Geesthacht. Kommt die Geesthachter Ortsumgehung, ist die Wirtschaftlichkeit des Bahnprojekts bedroht. Woran es hapert und was die Politiker sagen.

Ob die Bahnstrecke von Geesthacht nach Bergedorf reaktiviert wird, steht noch längst nicht fest. Erst 2025 sollen jetzt die Ergebnisse der Vorplanung vorliegen – und damit deutlich später als gedacht. Aber eines ist jetzt schon sicher: In einem zweigleisigen Pendelverkehr werden die Züge den Geesthachter Bahnhof nicht erreichen können.

Jedenfalls dann nicht, wenn die Ortsumgehung gebaut wird. Der Planfeststellungsbeschluss hierzu liegt bereits seit April vor, zurzeit laufen Klagen. Werden sie abgeschmettert, kommt die Straße. Und dann hätten die Gleise das Nachsehen.

Verkehr: Umgehungsstraße verhindert zweites Gleis beim Bahnanschluss

Das bestätigt das Papier, das die verkehrspolitische Sprecherin Eva Botzenhart von der Grünen Bürgerschaftsfraktion in Hamburg exklusiv zu einem Treffen von Bahnanschlussfreunden in Bergedorf mitgebracht hatte. Seit Ende April gibt es diesen Zusammenschluss. Den überparteilichen und überregionalen Informationskreis hatte Max Hansen von den Geesthachter Grünen ins Leben gerufen.

Die Hamburgerin brachte ein Papier mit, das den bisherigen Sachstand zusammenfasst – und, noch viel wichtiger, auch einen Ausblick auf die nächsten Schritte gibt. „Mit das beste Papier, das ich hierzu gesehen habe“, lobt Gerhard Boll, Verkehrsexperte der Geesthachter Grünen.

Bedroht der eingeschränkte Ausbau die Wirtschaftlichkeit?

„Probleme bereitet bereits heute die nicht mit dem Bahnprojekt kompatibel laufende Planung der Autobahnverlängerung (Ortsumgehung), die keine breite Brücke für eine mögliche Zweigleisigkeit beachtet“, steht darin geschrieben.

Der nächste Satz wird die Anschlussfans nicht gefreut haben. „Das bedroht die Wirtschaftlichkeit der Reaktivierungsmaßnahme.“ Hintergrund: Nur wenn ein bestätigter volkswirtschaftlicher Nutzen die Kosten übersteigt, ist eine Förderung von 90 Prozent durch den Bund möglich. Davon ist das Gelingen des Projektes abhängig.

Die gewaltigen Brückenpfeiler zwängen die Bahntrasse ein

„Das geht gar nicht, mit so einem rückwärtsgewandten Projekt ein zukunftsweisendes zu verhindern“, ärgert sich Ali Demirhan, sollte es denn so kommen. Der Fraktionsvorsitzende der Geesthachter Grünen ist seit Jahrzehnten ein glühender Verfechter des Bahnanschlusses.

Gerhard Boll bestätigt die Problemstelle. Er reklamiert für sich, der erste Warner gewesen zu sein, nachdem er die technischen Zeichnungen studiert hatte. Es geht explizit um die Brücke, die von der A25 aus als Verlängerung den Geesthang hinaufführen würde. Dafür sind gewaltige Pfeiler nötig, die einen zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke verhindern. Und auch die Brückenhöhe gibt Anlass für Sorgen wegen der nötigen Elektrifizierung der Bahn.

Auf einer Sitzung im Amt für Planfeststellung Verkehr in Kiel, an der Gerhard Boll als Vertreter der Naturschutzorganisation BUND teilgenommen hatte, erfuhr er bereits im August 2020 aus erster Hand, wie die Straßenbauplaner argumentieren. Demnach lag die Bahnanschlussplanung zu stark hinter der Planung für die Ortsumgehung zurück.

Ohne Planungsgrundlage sahen die Straßenbauer keine Chance einer Berücksichtigung

Das Problem, das die Straßenbauer damals mit dem zweiten Gleis hatten, war, dass schlichtweg nicht feststand, auf welcher Seite es überhaupt kommen solle. „Wie sollen wir etwas berücksichtigen, wofür es noch keine Planung gibt?“, heißt es im Wortprotokoll der Sitzung. Ohne Grundlagen sei es nicht möglich, so etwas in der eigenen Planung zu berücksichtigen.

Zumal ohne konkrete Planungsgrundlage auch keine Möglichkeit gesehen wurde, um potenziell notwendige Flächen zu erwerben. „Da können wir nicht sagen: Wir nehmen erst mal, weil ja vielleicht etwas kommen könnte, 1000 Quadratmeter Land weg. Dafür gibt es keine rechtliche Grundlage“, hieß es in der Sitzung in Kiel.

Elektrifizierung über eine Schiene an der Brückenunterseite

„Die Straßenplaner hielten sich somit an den Ist-Zustand, daran, was sie vor Ort vorfanden“, erläutert Gerhard Boll das Vorgehen. Und das bedeutete im Fall des Geesthachter Bahnanschlusses: eine eingleisige Strecke mit einem Feldweg daneben.

Dass die Probleme wegen der Brücke letztendlich die gesamte Wirtschaftlichkeitsprüfung ins Negative ziehen und damit den Bahnanschluss verhindern werden, damit rechnet er dann aber doch nicht. So hält Gerhard Boll mittels einer Schiene, die an der Unterseite der Brückendecke angebracht werden könnte, eine Elektrifizierung sehr wohl für möglich. Die Höhe beträgt hier 4,90 Meter.

Der Feldweg neben dem Gleis hat Bestandsschutz wegen der Landwirte

Ausgeschlossen allerdings ist ein zweites Gleis. Die Breite als Nutzungsumfang liegt bei 18,60 Meter. „Das reicht nicht für zwei Gleise plus dem Feldweg“, sagt Gerhard Boll. Und den Feldweg zu opfern, ginge nicht, weil dieser wegen der Bedeutung für die Landwirtschaft Bestandsschutz hätte.

„Verhindern wird das den Anschluss nicht“, glaubt er. Gespräche mit der AKN, wie kürzlich beim Besuch der modernen Triebwagen anlässlich des Geesthachter Stadtjubiläums, stimmen ihn zuversichtlich. „Das Betriebskonzept wird dadurch nur deutlich komplizierter.“

Wo gibt es Rückstau? Simulation für Bergedorfs Bahnübergänge in Planung

Die Ausführung der Vorplanung werde durch ein externes Büro im Auftrag der AKN erfolgen, heißt es in dem Papier von Eva Botzenhart zu den nächsten Schritten. Der Auftragserteilung stehe noch aus. Aufgrund des größeren Streckenteils in Schleswig-Holstein solle die Federführung dort verortet werden.

Die Erarbeitung des Förderantrages für die Vorplanungskosten durch die AKN und die Beauftragung einer Simulation zur Situation der Bahnübergänge in Bergedorf sind die nächsten Posten, die angegangen werden.

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