Geesthacht. Kleiner Ausbau, hoher Finanzbedarf: Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg präsentiert erneut hohe Rechnung. Sozialausschuss reagiert ratlos.

Von der Straße aus erscheinen die Bauarbeiten auf dem Kita-Gelände der St. Thomas-Gemeinde in Grünhof-Tesperhude eher unspektakulär. Hinter dem großen Fenster zur Westerheese hin ist ein Stapel Bretter zu sehen. Neben einem Zaun liegt ein weißer Sack für Bauschutt, ins Auge fällt Flatterband an der Treppe und beim Eingang, in einer gemauerten Ecke, hängt eine neue Tür in der Wand.

Der harmlose Schein trügt: Diese Maßnahmen sorgten jüngst für helle Aufregung im Geesthachter Sozialausschuss. Anderthalb Stunden wurde diskutiert, wie es auf dem Grundstück an der Westerheese weitergehen soll. Denn die An- und Umbauten sind deutlich teurer, als sie aussehen. Und nun steht überraschend die nächste saftige Kostensteigerung an.

Kostenexplosion: Bauarbeiten für Kita-Erweiterung Geesthacht sorgen für Zündstoff

Das Projekt wurde erstmals im Sozialausschuss im September 2022 vorgestellt, damals lagen die Kosten bei 414.000 Euro inklusive 70.000 Euro für die Umgestaltung der Außenanlagen. Im November 2023 wurden schon 679.500 Euro benötigt. 150.000 Euro steuert das Land Schleswig-Holstein als Fördermaßnahme bei.

Aber das reicht nicht, wie sich nun zeigte. Im Mai 2024 habe der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg erneut um ein Gespräch aufgrund einer weiteren Kostensteigerung in Höhe von 338.673,79 Euro gebeten, berichtet die Stadtverwaltung. Verantwortlich für die Kostensteigerung sind vornehmlich zwei Posten: der Fettabscheider und der Brandschutz.

Problem: Kaum jemand verstand die Rechnung des Architekten

Die Rechnung, die Architekt Knut Leymann auf dem Ausschuss präsentierte, war eine Verquickung aus alten und neuen Berechnungen und dann wieder Abzügen, weil bestimmte Arbeiten nun entweder gar nicht mehr oder nicht mehr so gemacht werden, wie einst geplant. Denn die Mehrkosten sollen wenigstens zum Teil an anderer Stelle kompensiert werden. Unterm Strich bleiben brutto 94.880,94 Euro, die fehlen, um weitermachen zu können.

Der Anbau der Kita Heuweg war wegen saftiger Preissteigerungen auf Eis gelegt. Doch der Bau startete. Im Mai war Richtfest.
Der Anbau der Kita Heuweg war wegen saftiger Preissteigerungen auf Eis gelegt. Doch der Bau startete. Im Mai war Richtfest. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Und das alles, um gerade einmal zehn Kinder zusätzlich beherbergen zu können. Die neuen Anlagen hätten der Kita bereits im August, spätestens im September zur Verfügung stehen sollen. Durch die Verzögerungen wird es nun Oktober – sofern es denn weitergeht. Gut 70 Prozent der Arbeiten sollen erledigt worden sein.

Die Angst der Politiker vor einem finanziellen Fass ohne Boden

Einen Baustillstand riskieren – oder doch mehr Geld bewilligen für den Weiterbau? Darüber zerbrachen sich die Politiker die Köpfe. Was die Sache extrem kompliziert machte: So gut wie niemand hatte die Rechnung von Knut Leymann richtig verstanden. Und somit für welche finanziellen Folgen man letztlich den Kopf hinhielt im Falle einer Befürwortung des Weiterbaus.

Auch ob das finanzielle Ende der Fahnenstange erreicht ist, lässt sich schwer beurteilen. In der Rechnung stecken einige der Kosten weiterhin als Schätzungen, für die Angebote erst eingeholt werden. Die Stadtpolitik hatte Angst vor einem Fass ohne Boden.

Ausschussvorsitzender spricht von einem „Kosten-Waterloo“

Der Ausschussvorsitzende Marcus Worm (Grüne) stellte aufgrund dieser Erfahrungen grundsätzlich das Vorgehen in Sachen Ausbau von Bestandsgebäuden infrage. „Wir müssen uns an die Nase fassen, dass wir zehn Krippenplätze in diesem Schrott zugelassen haben“, meinte er. In der Kita Heuweg sei es ein ähnliches Schicksal gewesen. „Ein Kosten-Waterloo werden wir in solchen Bereichen immer erleben.“ Er kritisierte zudem den Kirchenkreis heftig, bemängelte fehlendes Engagement bei der Lösung des finanziellen Problems.

Marcus Worm (Grüne): „Wir müssen uns an die Nase fassen, dass wir zehn Krippenplätze in diesem Schrott zugelassen haben.“
Marcus Worm (Grüne): „Wir müssen uns an die Nase fassen, dass wir zehn Krippenplätze in diesem Schrott zugelassen haben.“ © BGZ | Franziska Klotz

„Bei so vielen Ungereimtheiten können wir nicht entscheiden“, meinte Christine Backs (SPD). Sie sprach sich dafür aus, zunächst in den Fraktionen über das Anliegen zu beraten. So dachten viele. Karl Hermann Rosell (CDU) befürchtete für diesen Fall allerdings, dass am Rande von Geesthacht eine ähnliche Gemengelage entstehen könnte wie beim Elbtower in Hamburg.

Bei Stillstand Angst vor einem Geesthachter „Kita-Elbtower“

„So eine Situation möchte ich hier nicht haben“, erklärte er kategorisch. „Wenn wir den Antrag zurück zur Beratung in die Fraktionen geben, kommt Stillstand auf der Baustelle“, so seine Befürchtung. Und damit ein Zustand, der sich dauerhaft etablieren könnte – so wie bei der angehenden Bauruine weiter westlich an der Elbe. Ein Argument, das vielen einleuchtete.

Aber es gab noch einen zweiten Punkt, der geknackt werden musste: Die Stadtpolitik will nur für Umbau und Erweiterung der Kita Geld freimachen, zum Teil sind von den Arbeiten aber auch Gemeinderäume betroffen, so bei Umgestaltungen wegen einer erforderlichen Brandschutzmauer. Die Trennschärfe zwischen Kosten nur für die Kita und solchen, die auch Gemeinderäume betreffen, wurde vermisst.

Rettende Formulierung erst nach Sitzungsunterbrechung

Es war verzwickt, drohte doch ein Geesthachter „Kita-Elbtower?“ Nach zehnminütiger Sitzungsunterbrechung für Beratungen fand sich schließlich die rettende Formulierung, um der Verwaltung ein Mandat zu ermöglichen für weitere Verhandlungen.

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Sie lautet so. „Um die Fertigstellung des Umbaus und die Öffnung der Krippe nicht zu verzögern, wird der Ratsversammlung vorgeschlagen, die erforderlichen Mehrkosten, die noch zu ermitteln sind – höchstens 100.000 Euro – zu übernehmen, indem die erforderlichen Mittel im städtischen Haushalt bereitgestellt werden. Die Mehrkosten betreffen ausschließlich den Krippenumbau und die damit unmittelbar zusammenstehenden Kosten“.

„Wir warten ab, wie die weiteren Gespräche verlaufen“, meinte Marcus Worm. Er erwartet, dass die Stadtverwaltung in der nächsten Sitzung darüber informiert. Und Knut Leymann bekam als Hausaufgabe, sein Zahlenwerk deutlich zu vereinfachen.