gesperrt. Der Verkehr wird zur Elbquerung in Geesthacht umgeleitet. Die Poller in der Elbstraße sind abgesenkt, sodass zumindest der innerörtliche Autoverkehr durch die Altstadt geleitet werden kann. Von der Sperrung der Bundesstraße ist auch der Busverkehr der VHH betroffen. Derzeit fährt nur die Linie 338 bis zum Bahnhof. Die Fahrt der Linie 138 endet an der Haltestelle Bei der Palmschleuse.

Stadt kaufte Areal als Ökoausgleichsfläche

Die Stadt hatte 2019 das Hanggrundstück, den sogenannten „Butterberg“ gekauft. Das naturbelassene Grundstück soll als Ausgleichsfläche dienen. Früher fanden hier wichtige Empfänge statt.
Die Stadt hatte 2019 das Hanggrundstück, den sogenannten „Butterberg“ gekauft. Das naturbelassene Grundstück soll als Ausgleichsfläche dienen. Früher fanden hier wichtige Empfänge statt. © Geschichtsverein | Geschichtsverein

Seit rund drei Jahren ist die Stadt in der Verantwortung für das rund 1,6 Hektar große Hanggrundstück, im Volksmund auch Butterberg genannt. Der Berliner Eigentümer hatte es damals gern abgegeben und der Stadt dient es seitdem als Fläche, um das Ökokonto auszugleichen.

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Warum der Volksmund den Hügel Butterberg taufte, ist schnell erzählt. Wobei: Eigentlich war es anfangs gar keine Butter, sondern Margarine, die auf der Anhöhe produziert wurde. Außerdem soll hier Wallenstein, der drei Jahre hier Landesherr gewesen ist, während des Dreißigjährigen Krieges eine wichtige Unterredung mit dem Feldherren Tilly gehabt haben. Heute sind die Geschichten, die sich um den Butterberg ranken, hinter Bäumen und dichtem Buschwerk verborgen.