Lauenburg. Vorschlag der Wirtschaftlichen Vereinigung stößt auf Skepsis bei der Politik. Es gibt kein Interesse an einem Wirtschaftsbeirat.
Ralf Storjohann hatte es bereits geahnt: „Für den Wirtschaftsbeirat ist noch ein dickes Brett zu bohren“, sagte der Chef der Wirtschaftlichen Vereinigung (WVL) während der Jahresversammlung Anfang Mai. Er sollte recht behalten: Die Skepsis der Politik und Verwaltung gegenüber einem solchen Gremium ist nach wie vor groß. „Natürlich können wir uns über die aktuelle Stadtentwicklung informieren. Aber es wäre doch gut, wenn die Stadt auf den Sachverstand von Unternehmern setzen würde, ehe Entscheidungen getroffen werden“, argumentiert Storjohann und betont, dass nicht die WVL selbst den Wirtschaftsbeirat bilden wolle – stattdessen ein Expertenteam von erfahrenen Unternehmern, unabhängig davon, ob diese in der WVL seien oder nicht. Die Mitglieder des Wirtschaftsbeirates hätten in den politischen Gremien Rede- und Antragsrecht.
Bürgermeister mahnt Vorschläge der WVL an
Doch bereits als die Unternehmer mit diesem Wunsch erstmals an die Öffentlichkeit gingen, hagelte es Kritik: „Ich kann mich nicht erinnern, dass die WVL sich bisher mit Vorschlägen zur Stadtentwicklung eingebracht hätte“, konterte Bürgermeister Andreas Thiede während der Fragestunde zur Stadtentwicklung, zu der die WVL im April eingeladen hatte. Bürgervorsteher Bernd Dittmer (SPD) bezweifelte, dass ein Wirtschaftsbeirat mit der Gemeindeordnung vereinbar sei. Bei der Stadtvertretersitzung am vergangenen Mittwoch revidierte sich Dittmer und sprach von einer „rechtlichen Krücke“, die Geesthacht genutzt habe, um einen solchen Beirat zu gründen.
Kreis befürwortet Wirtschaftsbeiräte
In der Gemeindeordnung heißt es dazu wörtlich: „Die Gemeinde kann durch Satzung die Bildung von Beiräten für gesellschaftlich bedeutsame Gruppen vorsehen“. Was das ist, daran scheiden sich aber die Geister. „Es lassen sich in den Kommentierungen sowohl ablehnende, als auch zustimmende Ansichten zur Bildung von Wirtschaftsbeiräten finden. Der Kreis Herzogtum Lauenburg folgt in der Auslegung zweiteren“, erläutert Kreissprecher Tobias Frohnert auf Nachfrage.
Vorschlag der WVL stößt auf Skepsis und Ablehnung
Dittmer bleibt trotzdem bei seiner Ablehnung: „Wir können in der Stadt nicht alle möglichen Beiräte einrichten.“ Niclas Fischer (LWG) gibt ihm recht: „Dann könnten wir ja die Stadtvertretung abschaffen. Der Kinder- und Jugendbeirat ist eine andere Sache, nämlich Interessenvertreter von jungen Leuten, die zum Teil noch gar nicht wählen dürfen“, so sein Argument. Die CDU wollte genauer wissen, was hinter dem Vorstoß steckt und hakte bei der WVL deshalb nach: „Der Vorschlag muss konkretisiert werden, dann werden wir uns eine abschließende Meinung bilden“, meint Fraktionsvorsitzender Christian Stockfisch nach diesem Gespräch.
Geesthacht hat seit 2016 einen Wirtschaftsbeirat
In Geesthacht gibt es seit November 2016 einen Wirtschaftsbeirat. Initiator Jürgen Wirobski sagte bei der konstituierenden Sitzung: „Wir freuen uns, die Projekte der Stadt künftig mit unserem Fachwissen zu begleiten.“ Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulz pflichtete ihm bei: „Ich freue mich, dass die Wirtschaft auf diese Weise Sachverstand einbringen kann. Gerade in den Bereichen Tourismus, Gastronomie, aber auch bei der Darstellung Geesthachts als Wissenschaftsstandort können alle davon profitieren.“