Lauenburg. Nur 35 Prozent haben ihre Stimme abgegeben. Ein deutliches Zeichen für die Parteien und Wählergemeinschaften. Was nun zu tun ist.
Die Gemeindewahl 2023 wird in die Geschichte der Stadt eingehen: Eine so geringere Wahlbeteiligung von 35 Prozent ist in Lauenburg noch nie aufgezeichnet worden. Auf der anderen Seite wird die neue Stadtvertretung mit 27 Sitzen so groß sein, wie noch zu keiner Zeit. Neben dem eigenen Ergebnis haben die Kandidaten am späten Wahlsonntag vor allem ein Thema diskutiert: Warum haben so wenige Bürger das Bedürfnis, den Parteien oder Wählergemeinschaften ihre Stimme zu geben.
Bei der CDU überwog aber erst mal die Freude. Ihre Kandidaten haben elf von zwölf Wahlkreisen gewonnen. Weil denen ein Platz in der Stadtvertretung sicher ist, haben die Christdemokraten mehr Sitze, als der Stimmenanteil von 40 Prozent vorsieht. Das ist auch der Grund, warum es in Lauenburg künftig 27 und nicht mehr 23 Stadtvertreter gibt.
CDU will Bau der Sporthalle zum Thema machen
Spitzenkandidat Thomas Burmester, der seinen Wahlkreis mit 49,6 Prozent haushoch gewonnen hat, ist ein Neuling in Sachen Politik. Bisher saß er auf der anderen Seite und hat als Amtsleiter den Stadtvertretern die Beschlussvorlagen der Verwaltung erläutert. Ein Thema brennt ihm besonders auf den Nägeln. „Ich halte es für falsch, dass wir den Bau der Sporthalle am Hasenberg auf Eis gelegt haben. Dieses Thema werden wir wieder auf die Tagesordnung holen“, kündigt er an.
Über die geringe Wahlbeteiligung haben sich die Christdemokraten auch schon Gedanken gemacht. „Die Menschen haben oftmals gar nicht mehr erkennen können, wofür die einzelnen Fraktionen stehen. Wir müssen politische Entscheidungen, aber auch die vorausgegangenen Diskussionen und Abwägungen transparenter gestalten“, ist er überzeugt.
SPD kämpft für kommunale Wohnungsgesellschaft
Der SPD-Spitzenkandidat Immo Braune ist der einzige, der seinen Wahlkreis direkt gewonnen hat. Die sechs anderen Sitze in der Stadtvertretung werden über die Listenplätze belegt. Für die SPD steht in der kommenden Wahlperiode das Thema Wohnungsnot ganz oben auf der Agenda. „Wir plädieren nach wie vor für eine kommunale Wohnungsgesellschaft und werben dafür um eine Mehrheit. Ich hoffe, dass da auch die CDU mitzieht, die ja damals schon gegen die festgesetzte Quote von gefördertem Wohnraum gestimmt hatte“, erinnert Braune.
Die geringe Wahlbeteiligung wundert ihn nicht. „Wenn Politiker fast ausschließlich hinter verschlossenen Türen diskutieren, können die Wähler nicht erkennen, ob sich die Fraktionen überhaupt unterscheiden. Warum soll man dann wählen gehen?“
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Grüne wollen Bevölkerungswachstum begrenzen
Ähnlich sieht das auch Thorsten Pollfuß, der einen von drei Sitzen der Grünen für sich in Anspruch nehmen kann. „Die Leute haben jetzt jahrelang leere Versprechungen gehört und wenig davon umgesetzt erlebt. Auch wenn ich mir in der Vergangenheit deswegen mehrmals eine blutige Nase geholt habe, plädiere ich für größtmögliche Transparenz bei politischen Entscheidungen“, sagt er.
Bei der Frage nach dem wichtigsten Thema für die neue Stadtvertretung muss er nicht lange überlegen: „Wir dürfen als Stadt nicht unendlich wachsen, ohne dass die Infrastruktur dafür vorhanden ist. Wohnbauflächen sind jetzt genug vorhanden“, sagt er. Das Gebiet an der Juliusburger Landstraße solle deshalb als reines Gewerbegebiet ohne Wohnbebauung entwickelt werden. „Ich hoffe, dass wir den politischen Beschluss mehrheitlich kippen können“, sagt er.
WG Unser Lauenburg plädiert für Wirtschaftsbeirat
Die Wählergemeinschaft Unser Lauenburg (UL) zieht ebenfalls mit drei Sitzen in die neue Stadtvertretung ein. Die künftige Fraktion setzt auf unternehmerischen Rat vor wichtigen politischen Entscheidungen. „Ein Wirtschaftsbeirat war in der Vergangenheit politisch nicht gewollt. Ich glaube aber, dass sich die Vorzeichen geändert haben. Bürgermeister Thorben Brackmann hatte sich das Thema in seinem Wahlkampf auf die Fahne geschrieben“, sagt Stephan Körschner. Er gehe davon aus, dass es in der neuen Stadtvertretung eine Mehrheit dafür geben werde.
Auch er führt die geringe Wahlbeteiligung in Lauenburg auf die Resignation vieler Bürger zurück. „Vieles wurde hinter verschlossenen Türen besprochen. Aber wer das Gefühl hat, dass sich ohnehin nichts verändert, ist schwer zu motivieren, wählen zu gehen“, ist er überzeugt. Die Politik müsse jetzt viel tun, das Vertrauen der Bürger wiederzugewinnen.
LWG setzt auf bessere medizinische Versorgung
Auch die Lauenburger Wählergemeinschaft (LWG) erreichte drei Sitze in der neuen Stadtvertretung. „Das ist kein Grund zum Jubeln. Aber wir setzen darauf, dass es für unser wichtigstes Ziel, die ärztliche Versorgung zu verbessern, politischen Konsens gibt“, sagt Niclas Fischer, der als Spitzenkandidat ins Rennen gegangen war. Ziel der LWG sei es, Medizinern einen Anreiz zu bieten, sie in Lauenburg niederzulassen. „Da müssen alle Fraktionen an einem Strang ziehen“, sagt er.
Die „unterirdische Wahlbeteiligung“ sei aus seiner Sicht auch ein Ergebnis nichtkommunizierter Probleme, wenn Ankündigungen nicht eingehalten werden konnten. „Da müssen wir uns alle ein Stück an auch an die eigene Nase fassen“, räumt er ein.